Ein Hartz-IV-Empfänger schildert seine unendliche Geschichte auf der Suche nach einem Job. Seine Bemühungen scheitern immer wieder.

Brietlingen. Ein Burnout brachte das Aus. Wäre die emotionale Erschöpfung, einhergehend mit einer reduzierten Leistungsfähigkeit, nicht aufgetreten, Pot Dankewitz * wäre heute vermutlich nicht arbeitslos. Der 35-Jährige gehört seit einiger Zeit zur Gruppe der Hartz-IV-Empfänger. Hartz IV steht für die Menschen, die den ganzen Tag nichts tun, an der Flasche oder vor dem Fernseher hängen. Niederschmetternde Klischees prägen das gesellschaftliche Bild der Langzeitarbeitslosen, obwohl kaum eine Personengruppe so unterschiedlich ist wie diese.

Dankewitz lebt im Landkreis Lüneburg. Er bewohnt eine kleine Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus. Das Umfeld erscheint gepflegt, sauber, bürgerlich geordnet. 2003 immatrikulierte sich der gebürtige Innsbrucker an der Universität Hamburg für die Fächer Physik und Mathematik. "Ich wollte Lehrer werden", so Dankewitz. "Parallel zum Studium arbeitete ich als Nachtbereitschaft in einer therapeutischen Wohngemeinschaft. Hinzu kamen andere Jobs und ehrenamtliche Aufgaben wie die aktive Jugend- und Pfadfinderarbeit. Letztlich aber war die Gesamtbelastung zu hoch."

Dem Zusammenbruch im vergangenen Jahr folgte eine Therapie, danach der Versuch, das schriftliche Examen zu bestehen. Dankewitz scheiterte. Es folgte die Exmatrikulation. "Wegen starken Heuschnupfens meldete ich mich vollständig arbeitslos", sagt der heutige Hartz-IV-Empfänger.

Beruflich wollte und will er umsatteln. " Mich interessiert eine Weiterbildung an der Schnittstelle zwischen Technik und Betriebswirtschaft. Mir schwebt der Beruf des Technischen Fachwirts vor." Dankewitz bewarb sich über Monate als Personalassistent- und -referent, Softwaretester, Sachbearbeiter oder Produkthelfer. Aussichtslos. Er war für die Jobs nicht qualifiziert.

Er recherchierte Kurse in Hamburg und weiter weg, die ihm seinem Berufswunsch hätten näher bringen können. Das Vorhaben misslang, weil die Arbeitsagentur nur zertifizierte Ausbildungsstätten akzeptiert und die Schulen nicht wohnortnah sind.

Im März 2011 zog Pot Dankewitz nach Brietlingen. Es erfolgte der Wechsel vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II. Zuständig für den Hartz IV-Empfänger war von nun an das Lüneburger Jobcenter. Im Mai fand ein erstes Gespräch statt. Alles schien sich zu wiederholen. Man riet ihm, einen Antrag auf die Weiterbildung zum Technischen Fachwirt zu stellen. "Versuchen Sie's mal", so die Worte.

Rund 4,6 Millionen Menschen in Deutschland bekommen Hartz IV. Als monatliches Budget zum Leben bleibt ihnen nicht viel. Der Mann aus Brietlingen verfügt nach Abzug der Miete über 334 Euro. "Ich bin bescheiden und kann auf dem trockenen Stein leben. Eine Rentenversicherung besitze ich nicht. Bei Arbeitslosigkeit denkt man auch nicht an die Rente." Dabei blickt er ernst durch dunkel eingefasste Brillengläser.

Um den Überblick nicht zu verlieren, hat der schlanke Mann so viel wie möglich auf seinem Laptop festgehalten. Die Gespräche, die Bewerbungen, Termine bei Ämtern und die wenigen Vorstellungsgespräche, zu denen es gekommen ist. Doch wie in Hamburg, so sollte es auch in Lüneburg weitergehen.

Hoffnungsvoll stellte er den Antrag zum Technischen Fachwirt. Es folgten Ablehnungen für die Anfrage wie auch den nachgereichten Widerspruch. Beruflich fixierte er sich nunmehr auf den Wirtschaftsfachwirt. Die zehrenden Monate um eine Weiterbildung und der Empfang von 228 negativ beantworteten Bewerbungen haben Spuren hinterlassen. Selten huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Näher ist ihm die Ernsthaftigkeit.

Dankewitz klagt an: "Mein Sachbearbeiter hat nichts eigenständig getan. Er bewegt den Daumen nach oben oder nach unten. Oder schickt Vermittlungsvorschläge für die Zeitarbeit, die mit mir nichts anfangen können, da ich bisher keinen kaufmännischen Abschluss habe. Er riet mir, mich über die Alternativen eines Bildungsgutscheins schlau zu machen, wie und ob die Volkshochschule mich fördern könne."

Um einen Bildungsgutschein auszustellen, muss die Arbeitsagentur abwägen, ob mit dem angestrebten Bildungsziel eine Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten ist. Dankewitz entdeckte eine Weiterbildungsmaßnahme in Celle. Der Kursus zum Wirtschaftsfachwirt sollte in wenigen Tagen beginnen. Was noch fehlte war der Bildungsgutschein. Die Zusicherung der Arbeitsagentur, dass die durch die Teilnahme an der Weiterbildung anfallenden Kosten übernommen werde. Das Ziel war zum Greifen nah. Da verlangte die Agentur ein psychologisches Gutachten, "Und zwar vor dem Hintergrund meines Burnouts", sagt er. "Die Begründung lautete, ich hätte lange nicht gearbeitet. Man müsse sicher sein, dass ich kognitiv für die Weiterbildung in der Lage sei und das Burnout mir nicht in die Quere komme."

Er stellte sich beim Psychologischen Dienst der Arbeitsagentur vor. "Die Psychologin war mir unsympathisch. Unser Gespräch harmonierte nicht und ich war hinsichtlich meiner Daten sehr sensibel. Es bleibt doch immer die Frage: Was passiert mit den Daten?" Dankewitz lag ein rund 260 Fragen umfassenden Persönlichkeitstest vor. Der vorsichtige Mann hatte seine Schwierigkeiten. "Einerseits fällt es mir schwer, so etwas ernst zu nehmen, andererseits möchte ich nicht alles preisgeben." Aufgrund der negativen Testauswertung wurde dem Brietlinger die Weiterbildungsmaßnahme nicht genehmigt. Drei Wochen später, Mitte Oktober, erfuhr er, dass aufgrund des Gutachtens nicht mehr viel möglich sei. "Ich hatte den Eindruck, wir sind am Ende."

Das Ergebnis trifft Pot Dankewitz, der doch alles in Bewegung gesetzt hat, um vorwärts zu kommen. "Die Art und Weise, wie man politisch mit Arbeitslosen umgeht, frustriert mich. Ich habe nicht das Gefühl, das mir geholfen worden ist."

Der rührige Mann wird sich weiter bewerben und bemühen. "Ich habe eine Ausbildung im Rettungsdienst gemacht. Dabei lernt man, seine Probleme auf der Arbeit zu lösen und nicht mit nach Hause zu schleppen."

*Name von der Redaktion geändert