Um dem Rückgang von fast 90 Prozent in den vergangenen 30 Jahren entgegenzuwirken, wurden gestern 135 000 Jungaale in die Elbe gesetzt

Bleckede. Elbfischer Eckhard Panz ist froh über den Atomausstieg. Er freut sich, dass das Kernkraftwerk Krümmel nicht wieder ans Netz geht, weil er somit einen gefräßigen Konkurrenten verliert. Mit dem Kühlwasser für den Reaktor seien jährlich 30 Tonnen Fisch aus der Elbe gesogen worden, so der Hohnstorfer.

Der Berufsfischer holt im Vergleich nur ein bis zwei Tonnen im Jahr aus dem Fluss. Das Atomkraftwerk schmälerte seinen Fang. Panz zufolge wurden die Fische, die sich der Meiler angelte, früher als Sondermüll entsorgt. Heute werden sie in Biogasanlagen verarbeitet. Darunter sind viele Aale, von denen es immer weniger in der Elbe gibt.

Um dem Rückgang von fast 90 Prozent in den vergangenen 30 Jahren entgegenzuwirken, wurden gestern 135 000 Jungaale im niedersächsischen Abschnitt zwischen Schnackenburg und Landesgrenze Hamburg in die Elbe und ihre Altarme gesetzt. Die Landwirtschaftskammer koordinierte den Besatz. Die Fische kamen als 950 Kilogramm schwere Fracht von einer Aalfarm in Cloppenburg.

Berufsfischer und Angler von der Gemeinschaftsinitiative Elbefischerei nahmen die kleinen Aale am Fähranleger Bleckede entgegen, die jeweils nicht mehr als sieben Gramm wogen. Sie brachten die Fische an verschiedene Uferstellen, um sie dort in die Freiheit zu entlassen.

Die Initiative ist der größte freiwillige Zusammenschluss von Fischern, Anglern und Fischereirechteinhaber in Niedersachsen. Die Mitglieder setzen sich für den Wiederaufbau eines stabilen Aalbestandes in der Elbe ein, und finanzierten die 55 000 Euro teure Besatzaktion mit. Weitere Geldgeber waren die Initiative zur Förderung des europäischen Aals, die EU und das Land Niedersachsen.

Auch im Einzugsgebiet der Elbe in den Nachbarländern gibt es Besatzaktionen. "Sie sind wichtig, auch wenn sie viel Geduld erfordern, weil die Erfolge langwierig sind. Bisher gibt es noch keine positiven Auswirkungen", sagt Panz.

Der Aal sei zwar noch keine Rarität in der Elbe. Doch der Fang sei in diesem Jahr bescheiden. Ganz zu schweigen vom vorigen. Das sei das schlechteste in den vergangenen zehn Jahren gewesen. "Die Aale verhalten sich anders als früher. Sie fressen nicht, fahren ihren Stoffwechsel herunter, dümpeln im Wasser am Boden herum, sodass sie nicht zu fangen sind." Über die Gründe kann er nur spekulieren: "Vielleicht ist ihnen das Wasser zu kalt."

Auch die Experten rätseln über den dramatischen Einbruch beim Bestand. Klar ist nur, dass ein ganzes Bündel an Ursachen schuld ist. Dazu gehören unter anderem Parasitenbefall, Abfischen der jungen Glasaale in Ländern wie Spanien und Portugal und der Tod an flussnahen Kraftwerken. Die EU will den Aal schützen und fordert Taten.

Eine Maßnahme ist die neue Fischaufstiegshilfe am Wehr Geesthacht. "Wir sind gespannt, ob mehr Aale bis zu uns durchkommen auf ihrem Rückweg von den Laichgebieten", so Lutz Röding, Vorsitzender des Bleckeder Angelsportvereins. Er und seine Vereinskameraden setzten 65 Kilogramm Jungaale am Sportboothafen, in Alt Garge, Walmsburg, Neu Darchau und dem Altarm bei Heisterbusch aus.

Die Petrijünger holten sich Hilfe von den Brandschützern. Mit dem Feuerwehrboot ging es raus auf die Elbe. Angler Richard Kruse zeigte Feuerwehrmann Michael Warner, wo er die Jungaale aus einem Bottich ins Wasser schütten soll. ,,Wir setzen sie an Stellen aus, an denen sie einigermaßen sicher vor Kormoranen sind, die Jungaale reichlich fischen", so Kruse.

Fischer Panz nahm 90 Kilogramm mit. Ein Schwung ging nach Tespe. Die Jungaale tauchten dort gegenüber dem Meiler Krümmel in die Freiheit ab.