Die Lüneburger Wissenschaftler arbeiten an einer Landesstrategie zum Klimaschutz mit. Anpassungsstrategie aus Oktober 2008.

Lüneburg. Die Mischwälder der Region sollen künftig zu einem geringeren Anteil aus Nadelbäumen bestehen. Das ist einer der Vorschläge, mit denen sich das Land Niedersachsen auf extreme Unwetter, steigende Meeresspiegel und höhere Temperaturen infolge des Klimawandels anpassen könnte. Denn bunt durchmischte Wälder bieten nicht nur vielen verschiedenen heimischen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Sie können sich im Vergleich zu den vor allem aus Kiefern bestehenden Nadelwäldern im Naturpark Lüneburger Heide zudem besser an veränderte Umweltbedingungen anpassen.

Eine Anpassungsstrategie für das gesamte Land Niedersachsen, das mit seiner Küstenlinie und seinen Inseln von den zu erwartenden Klimaveränderungen unmittelbar betroffen sein wird, hat eine im Oktober 2008 von der Landesregierung eingesetzte Klimaschutzkommission entworfen. Die Vertreter der darin versammelten Behörden und Verbände übergaben ihren Maßnahmenkatalog jetzt an Ministerpräsident David McAllister (CDU) und Umweltminister Stefan Birkner (FDP).

Wichtige Vorarbeiten für die Vorschläge an die niedersächsische Landesregierung erbrachten Wissenschaftler der Leuphana-Universität Lüneburg. "Mit ihrer umwelt- und politikwissenschaftlichen Expertise haben sie einen entscheidenden Beitrag für das Zustandekommen der Empfehlungen der Regierungskommission Klimaschutz geleistet", sagt Leuphana-Sprecher Henning Zühlsdorff. Wenn die natürlichen Ressourcen knapper würden, seien nicht nur technische Lösungen für das jeweilige Problem gefragt, sondern auch Wege, um zu einer einvernehmlichen Aufteilung zu kommen.

Um beispielsweise möglichen Konflikten zwischen Verbrauchern von Grundwasser vorzubeugen, empfehlen die Experten, die Feldberegnung im östlichen Niedersachsen effizienter zu organisieren. Dazu sollten bisher ungenutzt abfließende Niederschläge und gereinigtes Abwasser zum Beregnen genutzt werden. Die Klimaforscher gehen nämlich davon aus, dass sich die Niederschläge im Sommer verringern und der Bedarf an sauberem Wasser steigt. Die Land- und Forstwirtschaft des Landes stellt mit ihrem hohen Wasserbedarf daher einen Schwerpunkt der insgesamt mehr als 550 verschiedenen, von der Regierungskommission gesammelten Einzelmaßnahmen dar.

"Die Anpassung an den Klimawandel stellt die Gesellschaft insgesamt, aber natürlich auch Kommunen, Unternehmen und Verbände vor neuartige Herausforderungen", sagt Meinfried Striegnitz. Der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Umweltkommunikation an der Lüneburger Universität hat das Projekt "Entwicklung einer Klimaanpassungsstrategie für Niedersachsen" zusammen mit dem Politikwissenschaftler Professor Thomas Saretzki während der vergangenen zwei Jahre geleitet. Striegnitz: "Um mit den Folgen des Klimawandels auch auf lokaler Ebene umzugehen, bedarf es neuer politischer Verfahren, mit denen geeignete Anpassungsstrategien entwickelt werden können."

Um zu der endgültig vorgelegten Empfehlungsliste zu gelangen, mussten die Wissenschaftler der Leuphana viele verschiedene Interessen beachten. Mitglieder der vier Arbeitskreise der Kommission kamen unter anderem vom Waldbesitzerverband und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, aber auch dem Naturschutzbund und dem Bund für Umwelt und Naturschutz sowie E.On Avacon und der Tui AG. Sie beschäftigten sich in den vergangenen vier Jahren mit regionalen Aspekten der Anpassung an den drohenden Klimawandel.

Auch das Lüneburger Institut für Umweltkommunikation ist bei einem der Projekte zum Thema Klimawandelanpassung damit beschäftigt, unter anderem Naturschützer und Wirtschaftsvertreter an den Entscheidungen zu beteiligen. "Unser gemeinsames Ziel ist es, einen robusten und flexiblen Küstenschutz für die nächsten 100 Jahre auf die Beine zu stellen", sagt Striegnitz. "Daten des Helmholtz-Zentrums in Geesthacht werden von der Forschungsstelle Küste auf Norderney verarbeitet, um die konkreten Belastungen an einzelnen Deichabschnitten zu berechnen." Die Entscheidungen über vorzunehmende Arbeiten an den Flutschutzanlagen würden aber nicht den Ingenieuren überlassen.

Das Land Niedersachsen geht mit der Regierungskommission Klimaschutz und der direkten Beteiligung der landesweiten Interessengruppen zu den Fragen der Klimaanpassung einen in Deutschland bislang einmaligen Weg. Welche Vor- und Nachteile damit verbunden sind, sollen Lüneburger Wissenschaftler von Oktober an erforschen. Ihre Ergebnisse dazu wollen sie in rund zwei Jahren vorlegen.