Radler setzten sich am Wochenende für ihre Rechte ein und fuhren 70 Kilometer. Grundschüler sammelten beim Seifenkistenrennen Geld.

Lüneburg. Das war doch wirklich mal ein klimafreundliches Wochenende in Stadt und Landkreis Lüneburg! Bei der 16. Fahrradsternfahrt starteten 25 Teilnehmer in der Hansestadt Richtung Hamburg, um sich für den Klimaschutz einzusetzen. Das abgasfreie Seifenkisten-Spektakel der Grundschule Ochtmissen sollte derweil Geld für ein neues Keyboard einbringen.

Bereits zum zehnten Mal sausten Nachwuchs-Rennfahrer am Sonnabend den Sandberg in Ochtmissen hoch und runter. "Entstanden ist das Rennen als Versuch, über Sponsoren etwas Gutes für die Grundschule zu tun", sagte Arndt Lichtenstein vom Schul-Förderverein. Er ist einer der Organisatoren des Rennens. Sechs- bis Zehnjährige von sechs Grundschulen in Stadt und Landkreis versuchten ihr Glück auf der Rennstrecke.

Julien Reineke-Quinlan von der Sankt-Ursula-Schule in Lüneburg kämpfte zum ersten Mal um den großen Siegerpokal. "Ich wollte schon immer mitmachen, es macht Spaß, was mit seinen Freunden zu unternehmen", sagte der Zehnjährige. Seine grüne Kiste wurde den Berg hinauf von zwei Mitschülern geschoben. Dabei musste der Viertklässler einen Slalomparcours durchfahren. Bergab zählte dann nur noch die Geschwindigkeit.

"Eingesetzt wird das gesammelte Geld überall dort, wo der Bedarf groß, das Budget jedoch klein ist", sagte Lichtenstein. Für ein neues Klettergerüst, Tore oder wie in diesem Jahr für ein Keyboard werde das Geld verwendet. "Inzwischen hat das Rennen den Charakter eines Dorffestes", sagte der 45-Jährige.

Die Viertklässler aus Ochtmissen Tim Malich, Torben Wille und Jonathan Patzwaldt hatten den Heimvorteil. Tims Teammitglieder waren alte Hasen, er schob als Einziger zum ersten Mal die Seifenkiste. Vor dem Rennen philosophierten die Zehnjährigen über das richtige Gewicht. "Wir haben gute Chancen, weil unsere Kiste leicht ist", sagte Torben. Er war der Fahrer. "Die Fahrer müssen bergauf leicht sein, damit die Schieber alles geben können", erklärte Jonathan. Alle Kisten haben eine Bremse und eine Lenkung. "Trotzdem herrscht Helmpflicht", sagte Tim. Ihre Seifenkiste war mit Airbrushes verziert. Ein von Flammen umgebener Adler, ein Totenkopf und gekreuzte, schwarz-weiß karierte Flaggen hatte ein Vater darauf gesprüht. Manche Kisten waren in einer Farbe angestrichen, andere in Deutschlandflaggen gehüllt. Auch eine Drachenkiste mit gespaltener roter Zunge an der Stoßstange wurde an den Start geschoben.

Die Seifenkisten sind teilweise schon seit sechs Jahren im Einsatz. "Wir haben zwar eine Bauanleitung auf unserer Homepage, aber meistens werden die alten Kisten wieder genommen", sagte Lichtenstein. Und die warten nach dem Rennen ein Jahr auf dem Dachboden auf ihren nächsten Einsatz.

Unter dem Motto "Rad fahren - Klima schützen" starteten derweil 25 Radfahrer am Sonntag, dem bundesweiten Aktionstag "Mobil ohne Auto", zur Sternfahrt nach Hamburg. Bereits zum 16. Mal setzten sich Radfahrer aus ganz Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg für mehr Fahrradfahrerrechte ein. "Unsere Teilnehmer kommen teilweise aus Hamburg und Lübeck, um mit uns nach Hamburg zu fahren", sagte Günter Kletti, Vorstandsmitglied beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) in Lüneburg. So wie die Physiotherapeutin Sabrina Drieschner. Bereits am Sonnabend war sie nach Lüneburg gefahren, um am nächsten Tag an der Sternfahrt teilzunehmen. "Ich wollte die Strecke schon immer fahren, eigentlich von Hamburg nach Lüneburg", sagte die 31-Jährige. Als leidenschaftliche Radfahrerin seien ihr außerdem die Rechte der Radfahrer wichtig.

Mit der Fahrradsternfahrt sind auch die Forderungen des Vereins Mobil ohne Auto Nord verbunden. Verbände wie der ADFC, der Naturschutzbund oder die Naturfreunde Hamburg haben sich zu dem Verein zusammengeschlossen und fordern, dass die umweltfreundliche Mobilität von der Politik gestärkt wird. Darum strebt der Verein mehr Radfahr- und Schutzstreifen auf den Fahrbahnen an, sowie dass die Radwegebenutzungspflicht weitgehend aufgehoben und Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung ergriffen werden.

"Radfahren kommt dem Klimaschutz zugute und hält fit. Gerade für Kurzstrecken in der Stadt ist das Fahrrad ideal", sagte Kletti. Teilnehmerin Elisabeth Keßler stimmte zu: "Mit genügend Taschen kann man alle Einkäufe mit dem Fahrrad unternehmen, das Auto braucht man eigentlich nur für die Getränkekisten." Zudem müsse sich der Zeitgeist ändern. "Wir müssen die Langsamkeit des Lebens neu entdecken", sagte die 59-Jährige, die bereits zum fünften Mal mitfuhr.

Für sie waren die 70 Kilometer bis zur Kundgebung auf dem Rathausmarkt in Hamburg keine Herausforderung. "Ich fahre jeden Tag 20 Kilometer mit dem Rad, das ist mein Arbeitsweg, und gerade bin ich mit dem Fahrrad von Lüneburg nach Breslau gefahren", sagte Keßler.

Neben Stadträdern, Rennrädern und Mountainbikes waren auch Kuriositäten bei der Fahrradsternfahrt vertreten. Ein zigarrenförmiges Velomobil und ein Tandem starteten in Lüneburg. Mit dem Tandem waren Friederike und Bernhard Habenicht aus Hildesheim angereist. "Am Sonnabend sind wir bis Wendisch Evern gefahren, jetzt geht es nach Hamburg", sagte Frederike Habenicht. Tandem fährt das Paar, weil zwischen den beiden so große Leistungsunterschiede bestehen. "Ich fahre vorn mein Tempo, meine Frau sitzt hinten und gibt ihr Bestes dazu", sagt Bernhard Habenicht. An der Sternfahrt nahmen die Hildesheimer teil, weil sie sich so einen kleinen Traum erfülle konnten: "Wir wollten schon immer mit dem Fahrrad über die Köhlbrandbrücke fahren."