27 Biogasanlagen stehen derzeit allein im Kreis Lüneburg. Weitere fünf sind beantragt. Die Gegner kritisieren die Mais-Monokulturen.

Lüneburg. Der Markt mit Biogasanlagen in Niedersachsen boomt wie auch der Anbau von Mais. Die Kulturpflanze bedeckt mittlerweile ein Drittel der Ackerfläche in Niedersachsen. Das ist mehr als in jedem anderen Bundesland.

Die Entwicklung hin zu immer mehr Biogasanlagen scheint auch im Landkreis Lüneburg unabwendbar. "Im Landkreis haben wir derzeit 27 Biogasanlagen, eine weitere steht vor der Genehmigung", sagt Wulf-Rüdiger Hahn vom Fachdienst Umwelt, Abfallwirtschaft und Immissionsschutz des Landkreises. Weitere vier Anträge liegen dem Amt zur Prüfung vor. Seit 2003 hat der Maisanteil in der Fruchtfolge um acht Prozent zugenommen.

Im Nachbarkreis Harburg arbeiten 14 Anlagen (sieben weitere stehen vor der Genehmigung), in Uelzen 27, Stade 37, Lüchow-Dannenberg 29, Soltau-Fallingbostel 68, Rotenburg-Wümme 129. Auffällig ist die Steigerungsrate im östlichen Niedersachsen.

Nach de vorläufigen Ernteberichten des Landesbetriebes für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) hat der Maisanbau 2011 mit 83 000 Hektar abermals sehr stark zugenommen und eine Anbaufläche von jetzt über 615 000 Hektar erreicht (2003 waren es noch 327 000 Hektar/Zahlen Statisches Bundesamt). Das ist mehr Mais als in jedem anderen Bundesland.

Der derzeitige Boom bei Biogasanlagen ist laut Jens Wischmann vor allem auf die Novellierung des Gesetzes über Erneuerbare Energien (EEG) im Jahr 2004 ausgelöst worden. Sie garantiert für die nächsten zwanzig Jahre die Abnahme für den erzeugten Strom und gibt den Bauern Investitionssicherheit. "Der Zusatzverdienst tut vor allen Dingen dann gut, wenn die Getreidepreise im Keller sind", sagt Wischmann, Vorsitzender des Bauernverbandes Nordostniedersachsen e.V.

2010 gab es in Deutschland bereits über 5000 Biogasanlagen, Tendenz steigend. Für viele Landwirte ist die Stromerzeugung nicht mehr nur ein zweites Standbein, sie haben sich zu Energiewirten entwickelt. Verbände wie der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) bemängeln jedoch, der Anbau von Mais für Biogas dürfe nicht lukrativer sein als der Anbau von Futtermitteln.

Mittlerweile steht auch ein Großteil der Bevölkerung den Biogasanlagen skeptisch gegenüber. Im vergangenen Jahr hagelte es sowohl in Mechtersen als auch in Wittorf Proteste. Viele der Proteste verhallen, da der Gesetzgeber kleinere Anlagen im Außenbereich mit einer Leistung von 0,5 Megawatt als privilegiert zulässig einstuft.

Auch Landwirt Wischmann aus Amelinghausen betreibt gemeinsam mit einem Partner eine Biogasanlage. Der eingeleitete Strom versorgt 13 000 Menschen: "Die Anlage ist ein kleines Kraftwerk mit vier verschiedenen Standorten im Landkreis. Mit der Abwärme werden ein Hotelbetrieb und Seminarräume sowie Ställe und zahlreiche Wohnhäuser geheizt."

Gegenüber dem Maisanbau nimmt der Getreideanbau weiter ab. Niedersachsenweit unterschreitet er mit nur noch 786 000 Hektar erstmals die Marke von 800 000 Hektar. "Das ist ein historischer Tiefstand", heißt es in der aktuellen Pressemitteilung der Landwirtschaftskammer Hannover.

Eckehard Niemann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, äußert sich positiv zu Biogasanlagen in der Größenordnung bis 75 Kilowatt. "Das sind Anlage von Betrieben mit 70 bis 80 Kühen. Die verwerten eigene Gülle und nutzen zudem die Reststoffe. Eine tolle Sache, die auch Förderung durch das Landwirtschaftsministerium von Ilse Aigner erfährt."

Negativ beurteilt er die Entstehung von "Megaanlagen". Eine solche Anlage mit einer Größe von 2,6 Megawatt wird in Dachau entstehen.

Die Nabu-Kreisgruppe Uelzen beklagt, dass ohne Rücksicht auf die Zukunft die Umwelt immer mehr für einen kurzfristigen Nutzen ausgebeutet werde. Das gelte insbesondere für Biogasanlagen, die vor allem mit Mais beschickt werden oder für überdimensionale Mastställe mit einer Flut von Gülle und Bergen von Kot.

Kritisch äußert sich der Niedersächsische Heimatbund (NHB) über die weitere Zunahme von Mais-Monokulturen zur Energiegewinnung. Im Landkreis Rotheburg werde auf mehr als der Hälfte der Ackerflächen Mais angebaut, heißt es in der "Roten Mappe" der NHB.

Stromerzeugung sei zwar positiv zu bewerten und Niedersachsen dabei bundesweit Spitze. Negative Folgen der Mais-Monokulturen indes seien Bodenerosion und Grundwasserbelastung durch Nährstoff- und Pestizideinträge. "Hinzu kommt eine Verringerung der biologischen Vielfalt und negative Veränderung des Landschaftsbildes", heißt es in der "Roten Mappe" der Naturschützer weiter.