Landrat Manfred Nahrstedt strebt an, noch in diesem Jahr einen Vertrag über eine Entschuldungshilfe für den zu schließen.

Lüneburg. Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) strebt an, noch in diesem Jahr einen Vertrag mit dem Land über eine Entschuldungshilfe für den Landkreis Lüneburg zu schließen. Zu drei Verhandlungsrunden war er bereits im Innenministerium in Hannover, für eine weitere am 4. Oktober benötigt er das Mandat des Kreistages, das ihm bei der nächsten Sitzung am Mittwoch, 28. September, um 18 Uhr im Sporthotel Adendorf erteilt werden soll.

"Zur Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit beantragt der Landkreis auf Grundlage des Zukunftsvertrages zwischen Kommunen und dem Land Niedersachsen eine Entschuldungshilfe für Zinsen und Tilgung bezogen auf 75 Prozent der bis Ende 2009 aufgelaufenen Liquiditätskredite", heißt es in dem Antrag für die Kreistagssitzung. Jürgen Wiegert, Leiter Finanzmanagement beim Kreis, sagt, es gehe um eine Zinsentlastung für die Summe von 71,8 Millionen Euro bei den laufenden Kosten, die Hannover dann übernehmen würde.

"Das sind die 75 Prozent der Überziehungskredite in Höhe von 95,8 Millionen Euro, die sich seit 1995 angehäuft haben", so Wiegert. Sollte das Land den Zukunftsvertrag mit dem Kreis schließen, gehen er und Nahrstedt von einer Entlastung bei den Zinszahlungen von rund 1,3 Millionen Euro im kommenden Jahr, 1,5 Millionen Euro in 2013 und sogar zwei Millionen in 2014 aus. "Weil wir mit steigenden Zinssätzen rechnen."

Dass die Kredite bei den laufenden Kosten von 15,3 Millionen Euro im Jahr 1995 auf 106,4 Millionen Euro 2010 so rasant gestiegen sind, sogar schon die Überschuldung drohte, sei jedoch kein hausgemachtes Problem, sagt Wiegert. "Der Landkreis steckt seit Jahren in einem Dilemma. Wir müssen mehr ausgeben als wir einnehmen, weil wir für die gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen zahlen müssen." Und dafür wurden immer wieder neue Kredite nötig, um die Aufgaben leisten zu können. Er verdeutlicht das am Beispiel der Sozial- und Jugendhilfekosten für Stadt und Landkreis, die aus der Kreiskasse bestritten werden und sich in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt haben. "Sie liegen inzwischen bei 60 Millionen Euro jährlich. 1995 waren es noch 26 Millionen Euro."

Erschwerend kommt hinzu, dass die Einnahmen aus den Zuweisungen des Landes und aus der Kreisumlage, die die Gemeinden und Samtgemeinden entrichten, stagnierten beziehungsweise rückläufig seien. "Grund ist unter anderem, dass der Ostkreis strukturschwach ist, die Kommunen dort deshalb geringe Steuereinnahmen haben. Das macht sich bei der Kreisumlage bemerkbar." Und auch die Finanzkrise ist nicht spurlos vorbeigegangen, weil die Zuweisungen vom Land rückläufig gewesen seien aufgrund gesunkener Steuereinnahmen. "Zum Glück sprudeln sie jetzt wieder. Das Land denkt sogar über eine zusätzliche Zahlung nach."

Dennoch drückt der Schuh. Die dünne Eigenkapitaldecke des Landkreises verschärft die Situation. "Wir haben ein Eigenkapital von nur 17 Millionen Euro. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass der Flecken Bardowick auf die gleiche Summe bei seinen Werten kommt."

Daher setzt der Landrat auf den Zukunftsvertrag mit dem Land. "Weil ich lieber den Landkreis entschulde, als das Geld den Banken zu geben", sagt Nahrstedt. Er geht davon aus, dass der Kreis wirtschaftlich in der Lage ist, seine Schulden loszuwerden. "Mit der Entlastung bei den Zinsen können wir beginnen, den Schuldenberg abzubauen. Zumal unsere Zinstilgung im Landesschnitt überproportional hoch ist." Den Kreis drücken ihm zufolge Verbindlichkeiten von knapp 200 Millionen Euro, wobei 83 Millionen Euro im investiven Bereich zu Buche schlagen. "Damit schaffen wir Werte", so der Landrat. Und Wiegert ergänzt: "Unsere großen Investitionen, die vor allem in die Schulsanierungen fließen, führen zur Entlastung bei den laufenden Kosten, weil künftig Energie in den Gebäuden eingespart wird und die teure Flickschusterei bei der Bauunterhaltung vorbei ist."

Wiegert geht davon aus, dass der Kreis mit Hilfe des Zukunftsvertrages schon den kommenden Etat ausgleichen kann. Eine Nachricht, die beim Innenministerium gerne vernommen wird. Denn eine Voraussetzung für die Entschuldungshilfe ist, dass ein ausgeglichener Haushalt zügig erreicht werden und für zehn Jahre nachgewiesen werden kann. "Die schwarze Null im Haushalt ist wichtig. Das ist der Kernpunkt, um die Kommunen zukunftsfähig zu machen", sagt Vera Wucherpfennig, Sprecherin des Innenministeriums.

Neben Kommunen, die miteinander fusionieren, sollen auch andere unterstützt werden, die ihre dauernde Leistungsfähigkeit trotz extremer Kassenkreditverschuldung ohne Zusammenschluss mit anderen wiederherstellen können, heißt es aus dem Ministerium. Für Entschuldungsinitiativen ohne strukturelle Veränderungen durch Fusion wurden dabei allerdings die Bedingungen verschärft. Das gilt für den Landkreis, dem absehbar keine Fusion ins Haus steht.

"Auflage ist, dass nur 1,5 Prozent von unserem Gesamthaushalt für freiwillige Leistungen fließen dürfen", sagen Nahrstedt und Wiegert. So ist der Kreis etwa freiwillig jährlich mit 1,3 Millionen Euro am Theater Lüneburg beteiligt, mit 210 000 Euro an der Musikschule und mit 190 000 Euro an der Wirtschaftsfördergesellschaft.

Der Landrat erklärt, der Kreis habe die vom Land bei den freiwilligen Leistungen geforderte Marke bereits erreicht. Das sieht auch der Finanzmanager des Kreises so. "Wir erfüllen die Bedingung längst und müssen nicht weiter herunterschrauben." Die Sparbemühungen, so Wiegert, werden in Hannover nicht nur wahrgenommen, sondern anerkannt. "Wir sind seit Jahren dabei, den Gürtel enger zu schnallen. Denn niemand wird Hilfe bekommen, der das Geld mit vollen Händen ausgibt."