Der Siegeszug des Melkhus in Niedersachsen begann vor zehn Jahren. Jetzt sollen Häuser in Sassendorf und Neu Wulmstorf entstehen.

Sassendorf/Neu Wulmstorf. Vieles haben die Landkreise Lüneburg und Harburg zu bieten. Nicht jedoch ein Melkhus. Was das ist? Hochdeutsch formuliert ist es eine Milchraststätte.

Bei einem offiziellen Melkhus handelt es sich um ein grün lackiertes Holzhaus mit rotem Ziegeldach, versehen mit dem Emblem "Melkhus". Inzwischen sind die Häuschen niedersachsenweit bekannt und von Fahrrad- wie Wandertouristen hoch geschätzt. Mittlerweile haben landesweit 75 Häuser dieser Art ihre Türen geöffnet und bieten neben regionalen Milchspezialitäten touristische Tipps für die Weiterfahrt und Informationen zur Milch- und Landwirtschaft.

Im nächsten Frühjahr möchte auch Wiebke Ahrens ein Melkhus eröffnen. Die Landfrau führt mit ihrer Familie in Sassendorf bei Hohnstorf einen Milchviehbetrieb. "Bei einem Glas frischer Milch, Milchmixgetränken, Quarkspeisen und anderen Milchspezialitäten, aber auch bei einem Kaffee, können Radler sich stärken und bekommen nebenbei Einblick in die heutige Landwirtschaft", sagt die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin und Mutter von vier Kindern. Im Melkhus ist Selbstbedienung angesagt. Gezahlt wird in eine Geldkassette. "Was wir anbieten, kostet zwischen einem und 2,50 Euro. Da ist für jeden etwas dabei. Auch für Familien mit Kindern", sagt Ahrens.

Ausgeschenkt wird im Übrigen nicht die Milch von den eigenen Kühen sondern Vorzugsmilch. Die Melkhüs in Niedersachsen sind in der Regel von April bis Ende September täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Allein auf landwirtschaftlichen Betrieben dürfen sie stehen. So bietet der Betrieb von einem Melkhus ein interessantes Betätigungsfeld neben der Landwirtschaft und ein zusätzliches Einkommen. Unterstützung erhält das Projekt von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft e.V. und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. In der Samtgemeinde Scharnebeck wird sich kommenden Dienstag der Ausschuss für Fremdenverkehr, Wirtschaft und Kultur mit dem Antrag von Ahrens auf Zuschuss für das geplante Bauvorhaben befassen. Abgestimmt wird über eine Unterstützung in Höhe von 2500 Euro. "Mindestens 30 000 Euro sind für ein Melkhus aufzubringen", so die Sassendorferin. Das Melkhus der Familie wird am viel befahrenen Elberadweg liegen. Dort befindet sich ebenfalls ihr Hof mit rund 40 Milchkühen.

Die geplante Raststätte befindet sich somit im sehr gut erschlossenen Biosphärenreservat der Niedersächsischen Elbtalaue. Dort gibt es auf Schritt und Tritt Natur pur und viele Anlaufpunkte in Fauna und Flora. "Das Projekt würde mit ganz großer Sicherheit sehr gut laufen", so Ahrens. "Es wäre eine Bereicherung für die Region an der Elbe und besonders für den ländlichen Raum, für den sich auch wir Landfrauen uns einsetzen." Mit ähnlichen Kosten rechnet Rebecca Peper aus Ardestorf in der Einheitsgemeinde Neu Wulmstorf. "Die Baugenehmigung hatten wir innerhalb von 14 Tagen", so die 30-Jährige. Ein Bauunternehmen wird die Fußbodenplatte und den Rohbau erstellen; Familie Peper in Eigenleistung den Innenausbau bewältigen. Je nach Bedarf kann die Größe der kleinen Häuschen variieren. Zehn bis 15 Personen soll das Haus in Ardestorf fassen. Hinzu kommt ein Unterstand für weitere Gäste oder Fahrräder sowie eine Toilette.

Mit Öffnung des Melkhus' öffnet die Familie auch ihren Hof mit Blick auf Kühe, Stallungen und Feldmark. Entstanden ist die Idee 2001. Landfrauen stellten sich die Frage, warum eines der wichtigsten Produkte der norddeutschen Landwirtschaftsbetriebe, die Milch, nicht auch am Ort ihrer Entstehung von Touristen verkostet werden können? Damit war die Idee der Melkhüs geboren. Der Landkreis Rotenburg-Wümme hat mit elf Melkhüs die meisten Milchraststätten in Niedersachsen zu bieten.