Zu Beginn des Hansetags nahmen ehrenamtliche Helfer im Glockenhaus die Gäste in Empfang. Auch Dolmetscher wurden zur Verfügung gestellt.

Lüneburg. Es ist Donnerstag, heute beginnt der Hansetag. Während draußen auf dem Glockenhof Techniker die Akustik der Bühne testen, ist es im Glockenhaus noch einigermaßen ruhig. Dort haben sich auch Mitglieder des Lüneburger Stadtrats eingefunden, um ehrenamtlich beim Empfang der Delegationen aus den anderen Hansestädten zu helfen.

Unter ihnen ist auch Ratsherr Wolfgang Kuhn. Für ihn steht das Highlight des Hansetages schon fest. "Der große Umzug am Sonntag, das wird ein Hingucker. Über 100 Hansestädte haben sich angemeldet, soviel Zuspruch war selten", sagt er. Er war schon in Nowgorod dabei, als dort Hansetag gefeiert wurde und ist seitdem begeistert von dem "Familientreffen der Hanse". "Hoffentlich spielt das Wetter mit", sagt Ratsherr Kai Kunath, der passend im Hansetag T-Shirt angetreten ist.

+++ Hansetag: Metronom-Züge fahren die Besucher auch noch zu später Stunde +++

+++ Haltestellen verlegt und mehr Busse unterwegs am Hansetag +++

Wenn die anderen auch nach und nach eintrudeln, der radelnde Hans ist jedenfalls schon da: Auch diesmal hat Hans Potratz, pensionierter Lokomotivführer aus Lübeck, sich mit dem Rad auf den Weg gemacht, um dem 32. Hansetag in Lüneburg einen Besuch abzustatten.

"Am 9. Juni bin ich in Lübeck gestartet, am 26. Juni war ich hier. Unterwegs gab es jede Art von Wetter, das man sich vorstellen kann", erzählt er. Um die 30 Grad und Sonne in Halle, danach Regen und starker Wind. "Besonders die Serpentinen im Harz waren mit dem Fahrrad bei dem Wetter nicht so einfach zu erklimmen", sagt er. Jetzt hat er sich auf dem Campingplatz Rote Schleuse eingerichtet, dort fühlt er sich wohl. Am meisten freut er sich auf das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten - und da ist er nicht der einzige.

Jolanta Murawska arbeitet im Bürgermeister-Büro der Stadt Danzig und führt die Gruppe aus zwölf Personen an, die zum Hansetag nach Lüneburg gekommen ist. "Es ist, als ob man die Familie wieder trifft. Das Wiedersehen mit alten Bekannten, das ist der schönste. Und jedes Mal gibt es neue Kontakte", sagt sie. Jolanta Murawska ist seit 1995 bei jedem Hansetag dabei gewesen. Dass ihre Heimat Polen im Moment Gastgeberland für die Fußball-EM ist, hat sie nicht davon abgehalten, nach Lüneburg zu fahren. "Die Spiele in Danzig sind doch alle durch. Aber es war schön, so viele Menschen aus verschiedenen Staaten zu Gast zu haben. Auch die deutsche Mannschaft war bei uns, das hat uns gefreut. Jetzt wird in Warschau gespielt, für Danzig ist die EM vorbei", sagt sie.

+++ Zurück ins Mittelalter – Hansetag in Lüneburg +++

Aus der Hansestadt Pärnu in Estland kommt Anu Juurma-Sacks, die seit 2 Uhr in der Nacht unterwegs ist. Seit dem Jahr 2006 besucht sie alle Hansetage, und sie weiß auch genau, warum sie keine noch so lange Reise scheut, um dabei zu sein. "Die Hanse, das ist einfach ein Stück Geschichte. Zwischen den Hansestädten gibt es viele Gemeinsamkeiten, die wollen doch gepflegt sein. Und außerdem möchten wir natürlich auch ein bisschen Werbung für unsere Heimat Estland machen. Dass Gäste zu uns kommen, ist für uns sehr wichtig", sagt sie.

Eine ganz so lange Anreise wie die Esten hatte die Delegation aus Anklam in Mecklenburg-Vorpommern nicht. Mit fünf Personen vertreten sie die rund 14 000 Einwohner zählende Stadt, die an der Ostseeküste der Insel Usedom gegenüberliegt. "Wir sind seit 1994 regelmäßig dabei", sagt Wilfried Hornburg, der bei der Stadt Anklam arbeitet und zuständig ist für Kultur, Bildung, Sport und Jugend. "Wer einmal mit dem Hansevirus infiziert ist, der hat den auf Lebenszeit", sagt er. Aus Anklam mitgebracht hat er Informationsmaterial über die Stadt, Souvenirs und natürlich ein paar Leckereien aus der Region.

Sich zurechtzufinden ist für die beiden Journalisten aus Nowgorod schon schwieriger, die als nächstes im Glockenhaus erscheinen. Deutsch sprechen Andrjew und Anatoli nicht, aber gekommen sind sie, um zwei Filme zu drehen: einen über Lüneburg und einen über die Hansetage. Da hilft die Lüneburgerin Tatjana Drichel gern beim dolmetschen. Sie ist in St. Petersburg geboren und lebt seit 15 Jahren in Lüneburg. Für den Hansetag hat sie sich zwei Tage Urlaub genommen, um als "Mädchen für alles" die russischsprachigen Gäste zu unterstützen: ehrenamtlich, versteht sich.

Mit ihrer Hilfe und einem Stadtplan von Lüneburg werden Anatoli und Andrjew schnell auf dem richtigen Weg gebracht: auf in den Trubel, auf zum Hansetag.