Lüneburg setzt auf erneuerbare Quellen wie Windkraft und Solarstrom. Doch das Geld für Investitionen fehlt und soll von Privaten kommen.

Lüneburg. Bis zum Jahr 2020 soll in der Region Lüneburg Energie nur noch aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. So legt es die Gruppenvereinbarung fest, die SPD und Grüne im vergangenen Monat unterzeichnet haben. "Uns ist bewusst, dass dies ein ehrgeiziges Ziel ist. Es zu erreichen wird nur gemeinsam mit dem Landkreis, den kreisangehörigen Kommunen und den Bürgern möglich sein", sagt Eugen Srugis (SPD), Ratsherr und stellvertretender Vorsitzender im Wirtschaftsausschusses. Wohl wahr, ein Blick auf die Haushaltssituation der Stadt zeigt deutlich, dass eine Energieoffensive allein mit Mitteln der Kommune nicht finanzierbar ist.

Um zumindest einen Teil ihrer horrenden Schulden bewältigen zu können, hat die Stadt einen Antrag auf Aufnahme in den niedersächsischen Entschuldungsfonds gestellt. "Am 16. Oktober hat der Rat in seiner Sitzung einstimmig beschlossen, den Antrag auf den Beitritt zur Entschuldungsfonds des Landes zu stellen. Daraufhin hat die Verwaltung den Antrag in Hannover fristgerecht eingereicht", sagt Daniel Steinmeier, Pressesprecher der Stadtverwaltung.

Wie notwendig dieser Schritt ist, zeigt ein Blick auf die laufenden Kassenkredite. "Am 31. Dezember 2009 nahm die Stadt Kassenkredite in Höhe von 129,6 Millionen Euro in Anspruch", erklärt Steinmeier. Die werden notwendig, wenn eine Kommune laufende Kosten für Personal und eigene Einrichtungen nicht mehr aufbringen kann.

Der Beitritt zum Entschuldungsfonds kann zumindest vorläufig Entlastung bringen. In dem Fonds, der ab dem 1. Januar 2012 existieren soll, werden voraussichtlich 70 Millionen Euro jährlich zur Verfügung stehen, um besonders verschuldete Kommunen von ihren dringendsten Schulden zu entlasten. Im Gegenzug müssen sich die Beteiligten aber verpflichten, ihre freiwilligen Leistungen herunter zufahren. Außerdem bekommen Sie in der Zeit, in der sie dem Entschuldungsfonds angehören, weniger Zuweisungen aus dem Landesfinanzausgleich. Wie vor diesem Hintergrund die Energiewende bewältigt werden soll, ist manchem Ratsmitglied ein Rätsel.

Michèl Pauly, Fraktionschef der Linken, sieht Finanzierungsprobleme. "Die Energiewende steht schon im Gruppenvertrag unter Finanzierungsvorbehalt. Wenn der Entschuldungsfonds der Stadt neue Sparmaßnahmen auferlegt, wird das Geld für eine Energiewende vermutlich nicht da sein", sagt er. Grundsätzlich stehen die Linken einer regionalen Energiewende aber positiv gegenüber.

Kritik äußern sie auch am Entschuldungsprogramm des Landes. "Die chronische Unterfinanzierung der Kommunen wird durch das Programm nicht beseitigt, die Strukturprobleme bestehen fort. Außerdem sehen wir es kritisch, wenn das Land die Kommunen erst ausbluten lässt, ihnen dann aber eine Erfüllung ihrer ureigenen Aufgaben durch das Beschneiden der freiwilligen Leistungen unmöglich macht", sagt Pauly.

Andreas Meihsies, Fraktionschef und Bürgermeister für die Grünen, sieht das anders. "Der Antrag zum Beitritt in den Entschuldungsfonds wurde gestellt, um unsere Bereitschaft zu zeigen, an einer Maßnahme wie dieser mitzuwirken. Ob die Stadt tatsächlich daran teilnimmt, wird sich zeigen, wenn wir die genauen Bedingungen dafür kennen", sagt er. Im Übrigen ist auch ihm bewusst, dass die Energiewende der Stadt aus eigener Kraft nicht möglich sein wird.

"Wir werden dafür die Beteiligung der Bürger brauchen, zum Beispiel über die Zukunftsgenossen oder den Verein Sun.ON wäre das möglich. Wir werden außerdem alle Fördertöpfe anzapfen müssen, die infrage kommen. Und auch auf die Kräfte stadteigener Unternehmen werden wir zurückgreifen müssen", sagt er. Die stadteigene Wohnungsgenossenschaft LüWoBau erarbeite gerade ein Programm, nachdem in Zukunft gasbetriebene Blockheizkraftwerke einzelne Wohneinheiten autark betreiben sollen - auch damit sein Geld zu verdienen, meint er.

Auf die stärkere Beteiligung Privater setzt auch Eugen Srugis: "Wir brauchen einen Masterplan, aus dem hervorgeht, welche Maßnahmen wir wann realisieren können." Der vermehrte Aufbau von Bürgersolaranlagen, die Einbindung stadteigener Unternehmen wie der LüWoBau oder der Gesundheitsholding, der Aufbau eines "Regionalwerks" gemeinsam mit anderen Kommunen und die Beteiligung regionaler Netzbetreiber daran - das kann Srugis sich vorstellen.

"Sofern Letzteres bedeutet, die E.on stärker einzubinden, lehnen wir das ab. Die Atomkonzerne wollen wir am Umbau der Energielandschaft nicht beteiligen", sagt Michèl Pauly.