Musizierende Milchkännchen, schwitzende Handwerker, mittelalterliche Waschungen und ein schauriger Henker - ein Rundgang durch die Stadt.

Lüneburg. Es ist Freitagmorgen elf Uhr und die Festlichkeiten rund um den internationalen Hansetag erwecken Lüneburg zum Leben. Die Menschenmassen haben die Stadt noch nicht gestürmt - genau die richtige Zeit, um bei strahlendem Sonnenschein einen Rundgang durch das bunte Angebot der Stadt zu machen und zu schauen, was Lüneburg in diesen Tagen zu bieten hat.

Vorbei an den Ständen der Hansestädte auf dem Marienplatz beginnt der Weg in der Waagstraße und führt durch den Hansemarkt in Richtung Rathausplatz - den Hauptschauplatz des kulturellen Festes. Schon zur Vormittagszeit herrscht hier ein reges Treiben. Nach nur wenigen Schritten finden sich die Besucher auf einem Straßenkonzert der Milchkännchen aus Neuss wieder. Die Band um den gebürtigen Londoner John Bull begeistert auch den Salzwedeler Altstadtwächter Michael Glingbeil, der kurzerhand seine Hellebarde zur Gitarre umfunktioniert und damit das gesamte Publikum zum Lachen bringt.

+++ Die Hansetage starten mit einem fröhlichen Festumzug +++

Eine recht makabere Methode, um Gäste in sein Zelt zu locken, hat sich der Stand aus Visby, Gotland, ausgedacht. Als Peter, der Schreckliche, greift sich ein als Henker verkleideter Mann wahllos Passanten, um sie an den Pranger zu stellen. "Man braucht Attraktionen, um die Menschen zu sich ins Zelt zu locken", sagt er und fragt, ob sich noch jemand in Ketten legen lassen möchte.

Auf dem Rathausplatz stimmen die charmanten jungen Männer des A-Capella-Quartetts Harmony 4 Riga pünktlich zur Mittagsstunde ein Konzert an, das die Sehnsucht nach dem Norden weckt.

Weiter führt der Weg runter zum alten Hafen Lüneburgs, der gerade in Bezug auf die Hanse von großer Bedeutung ist. Hier wird der alte Kran zu neuem Leben erweckt und gibt den Gästen einen Eindruck von der Hafenarbeit im Mittelalter. Mit seiner Hilfe werden Salzfässer auf den Salz-Ewer verladen, der zu seinen Füßen im Wasser liegt. Hartwig Kremeike, Mitbegründer des Arbeitskreises Lüneburger Altstadt und selbsternannter Kranvogt, führt die Besucher ins Innere des einstigen Wahrzeichens der Stadt. "Das ist der einzige Kran aus dieser Zeit, der noch funktionstüchtig ist", sagt Kremeike und klärt die auswärtigen Gäste über dessen fast tragische Geschichte auf. Im Jahr 1840 hob der Kran seine bislang schwerste Last an Land - eine Dampflokomotive - und beraubte sich damit seiner Funktion. Denn nachdem sieben Jahre später die Bahnlinie Hannover-Lüneburg mit dem Bahnhof Lüneburg eröffnet wurde, verlor der Kran an Bedeutung und wurde schließlich stillgelegt.

Über den Platz Am Sande geht es durch die Grapengießerstraße weiter zur Alten Handwerkerstraße in der historischen Altstadt. Hier gehen die Menschen dicht gedrängt an den vielen Buden vorbei, in denen Handwerker in traditioneller Kluft ihr Können präsentieren. Hauptattraktion ist hierbei eindeutig der Schmied Peter Maas mit seinem selbstgebauten "Schwanzhammer", mit dem das zum Glühen gebrachte Eisen bearbeitet wird. "Ich habe den ganzen letzten Winter daran gearbeitet, vor drei Wochen habe ich es fertig gestellt", sagt der Schmied stolz und sucht in der Runde zwei Freiwillige aus, mit denen er die Funktionsweise des Schwanzhammers demonstriert. "Üblicherweise werden diese riesigen Werkzeuge mit Wasserkraft betrieben." Maas' Konstruktion erfordert bloße Menschenkraft. Und so kommen die beiden Helfer auch ganz schön ins Schwitzen, wenn sie das schwere Gerät mit Kurbeln in Bewegung setzen. Die Menge und insbesondere die kleinen Gäste sind begeistert.

Aus einem Hauseingang am Ende der Unteren Ohlingerstraße erklingt gedämpfte Musik. Durch die Tür tritt man in ein anderes Jahrhundert und kann ein gutes Duzend Frauen beim Spinnen beobachten. Im Hintergrund spielt eine alte Frau auf der Violine und wird dabei auf dem Klavier begleitet.

Der Rundweg endet schließlich wieder auf dem Rathausmarkt. Die Salzwedeler Altstadtwächter, denen die Sonne in ihren dicken Kutten schwer zu schaffen macht, sind schon dazu übergegangen, das hiesige Angebot an Bier und Schnaps zu testen. Manfred Preuß, noch erstaunlich sicher auf den Beinen sagt dazu: "Wir veranstalten diesen Qualitätstest nun schon seit zehn Jahrren. Lüneburg hat beim Angebot der Produkte eine hohe Präsenz bewiesen." Nicht nur beim Angebot alkoholischer Getränke ist Lüneburg an diesem Wochenende ganz vorne mit dabei - die Festlichkeiten sind ein großer Erfolg.