Die Stadt Lüneburg gibt ein Gutachten für 30.000 Euro in Auftrag. Es soll die Entschuldungs-Verhandlungen mit Hannover vorbereiten.

Lüneburg. Fast zwei Jahre ist es her, da unterzeichnete das Land Niedersachsen mit seinen Städten und Gemeinden den sogenannten Zukunftsvertrag: Klamme Kommunen bekommen Geld aus Hannover, um ihre Schulden abbauen zu können. Jetzt will auch die Stadt Lüneburg von dem Topf profitieren. Doch vorher gibt sie 30.000 Euro für ein Gutachten aus, das die Verhandlungen mit dem Land vorbereiten soll.

Schließen Hansestadt und Land die Vereinbarung, übernimmt Niedersachsen von Lüneburg Zins und Tilgung für bis zu 75 Prozent der bis Ende 2009 aufgelaufenen Liquiditätskredite: 97,18 Millionen Euro. Die Summe würde das Land ab 2013 innerhalb von zehn Jahren zahlen, im Gegenzug müsste die Hansestadt rund 170 000 Euro jährlich selbst in den Entschuldungsfonds einzahlen. Laut Berechnungen der Verwaltung könnte Lüneburg damit bereits ab dem Jahr 2013 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

Das ist allerdings auch eine der Voraussetzungen, unter denen der Vertrag überhaupt nur zustande kommen kann. Denn ohne Bedingungen freilich fließt das Geld aus Hannover nicht. Zweite Voraussetzung neben einer Null unter Einnahmen und Ausgaben ist die Deckelung der freiwilligen Leistungen der Hansestadt. Die Stadt zahlt Zuschüsse, also freiwillige Leistungen, sowohl im kulturellen als auch im sozialen Bereich. Zurzeit macht die Summe fünf Prozent der Aufwendungen aus, rund elf Millionen Euro.

Dirk Hallmann, Sprecher des Innenministeriums, sagte dem Abendblatt: "Die Höhe der freiwilligen Leistungen wird bei Abschluss eines Zukunftsvertrages für die Laufzeit des Vertrages auf zehn Jahre festgelegt. Dabei wird grundsätzlich eine Höhe von drei Prozent gemessen an den ordentlichen Aufwendungen im Kernhaushalt akzeptiert." Eine genaue Abstimmung erfolge im Zuge des Verfahrens zur Entwicklung des Vertrags zwischen Kommune und Innenministerium.

Aus Sicht der Stadt kann die Drei-Prozent-Regelung jedoch "für ein Oberzentrum wie die Hansestadt Lüneburg nicht gelten". Um die Gespräche mit dem Land über die Höhe der Grenze vorzubereiten, will die Stadt daher eine externe Expertise in Auftrag geben und sich Argumentationshilfe einkaufen. Der Rat hat der außenordentlichen Ausgabe von 30 000 Euro brutto bereits zugestimmt. Ziel: die "Verhandlungen mit tragenden und akzeptablen Positionen führen zu können". Das Gutachten solle "zum Stellenwert der Funktionen und Aufgaben eines Oberzentrums im kommunalrechtlichen Kontext mit den sich daraus ergebenen Folgen" Stellung nehmen.

Der Landkreis hatte sich auf die Verhandlungen monatelang vorbereitet, sowohl der Leiter des Finanzmanagements als auch der Landrat haben Akten um Akten gewälzt. Die Grenze für freiwillige Leistungen beträgt beim Kreis sogar nur 1,5 Prozent. Für Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) ist das in Ordnung. Für die Stadt müssten jedoch andere Regeln gelten, sagte er dem Abendblatt: "Ich persönlich gehe davon aus, dass viele von der Stadt als Oberzentrum wahrgenommenen Aufgaben bei den Verhandlungen der Stadt mit dem Land zu berücksichtigen sind. Dort ist ein anderer Maßstab anzusetzen als für uns als Kreis."

Das sehen die Verantwortlichen im Rathaus naturgemäß genauso. Stadtsprecher Daniel Steinmeier sagte: "Wir wollen definieren lassen, was tatsächlich freiwillige Leistungen sind und welche wir als Oberzentrum erbringen müssen und bereits erbringen. Unsere Leistungen sind schließlich für die gesamte Region Nordostniedersachsen von Bedeutung. Das Theater zum Beispiel hat unserer Auffassung nach einen Bildungsauftrag und ist deshalb keine freiwillige Leistung."

Warum die Stadt diese Ausführungen allerdings nicht selbst formuliert, sondern einen externen Auftrag dafür vergibt, erklärt Steinmeier so: "Wir wollen das von unabhängigen Gutachtern erarbeiten und prüfen lassen."

Erste Gespräche hat auch die Verwaltung der Stadt bereits mit dem Ministerium für Inneres und Sport geführt, bis Ende Oktober muss die Hansestadt Lüneburg ihren Antrag gestellt haben, danach verschlechtern sich die Konditionen.

Im September hatte die SPD erklärt: Sollte der Verkauf städtischer Betriebe zur Bedingung für die Teilnahme am Entschuldungsfonds werden, verzichte sie lieber auf die Finanzspritze, sagten Eugen Srugis und Heiko Dörbaum. Bei der Ratssitzung allerdings wertete Fraktionschef Dörbaum den Zukunftsvertrag jetzt als Chance, auch die Christdemokraten und die Liberalen waren dafür. Linke und Grüne gaben sich zurückhaltend.