Kriminelle täuschen auch in der Weihnachtszeit karitative Spendenaktionen für behinderte Kinder vor. Gesundes Misstrauen kann schützen.

Lüneburg. Vor dem Lüneburger Rathaus duftet es bereits wieder stimmungsvoll nach Glühwein und Lebkuchen. Auch die Buden vieler anderer Weihnachtsmärkte in der Region haben bereits wieder für Besucher geöffnet. Die anstehenden Geschenkeinkäufe locken zusätzlich Menschen in die Innenstädte. Für Diebe verspricht das willkommene Gelegenheiten.

"Langfinger sind überall da, wo viele Leute mit Geld hingehen", berichtet Polizeihauptkommissar Wolfgang Schaerffer aus seinen Erlebnissen in Harburg. "Einem Senior haben die supergut ausgebildeten Profis schon einmal unbemerkt eine Armbanduhr vom Handgelenk gestohlen."

Andere Taschendiebe nutzen die Hilfsbereitschaft der Menschen aus. "Gerade in der Vorweihnachtszeit treiben betrügerische Spendensammler und Trickdiebe ihr Unwesen in den Innenstädten unserer Region", sagt Kai Richter, Sprecher der Polizei in Lüneburg. "Die Täter suchen sich zumeist ältere Menschen als Opfer aus." Nicht wenige selbstlose Senioren gingen den teilweise sehr aggressiv vorgehenden Betrügern auf den Leim.

Mit vielen kleineren Geldbeträgen hätten sie in der Summe eine fette Beute in Höhe von mehreren Hundert Euro machen können, berichtet der Polizeisprecher von einem aktuellen Betrugsfall in Lüneburg. Polizisten nahmen zwei junge Rumäninnen fest. Die 16 und 18 Jahre alten Mädchen hatten vorgegeben, für einen gewissen "Landesverband für behinderte und taubstumme Kinder" zu sammeln.

"Es ist bemerkenswert, wie viele Personen trotz eines unseriösen Schreibens mit vielen Rechtschreibfehlern, eine Spende abgegeben haben", sagt Richter. "Die Beamten leiteten Strafverfahren wegen Betrugs ein und stellten das eingesammelte Geld sowie die Spendenlisten sicher."

Die Masche der beiden Mädchen ist für die Kriminalpolizei nicht neu. "Bereits in der jüngsten Vergangenheit waren rumänische Staatsangehörige in der Uelzener und Lüneburger Innenstadt aufgefallen", erklärt Kai Richter. "Sie hatten aber nicht nur Spenden für einen angeblichen Hilfsverein gesammelt, sondern die zumeist älteren Opfer teilweise auch bestohlen." Gegen die Festgenommenen laufen daher nicht nur Strafverfahren wegen Betrugs, sondern auch wegen Diebstahls.

Zwei Spendensammlerinnen im Alter von 14 und 18 Jahren sowie ihre deutlich älteren männlichen Begleiter zum Beispiel stehen im Verdacht, ihre Spendenaktion nur als Anlass zu nutzen, damit die angesprochenen Passanten ihr Portemonnaie zücken: Nachdem sich ein 67-Jähriger in Uelzen bereit zeigte, Geld zu spenden, sollte er sich in eine Liste eintragen.

Während der Mann das dafür überreichte Klemmbrett festhielt, fingerte eine der Täterinnen in seinem geöffneten Portemonnaie herum. Der Diebstahlsversuch scheiterte jedoch und einige Scheine fielen zu Boden. Die vermeintlichen Spendensammlerinnen liefen davon. Sie konnten von der Polizei aber gestellt und vorläufig festgenommen werden.

"Die Ermittler vermuten fortgesetzten Bandendiebstahl", erklärt Polizeikommissarin Nicole Winterbur. "Sie prüfen dabei auch Zusammenhänge zu weiteren Taten in Norddeutschland." Zuletzt seien die dringend tatverdächtigen Mädchen mit rumänischem Pass im Landkreis Rotenburg aufgefallen. "Nach der Personenfeststellung kommen sie wegen fehlender Haftgründe jedoch immer wieder auf freien Fuß." Und wenig später sind sie dann wieder voll im Einsatz.

Die Aufklärungsquote bei einfachen Diebstählen lag in den acht nordniedersächsischen Landkreisen im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Lüneburg im vorigen Jahr bei weniger als 50 Prozent, Tendenz fallend. Auf der Jagd nach Taschendieben fahren Zivilfahnder der Bundespolizei das ganze Jahr über in S-Bahnen und Regionalverkehrszügen mit. In Städten wie Lüneburg patrouillieren Fußstreifen auf dem Weihnachtsmarkt.

Gegen die Täter, die keine Verbindungen zu ihren Opfern haben, hilft nur Prävention. Martin Tobi, zuständiger Sachgebietsleiter beim Polizeikommissariat Harburg, rät immer dann zu Misstrauen, wenn mehrere Fremde um die Aufmerksamkeit des Angesprochenen buhlen, zum Beispiel mit einem ausgebreiteten Stadtplan.

"Dann heißt es Handtasche vor den Bauch halten und die Hand drauf legen!" Männer sollten ihr Portemonnaie möglichst dicht am Körper tragen und mit einem Reißverschluss sichern, erläutert Martin Tobi.

Sehr gefährlich sei es auch, sein Geld im unbeobachteten Rucksack aufzubewahren. Weitere Verhaltenstipps gibt die Polizei bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch, 7. Dezember, rund um den Bahnhof Harburg.