Keine Zukunft: Der Eigentümer Sallier zu Michèl Pauly legt Statikergutachten vor und sieht keinen Weg mehr, das Haus noch zu retten.

Lüneburg. In der vergangenen Sitzung des Stadtrates schien es noch eine Zukunft für das Gebäude zu geben. Damals hatten die Linken beantragt, das Gebäude in der Frommestraße Nummer vier durch die Stadt zurückzukaufen, um den Mietern bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Die Ratsmehrheit lehnte den Antrag allerdings ab. "Der Rückkauf durch die Stadt wäre rausgeschmissenes Geld. Die Frommestraße Nummer vier ist eine Problemimmobilie", sagte Bürgermeister Andreas Meihsies von den Grünen.

Jetzt könnte sich der Streit um das Haus erledigt haben: Grundstückseigentümer Jürgen Sallier will das Gebäude in absehbarer Zeit abreißen lassen. Die Stadt hat dem Vorhaben noch nicht zugestimmt, aber für Sallier steht fest, dass das Gebäude unrettbar verloren ist - auch wenn das letzte, von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten dem Haus noch eine Standsicherheit von acht bis zwölf Jahren bescheinigt. "Ich halte das Gebäude für nicht mehr bewohnbar, ich verlange von den Mietern keine Miete mehr. Ich habe durch einen eigenen Statiker eine Untersuchung vornehmen lassen, danach ist das Haus nicht zu retten", sagte Eigentümer Sallier am Montagabend bei der Sitzung der Grünen Ratsfraktion.

Die Grünen hatten ihn eingeladen, um mit ihm über die Zukunft der Immobilie zu sprechen. Sallier machte klar, dass es aus seiner Sicht für das Haus keine Zukunft mehr geben kann. "Das bauliche Korsett, das man vor sieben Jahren angelegt hat, um das Haus zu sichern, passt aufgrund der fortlaufenden Senkungen nicht mehr. Stünde das Haus nicht unter Denkmalschutz, so hätte man es vermutlich schon längst abgerissen", sagte er. Für ihn sei der Kauf des Gebäudes bisher keine gewinnbringende Investition gewesen. "Ich hätte dem Rückkauf des Gebäudes durch die Stadt bestimmt zugestimmt", sagte Sallier zu Michèl Pauly von den Linken, der gemeinsam mit Vertretern der Fraktion der CDU, der SPD und der Piratenpartei an diesem Abend bei den Grünen zu Gast war.

Seine Mieter habe er in der vergangenen Woche über die neue Situation informiert und ihnen freigestellt, einen eigenen Statiker hinzuzuziehen, um sich selbst ein Bild vom Zustand der Immobilie zu machen, erklärte Sallier. Jetzt warte er auf die Rückmeldung seiner Mieter, ist aber derzeit entschlossen, das Haus in absehbarer Zeit abbrechen zu lassen.

Zuletzt hatte die Stadt die Standsicherheit des Hauses durch den Hamburger Prüfstatiker Christian Mädge - nicht verwandt mit Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge - prüfen lassen. 13 Zentimetern senke sich das Haus pro Jahr, stellte das Büro aus Hamburg in diesem Sommer in einem Gutachten fest. Die Statiker betrachteten die Standsicherheit noch für maximal zwölf Jahre als gegeben. Voraussetzung sei, dass Ertüchtigungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt werden.

Doch genau diese Ertüchtigungsmaßnahmen hält Eigentümer Jürgen Sallier mittlerweile für undurchführbar. "Es müssten diverse Risse verpresst und das Treppenhaus völlig neu verankert werden. Außerdem drohen irgendwann die Balkone trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen abzureißen - das alles zu sanieren, würde sehr teuer werden", erklärte er in der Fraktionssitzung der Grünen.

Auch auf zwei bis drei Geschosse abtragen könne man das Gebäude voraussichtlich nicht, meinte Sallier. Die Last für das Grundstück sei immer noch zu hoch, im Untergrund würden Hohlräume vermutet. Zur Klärung der Frage, wie der Untergrund genau beschaffen ist, will die Stadt in nächster Zeit eine Untersuchung vornehmen lassen. "Geplant ist eine Erkundung mit Mehrstangenextensometern", sagt Stadtpressesprecherin Suzanne Moenck. Bis zu 110 Meter tief können dann mithilfe dieser speziellen Sonden die Bewegungen im Untergrund untersucht und Hohlräume geortet werden. Neben der Region um den Michaelisfriedhof ist die Frommestraße derzeit die am stärksten von Senkungen betroffene Fläche im Stadtgebiet.

Ob denn zu befürchten sei, dass aufgrund der zu erwartenden Räumung der Frommestraße Nummer vier die Mieter über Weihnachten auf der Straße stehen würden, fragte Ratsfrau Susanne von Stern (CDU). "Wenn keine Gefahr im Verzug ist, wird dort über Weihnachten nichts passieren", sagte Sallier. Davon geht die Stadtverwaltung laut SPD-Ratsherr Martin Bruns aber nicht aus.

Wie es denn um die Standsicherheit der restlichen Gebäude in der Frommestraße bestellt sei, wollte daraufhin Bürgermeister Andreas Meihsies wissen - schließlich sei erkennbar, dass auch das Haus Frommestraße Nummer fünf bereits eine deutliche Neigung in Richtung Osten aufweise. In diesem Haus leben derzeit rund 30 Bewohner.

Hierzu könne er kaum Aussagen machen, sagte Sallier, denn diese Immobilie gehöre ihm nicht. Soweit er wüsste, befinde sich das Haus jedoch unter Zwangsverwaltung. Der derzeitige Eigentümer würde sich nach seinen Informationen um das Haus nicht mehr aktiv kümmern. Dort gebe es nach seiner Wahrnehmung auf jeden Fall einen gewissen Sanierungsstau.