Das Jobcenter Lüneburg integriert jährlich 2000 Arbeitssuchende in den Arbeitsmarkt. Doch nicht jede Weiterbildung kann genehmigt werden.

Lüneburg. Im Durchschnitt halten Hartz-VI-Empfänger aus Stadt und Landkreis Lüneburg 620 Tage Kontakt zu ihrem Jobcenter im Behördenzentrum Ost an der Bleckeder Landstraße. Das sind fast zwei Jahre - eine lange Zeit, in der Vermittler des Jobcenters versuchen, ihre Kunden zu fördern und zu fordern. Im Mai dieses Jahr meldete sich auch der Brietlinger Pot Dankewitz zu einem ersten Gespräch in der Horst-Nickel-Straße 4. Die Rundschau berichtete am vergangenen Donnerstag über den 34-Jährigen, der seit Monaten nach Arbeit sucht und resümiert: "Ich habe nicht das Gefühl, dass mir geholfen worden ist."

Sein Ziel war es, eine Weiterbildung für den "Fachwirt Wirtschaft" genehmigt zu bekommen. Die Gründe, warum es dazu nicht gekommen ist, erklären der Geschäftsführer des Jobcenters Michael Niemeyer (46) und seine Kollegin Christine Jaidi (42), seit November Leiterin für die Bereiche Marketing und Integration. "Aufgabe der Jobcenter ist es, Leistungen nach dem SGB II (Sozialgesetzbuch II) zu gewähren und durch das Prinzip des Förderns und Forderns den betroffenen Personen die Möglichkeit zu eröffnen, ihren Lebensunterhalt künftig aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können", so Bereichsleiterin Jaidi.

Eine Fortbildung, wie sie Pot Dankewitz für sich anstrebt, dauert meist länger, nämlich Wochen oder Monate.

Und sie kostet. Doch weil die lokale Behörde nach den Grundsätzen der Sparsamkeit haushalten muss, fällt grundsätzlich die Wahl auf das effektivste und gegebenenfalls günstigste Mittel. Eine Weiterbildung entscheidet sich zudem vor dem Hintergrund der beruflichen Chancen auf dem Markt. Angebot und Nachfrage bestimmen das Geschäft. Jaidi erklärt: "Wenn jemand sein Heil in der Ausbildung zum Bildhauer sucht, jedoch der Markt für einen Bildhauer nicht vorhanden ist, erübrigt sich eine derartige Weiterbildung."

Im Fall des Arbeitslosengeld-II-Beziehers aus Brietlingen ist ein anderer Aspekt von Bedeutung.

"Viele Weiterbildungen setzten als Grundlage eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus. Für die Weiterbildung zum Fachwirt Wirtschaft ist eine kaufmännische Ausbildung unabdingbar", sagt Christine Jaidi. Damit kann Dankewitz nicht dienen. Das Studium der Mathematik und Physik hat er wegen Krankheit abgebrochen. In seinem Fall wäre die angestrebte Weiterbildung etwa so, als wolle jemand seinen Meister in einem Handwerksberuf machen, obwohl er nicht einmal den Gesellenabschluss hat.

"Insbesondere die Geringqualifizierten unserer Kunden - häufig ohne Schul- oder Berufsabschluss - haben erhebliche Probleme, nach längerer Arbeitslosigkeit in einem Betrieb Fuß zu fassen" fügt Niemeyer hinzu. Aus diesem Grund landen viele Arbeitslose im Jobcenter. "Dennoch gelingt es uns jährlich in über 2000 Fällen, Arbeitsuchende in den Arbeitsmarkt zu integrieren", so Niemeyer.

9968 erwerbsfähig Leistungsberechtigte, wie die Arbeitssuchenden nach dem Sozialgesetzbuch II genannt werden, werden derzeit in Stadt und Landkreis gezählt. Für die 2000 Männer und Frauen, denen die Integration in die Arbeitswelt gelingt, rücken andere Langzeitarbeitslose nach. Für die jeweiligen Kundengespräche nehmen sich die Vermittler im Jobcenter viel Zeit. Eine halbe bis eine Stunde dauern die Beratungen.

"Ein Schema F darf es beim Umgang mit unseren Kunden nicht geben. Es soll im Gespräch zu einem Austausch kommen, Dabei hat die Tätigkeit des Vermittlers fast schon einen sozialen Touch", sagt Jaidi und spricht damit die sozialen Kompetenzen an, über die ihre Kollegen neben der fachlichen Qualifikation verfügen müssen. Aus Sicht des Geschäftsführers gibt es nur eine wirksame Therapien, gegen Arbeitslosigkeit, die da lautet: "Bildung."

Für den jungen Mann aus Brietlingen haben weder die Bereichsleiterin noch der Geschäftsführer eine maßgeschneiderte Lösung: Mit einer Qualifizierung zu beginnen, betrachtet Christine Jaidi nicht als optimal. Sie schlägt Praktika bei verschiedenen Unternehmen vor. Denn nicht immer sei das Berufsbild, das jemand anstrebt, auch das passende. Auch könne ein psychologischer Test die Berufsfindung unterstützen. "Bei all dem versuchen wir bei Arbeitgebern Türchen zu öffnen und sind ebenfalls bereit, Eingliederungszuschüsse zu leisten. Es mangelt sicherlich nicht daran, dass wir unsere Kunden nicht unterstützen wollen", unterstreicht Michael Niemeyer.