Gut ausgestattete Schulbibliotheken sind eine Rarität im Landkreis Lüneburg. Sie aufzubauen erfordert Eigeninitiative und Engagement.

Adendorf. Schulbibliotheken sind die Stiefkinder des deutschen Bibliothekswesens. "Für niedersächsische Schulbibliotheken gibt es keine Mittel vom Land und auch der Landkreis als Schulträger ist nicht in der Pflicht, sie zu unterhalten. Es fehlt schlicht an der gesetzlichen Bestimmung, so etwas zu leisten", sagt Martin Peters, Leiter der Oberschule in Adendorf. Die desolate Haushaltslage des Kreises lässt überdies nichts anderes zu als Enthaltsamkeit.

Und dennoch: 2009 feierte die Schule am Katzenberg die Einweihung einer nagelneuen Schulbibliothek. Ein Schulfest am Wochenende erbrachte mit Hilfe hinreißender Schüler-Aktionen rund 3000 Euro zugunsten der Bibliothek ein, sowie einen Scheck über 2600 Euro des Rotary Clubs Lüneburg-Hanse. Mit 4000 Büchern war die beschauliche Bibliothek an den Start gegangen. 2842 Medien zählte man im vergangenen Jahr. "Es laufen fächerübergreifende Jahrgangsprojekte in allen Klassen, so dass jeder Schüler eine Woche im Schuljahr zu einem Thema in der Schulbibliothek arbeitet", so Peters.

Leitende Kraft der Bibliothek ist Dörte Christensen. Sie hat eine Ausbildung zur Fachfrau für Büchereiarbeit, Literaturvermittlung und Leseförderung absolviert. 15 ehrenamtliche Mitarbeiter aus der Elternschaft stärken das Projekt. "Wenn möglich, wollen wir alle Schüler erreichen", sagt Christensen. Auch deshalb ist die Ausleihe der Medien kostenfrei, damit es sich jeder leisten kann.

Insgesamt 50.000 Euro kostete die Erstausstattung der Bücherei, die Schüler im Rahmen ihrer Projektarbeiten auch als Selbstlernzentrum nutzen können. 25.000 Euro flossen aus Landkreistöpfen, 10.000 Euro aus Mitteln der Schule und 5000 Euro aus Ganztagsschulmitteln des Landes. Aus dem Schulbudget werden Fortbildungen und auch die Bibliotheksleiterin bezahlt.

Von den etwa 43.000 allgemeinbildenden und den zirka 9000 Berufsbildenden Schulen in Deutschland verfügen nur wenig mehr als 15 Prozent über eine fachlichen Standards entsprechende Schulbibliothek. Die an vielen Schulen anzutreffenden Büchersammlungen - oft auf verschiedenen Räume verteilten Schüler- und Lehrerbüchereien, Oberstufenbibliotheken und Leseecken im Klassenzimmer - erfüllen das mögliche Leistungsspektrum einer Schulbibliothek oftmals nur unzureichend oder gar nicht.

Zentrale Ursache des unzureichenden Ausbaustands ist das Fehlen klar definierter rechtlicher und finanzieller Zuständigkeiten und verbindlicher Organisationsstrukturen in Bund, Ländern und Kommunen. Landes- und bundesweit verstehen Schulträger wie der Landkreis Lüneburg das Schulbibliothekswesen wie auch das öffentliche Bibliothekswesen als freiwillige Aufgabe.

Das Buch ist schon lange nicht mehr das einzige Medium für Kinder und Jugendliche. Heutzutage bewegen sich Jugendliche in einem Medien-Mix aus Büchern, Fernsehen, Computer, Videos, CDs, DVDs und Hörspielen. Auch viele der neuen Medien verlangen Lesefertigkeiten, sonst könnten sie nicht sinnvoll genutzt werden. Wer angemessen im Internet recherchieren will, der muss lesen können.

Das die Schulbibliothek für Adendorf und den wenigen anderen Schulen, die sich eine solche leisten können, so elementar werden würde, hatte Martin Peters, 63, nicht erwartet, als er 1995 die Schule übernahm. "Auch ich glaubte, mit dem Internet ließe sich jeder Unterricht vorbereiten. Meine Erkenntnis ist gewachsen, dass das nicht der Fall ist."

Ina Zander, Leiter der Schulbibliothek Oedeme, führt aus: "Googeln allein bei Wikipedia reicht nicht aus. Und auch bei der erweiterten Suche stoßen nicht nur Schüler an ihre Grenzen. Oftmals bleibt die Quellfrage vage und außerdem ist das Internet ein Zeitschlucker."

Mit 20.000 Medien ist die Schulbibliothek hervorragend ausgestattet. Hervorgegangen ist die lebendige Einrichtung 2010 aus der seit 2008 geschlossenen Außenstelle der Kreisbibliothek in den Räumlichkeiten des Gymnasiums. Die neue Bibliothek bietet im Ganztagsbetrieb vielen Schülern Gelegenheit zum Lesen und Lernen. Es gibt verschiedene Arbeitsbereiche, Stillarbeits- und Gruppenarbeitsplätze, die Möglichkeit zur Notebook-Nutzung, Präsentationsmöglichkeiten mit Beamer und Leinwand und bequeme Sitzmöglichkeiten zum Schmökern und Lesen. Ein Raum ist speziell für die Nutzung durch Oberstufenklassen vorgesehen, ausgestattet mit allen nötigen Sach- und Fachbüchern.

Zu verdanken ist dieses moderne Märchen einer starken Schulleitung und einem ebensolchen Förderverein, der auch Ina Zanders Gehalt trägt. "Unsere Bibliothek ist von den Schülern und Lehrern als Lernort anerkannt, ein Bibliothekscurriculum ist erarbeitet und die Zukunft der Einrichtung ist nicht abhängig von den Ausleihzahlen", so Zander. Ihr zur Seite im Bibliothekssaal steht täglich ein Bürgerarbeiter und für die Nachmittagsstunden der Leiter der Kreisbibliothek Harald Linnecke. Ein Bonbon in finanzieller Hinsicht des Kreises an die Schule.

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