Im vierten Anlauf hat es für Martin Bruns endlich geklappt. Die Regeln für Werbung auf dem Umzug werden 2012 klarer definiert.

Lüneburg. Der Alltag macht auch vor einem Sülfmeister nicht Halt. Gestern Morgen hing Martin Bruns alias Martin I. an einem Strommast in Sachsen-Anhalt, spannte gemeinsam mit fünf Azubis Seile nach. Und das nach einem Wochenende fernab jeden Alltags. Wie der 35-Jährige im nächsten Jahr Familie, Job, Arbeit im Rat und Sülfmeister-Amt in 24-Stunden-Tage pressen will, weiß er noch nicht.

"Morgen muss ich erst mal mit der Marketing reden", kündigte der Ausbilder der E.on-Avacon gestern an. Denn dass er nächstes Wochenende in Bad Bevensen seinen ersten offiziellen Termin als Repräsentant Lüneburgs haben wird, weiß er bislang nur von den Moderatoren der Sülfmeister-Wettspiele. Was genau auf ihn zukommt - Martin Bruns hat im Prinzip keinen Schimmer. Eines aber ahnt er: "Es wird eine ganz besondere Amtszeit. Schließlich fallen die Hansetage hinein."

Neben Fahrrad- und Baustellenhelm hängt die nach historischem Vorbild genähte Samtmütze in seinem Büro, neben Monteursanzug und Warnweste der grüne Umhang: Nach dem Wahlkampf zur Kommunalwahl im September ist es ein Jahr im Ausnahmezustand, das vor Martin Bruns steht. Dem Vater zweier Kinder und Abgeordneten des Stadtrats ist wichtig, allen Aufgaben gerecht zu werden, "und mich dabei nicht verheizen zu lassen".

Das Azubi-Team für die nächsten Wettkämpfe will er auch als amtierender Sülfmeister coachen, sagte er: "Motivation aufzubauen und Teamgeist zu schärfen: Das mache ich gern. Eine engagierte Truppe ist die schönste Bestätigung für die eigene Arbeit. Und ohne das Team wäre ich nicht der, der ist jetzt bin."

Mussten die Lehrlinge der E.on-Avacon im ersten Jahr ihrer Teilnahme 2007 noch viel verbale Schelte von Zuschauern einstecken und sich als "Abzocker" beschimpfen lassen, hätten sich die Reaktionen des Publikums mittlerweile verändert, sind sich Bruns und sein Vorgesetzter Carsten Braumann einig. "Die Jungs haben von allen möglichen Menschen Glückwünsche erhalten", erzählte der Leiter des Bereichs Ausbildung von Festumzug am Montag. Insofern sei die Teilnahme an den Sülfmeistertagen auch eine Möglichkeit für das Unternehmen, sein Image zu verbessern. Denn dass die Abteilung Ausbildung mit dem Bereich Vertrieb - Stichwort Ärger um Abrechnungen und Abbuchungen - nichts zu tun haben, lasse sich öffentlich ohnehin nicht vermitteln.

+++ Zu Besuch bei den ewigen Zweiten +++

Zur Belohnung für den Sieg gibt der Chef seinen Lehrlingen einen Tag frei - "schließlich machen sie alle das freiwillig und in ihrer Freizeit". Eine Einladung zum Essen werde es sicher auch noch geben - und was sonst noch kommt aus der Konzernzentrale, wisse er noch nicht. Auch die Frage, ob der Vorstand den Angestellten Martin I. für seine Verpflichtungen als Sülfmeister freistellt, sei noch nicht geklärt. "So etwas hatten wir schließlich noch nie."

Erleichtert und glücklich seien die 17 Azubis am Montagabend gewesen, sagt ihr Chef Carsten Braumann. "Und natürlich stolz." Er selbst ist das auch auf seine Jungs - nach vier Jahren "hoffen und bangen", vier zweiten Plätzen und die Steigerung von drei Sekunden Rückstand bis zum Patt im vergangenen Jahr. "Martin Bruns hat es immer wieder geschafft, aus der ersten Enttäuschung nach dem Finale das Gefühl zu machen, dass schon die Teilnahme am Finale ein Erfolg ist", sagt Carsten Braumann.

Dass der Ausbilder den ersten Sülfmeister der Azubi-Mannschaft macht, steht schon seit dem ersten Start im Jahr 2007 fest. Und Martin Bruns ist froh, ein Sülfmeister der Neuzeit sein zu können - und kein echter. "Ob ich lieber Repräsentant bin oder der, der mit Recht einen an der Pfanne hat?", antwortet er lachend auf die Frage, ob er lieber echter oder verkleideter Sülfmeister wäre, wenn er wählen könnte. "Nein, ich lebe gerne in unserer heutigen Zeit."

Eins noch zum Schluss: Dass das Autohaus "Plaschka" beim Umzug Werbezettel an die Zuschauer verteilt hat, ist auch den Organisatoren ein Dorn im Auge gewesen. Stefan Pruschwitz, Leiter der Marketing GmbH, sagte auf Nachfrage: "Dass das nicht geht, wird nächstes Jahr in den Regeln festgehalten. Es ist allerdings auch kein historischer Umzug, eine gewisse Werbung wird es immer geben."