Vor allem junge Leute zwischen 17 und 21 Jahren verlassen den Kirchenkreis Bleckede. Die Situation erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen.

Bleckede/St. Dionys. Es sind die ländlichen Gebiete im östlichen Landkreis, in denen die Zahl der Kirchgänger zunehmend abnimmt. Rund 2000 Mitglieder sind dem Kirchenkreis Bleckede im Zeitraum von 1999 bis 2009 verloren gegangen. Und damit nicht genug. Von Mai bis November verließen weitere 550 Christen den ländlich geprägten Kirchenkreis. Die Hälfte sind junge Leute zwischen 17 und 21 Jahren.

"Die Befürchtung, der doppelte Abiturjahrgang dieses Jahres würde zu einem spürbaren Aderlass führen, hat sich bestätigt", sagt Superintendent Christian Cordes. "Mag dies eine einmalige Situation sein, so wird die Entwicklung insgesamt weiter gehen: Im Osten schrumpfen wir - Jahr für Jahr mindestens um ein Prozent. Im Westen bleiben die Gemeinden stabil, Lüneburg wird wachsen." Diese Entwicklung hat zur Folge, "dass wir uns im Osten des Kirchenkreises Stück für Stück zurückziehen", so Cordes. Ein Plus von 1000 Mitgliedern zählte indes die Hansestadt im vergangenen Jahr

Auf unter 26.000 ist die Zahl der Mitglieder in den 15 Kirchengemeinden des Kirchenkreises Bleckede geschrumpft. Die Entwicklung allerdings sei weniger den Kirchenaustritten zuzuschreiben, sondern vielmehr der allgemeinen demografischen Entwicklung im Kirchenkreis, gab Cordes anlässlich der Kirchenkreistagssitzung in Brietlingen bekannt.

Parallel dazu wurde von Dezember 2009 bis August 2011 die Zahl der Mitarbeitenden um 3,5 Personen dezimiert. Die Personalkürzungen der letzten Monate müssen verkraftet werden. Das erfordert erhebliche strukturelle Veränderungen. So stehen für die 15 Kirchengemeinden nur zwölf Pfarrstellen zur Verfügung. Gemeinden und Pastoren arbeiten über Gemeindegrenzen hinweg bereits gut zusammen. Zwangszusammenlegungen von kleineren Gemeinden zu Einheiten auf mindestens 2000 Gemeindemitglieder werde es allerdings nicht geben, so Cordes:

"Es ist besser, Zusammenarbeit wächst dort, wo es vernünftig ist - ohne zu viel Druck." Unter Druck gesetzt nämlich ziehen sich oftmals bis zu 20 Prozent der ehrenamtlichen Mitarbeiter zurück. Stattdessen müssen Menschen und ihre Identifikationsraum gestärkt werden.

Fest steht, dass es erst einmal bis 2017 keine weiteren Einsparungen gibt. Eine Atempause, die es zu nutzen gilt. Verändern wird sich unter diesen Gegebenheiten die Rolle der Pastoren. Sie müssen abgeben und sich von Aufgaben trennen, die nicht zu den durch Ausbildung und Berufung gehörenden Aufgaben zählen. Abrechnung einer Baumaßnahme ebenso wie die Verwaltung des Friedhofs sollen künftig nicht länger von Pastoren getätigt werden.

Was Entlastung bedeutet, erfährt seit einigen Monaten die junge Pastorin Daniela Jensen (31) der Kirchengemeinde St. Dionys. Seit Mai dieses Jahres gibt es dort eine Besuchsdienstgruppe von 20 Frauen unterschiedlichen Alters, die Geburtstagskinder ab dem 75. Lebensalter in den Gemeindeorten besuchen. Das war in der Kirchengemeinde einstmals Aufgabe des Pastors. "Das bedeutet für mich eine sehr große Entlastung", so Jensen. Gleiches bewirkt der Einsatz von Lektoren und Prädikanten.

Lektoren (vom lateinischen lector, zu Deutsch: "Vorleser" abgeleitet) sind Laien mit theologischer Grundbefähigung, die in evangelischen Kirchen das Evangelium verkünden. Als Prädikanten (lateinisch praedicare 'predigen') bezeichnet werden Laienprediger, die nach einer speziellen theologischen Schulung Predigten verfassen und verkünden dürfen. Ihr Dienst ist prinzipiell ehrenamtlicher Natur. Dank ihres Dienstes kann in jeder Gemeinde auch ohne die Anwesenheit des Pastors ein Gottesdienst gefeiert werden. So kommt auch Pastorin Jensen in den Genuss eines arbeitsfreien Sonntags.

Die Ehrenamtlichen werden geschätzt und kommen in den Genuss qualifizierter Weiterbildungen zum Nutzen der gesamten Kirchengemeinde. So entlastet, fällt es einer Pastorin wie Daniela Jensen leichter, Ballast abzuwerfen. Mit einem Plus an Zeit können Jensen und ihre Kollegen in die Seelsorge gehen.

Das ist ein Schritt in die von Christian Cordes angezeigte Richtung, die er wie folgt formuliert: "Nicht um jeden Preis weiter machen wie bisher."

Das bedeutet für die Mitarbeiter des Kirchenkreises, aufeinander zu achten. "Mir ist von Anfang an signalisiert worden, dass ich mich immer melden kann, wenn es Probleme gibt." Cordes: "Die große Stärke unseres Kirchenkreises ist der kollegiale Zusammenhalt."