Der Kommunalpolitiker Jörn Lütjohann will Stolpersteine und wird deshalb im Internet von Rechtsradikalen anonym verhöhnt und bedroht.

Oldershausen. Jörn Lütjohann aus Oldershausen wird im Internet von Rechtsradikalen anonym verunglimpft, verhöhnt und bedroht. Sie bezeichnen den Kommunalpolitiker aus der Elbmarsch mit ihren Worten als "Nestbeschmutzer", weil er das Projekt Stolpersteine als Gedenken an Naziopfer in die Dörfer der Elbmarsch holen will. "Der Versuch, mich einzuschüchtern, ist nicht gelungen", sagt Lütjohann. Er macht weiter mit dem Projekt Stolpersteine.

Wie berichtet, setzt er sich dafür ein, dass Stolpersteine künftig auch in den Orten der Elbmarsch an Nazi-Verbrechen erinnern. Die Lüneburger Geschichtswerkstatt beschreitet den gleichen Pfad. Sie arbeitet daran, Stolpersteine in die Dörfer des Landkreises Lüneburg zu bringen.

Inzwischen liegen mehr als 24.000 Stolpersteine in Deutschland, Österreich, Ungarn und in den Niederlanden. Auf Initiative von Lüneburger Bürgern und der Geschichtswerkstatt hat Gunter Demnig auch schon 26 Stolpersteine in Lüneburg verlegt. Die Steine sind mit einer Messingplatte versehen. Die Inschrift gibt Auskunft über Name, Geburtsjahr und das weitere Schicksal der Lüneburger Opfer des Naziregimes.

In der Stadt geht es vor allem um das Gedenken an Menschen, die von den Nationalsozialisten in Konzentrationslager deportiert und dort umgebracht worden sind. Doch auch auf dem Land zeigte der Nazi-Terror sein Gesicht. Zum Beispiel mit den berüchtigten Todesmärschen, bei denen Zwangsarbeiter zu Tausenden ums Leben gekommen sind. Lütjohann hat von einem Augenzeugen inzwischen den Hinweis erhalten, dass es auch einen Marsch in Oldershausen gegeben haben soll.

In der Elbmarsch, so vermutet er, könnte es weitaus mehr Schicksale von Menschen geben, die Opfer der brutalen Nazi-Verbrecher geworden seien, sagt er. "Es gibt Bahnanschlüsse wie in Oldershausen und auch die Dynamitfabrik in Geesthacht war nicht fern, in der möglicherweise Zwangsarbeiter beschäftigt wurden." Auch könnte es sein, dass Behinderte aus der Elbmarsch in der Psychiatrie in Lüneburg Euthanasie-Opfer wurden, sagt er.

Lütjohann hofft, dass viele Menschen aus der Elbmarsch mitforschen, sich zudem Schulklassen beteiligen. Zum einen sei es identitätsstiftend für ein Dorf, wenn Geschichte bewusst gemacht wird. Zum anderen erhofft er sich Zufallsfunde, zum Beispiel in Familien. "Wir müssen die Erinnerung an die schlimme Zeit wachhalten und dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Was gestern Unrecht war, bleibt auch heute Unrecht. Daran will ich erinnern." Das gefällt Rechtsradikalen und Rechtsextremen in der Region nicht. Die Internet-Seite, die über kein Impressum verfügt, und über einen Server im Ausland betrieben wird, überwacht inzwischen der Staatsschutz. Zudem wurde die Staatsanwaltschaft Lüneburg eingeschaltet. "Strafrechtlich wird man den Nötigungsversuch wohl nicht nachweisen können, da die Wortwahl zu geschickt ist", so Lütjohann.

Von den Vorfällen berichtet der CDU-Politiker jetzt auch dem niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in einem Brief. Er bittet den Minister, zu überprüfen, ob hinter den Verunglimpfungen möglicherweise die NPD stehe. Sollte das der Fall sein, so Jörn Lütjohann, wäre auch dieser Umstand in die verfassungspolitische Diskussion um die Entscheidung aufzunehmen, ein Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten.