“Attraktiver Lebensraum“ in der Stadtmitte erschöpft sich für die Künstler-Initiative KIS nicht in endlosen Ladenzeilen

Lüneburg. Sie wollen der freien Kunstszene in Lüneburg ein Zuhause geben und einen Ort schaffen für Begegnungen - so definiert die Initiative KIS (Kunst und Kultur sucht Innenstadt) unter der Leitung von Kurt Bader, Jan Balyon und Dilli Dillmann ihr grundsätzliches Anliegen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die zukünftige Nutzung der alten Musikschule An der Münze. Mit einem Kultur- und Kunstmarkt im Hof der Musikschule wollen die Initiatoren am kommenden Sonnabend, 27. August, erneut für ihre Ideen werben. "Auch wenn die Stadt bisher kaum reagiert hat und das Gebäude weiter für Luxuswohnung nutzen will", sagt Kurt Bader.

Geht es nach KIS, wird es in Zukunft Ateliers und Ausstellungsräume An der Münze geben, Räume für örtliche Handwerker, ein Restaurant und ein Kunsthotel sowie soziale Angebote. "Wir wünschen uns einen Ort, an dem alle Menschen dieser Stadt und ihre Besucher die Möglichkeit für lebendige Begegnungen haben", sagt der Künstler Jan Balyon.

Durch seine Kritik, mittels Ansiedlung immer neuer Einzelhändler, von denen viele Filialisten sind, einzig die kommerzielle Funktion des "Kaufhauses Lüneburg" zu stärken, hat KIS die Debatte um Funktion und Gestaltung der Lüneburger Innenstadt neu belebt.

"Die Stadt bietet der freien Kunstszene an, künftig die Alte Bäckerei in der ehemaligen Standortverwaltung am Meisterweg zum Kunstzentrum auszubauen. Doch wirklich im Zentrum der Stadt liegt die Alte Bäckerei nicht", sagt Michèl Pauly, Stadtratskandidat der Linken, "wir möchten nicht, dass immer mehr soziale und kulturelle Initiativen an den Stadtrand gedrängt werden." Die Innenstadt veröde, sollte dort nur noch Kommerz stattfinden.

Als bisher einzige Partei haben die Linken die Einrichtung einer sozialen Begegnungs- und Kulturstätte in der Innenstadt in ihr Kommunalwahlkampfprogramm aufgenommen. Die anderen Parteien setzen nach wie vor auf die Alte Bäckerei als Kulturzentrum. "Ohne den Verkauf der alten Musikschule kann man die neue Musikschule nicht bauen", argumentiert Ulrich Völker, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Ratsfraktion. Aus seiner Sicht wird der Erlös aus dem Verkauf des Gebäudes An der Münze gebraucht, um das Schulzentrum an der Sülztorstraße zu finanzieren.

Auch Curt Pomp vom Arbeitskreis Lüneburger Altstadt e.V. befürchtet, dass die Verlagerung der Musikschule einen großen Verlust für die Innenstadt bedeutet: "Lüneburgs Geschäftsstraßen sind abends tot, weil kaum noch Menschen in der Innenstadt wohnen. Sie wurden genauso verdrängt wie die kleinen Fachgeschäfte." Zudem sei die Jungendmusikschule Teil einer Reihe von wichtigen Baudenkmälern.

"Ganz ehrlich, die eifrigen kleinen und größeren Musikschüler mit ihren Instrumenten beleben die Gegend auf eine höchst angenehme, urbane Weise", sagt Pomp. Jeder Passant freue sich über die fröhliche musikalische Betriebsamkeit in diesem Haus. Neue Luxuswohnungen würden die "innerstädtische Öde" hingegen nur vertiefen.

Für Pomp entwickelt sich die Innenstadt durch die Kommunalpolitik in die falsche Richtung: "Gegenwärtig wird schon wieder ein ganzer Straßenblock der Innenstadt noch einmal zerstört, nur weil Banken und Kaufhäuser sich wieder einmal verändern wollen und sich von einem Umzug noch ein wenig mehr Profit versprechen."

So würden zwar die Bausünden der 1960er-Jahre beseitigt, aber durch neue ersetzt. "Lüneburgs stolze Fassaden sind dort allenfalls Kulissen, dahinter ist nur noch Beton", meint Pomp. Das Rathaus habe die Planungshoheit und das Instrumentarium, die Stadtentwicklung zu steuern. Werde dort aber nur nach Gutsherrenart verfahren, könne das zum Nachteil für alle Bürger werden, wenn die Anziehungskraft Lüneburgs nachlasse.

Wie attraktiv und lebendig Kultur die Innenstadt machen kann, will die Initiative KIS am nächsten Sonnabend noch einmal zeigen. Von 10 bis 18 Uhr treten im Hof der Musikschule Bands auf, es gibt ein Kinderprogramm und Kunstwerke aller Art, die gemeinsam hergestellt und ausgestellt werden. "Auch spontan interessierte Aussteller sind willkommen", sagt Kurt Bader.

Der Aufbau der Stände im Hof der Musikschule ist ab 8 Uhr möglich. Ein Standgeld wird nicht erhoben, KIS ist aber für jede Spende dankbar. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.

Kontakt per Mail: bader@leuphana.de