Von 20 Kameras zur Entdeckung von Waldbränden sind erst acht in Betrieb. Digitalfunk fehlt

Lüneburg. Eigentlich sollten die sechzehn Feuerwachtürme im Landkreis in diesem Jahr nicht mehr besetzt werden. Statt schwitzender Förster, die in der Mittagshitze Ausschau nach Waldbränden halten, sollte das automatisierte Waldbrand-Früherkennungssystem (AWFS) zum Einsatz kommen. Doch aufgrund des schlechten Digitalfunknetzes senden erst acht der zwanzig Kameras ihre Bilder in die Zentrale nach Lüneburg.

Niedersachsen ist eines der Bundesländer mit der höchsten Waldbrandgefahr, es liegt also nahe, das weltweit modernste Früherkennungssystem einzusetzen. 20 rotierende Kameras an 17 Standorten sollen 320 000 Hektar Wald nach Brandherden absuchen. Die Graustufenbilder laufen in Lüneburg zusammen, ein automatisches System wertet sie aus. Wenn es Alarm schlägt, überprüfen 15 Angestellte der Niedersächsischen Forstämter in drei Schichten, ob es sich um eine Rauchsäule handelt. "Der Mensch wird noch benötigt, denn das System erkennt auch Feldberegnungsanlagen, die Luftverwirbelungen von Windkraftanlagen oder Staubaufwirbelungen als Rauch", sagt Helmut Beuke vom Niedersächsischem Forstamt Oerrel, der das Projekt leitet.

Das neue System sei schneller und günstiger. Die Förster müssten außerdem in der Mittagshitze nicht mehr auf die, inzwischen maroden, Feuerwachtürme steigen. "Das können nur Jüngere, außerdem ist der Mensch auch immer eine Fehlerquelle", sagt Beuke. Wegen der Taubildung sollten die Kameras zwischen 10 und 19 Uhr im Einsatz sein. So weit die Theorie.

Tatsächlich sind bisher acht Kameras an fünf Standorten in Betrieb, für das Gebiet um Lüneburg sendet bisher nur eine Kamera in Bienenbüttel ihre Bilder. "Bis auf eine Kamera in Kirchgellersen sind alle montiert", sagt Beuke, "dort warten wir noch auf den Stahl, um die Kamera aufzustellen." In der übernächsten Woche soll die Kamera ans Netz gehen. Bei allen anderen Standorten, ist ein anderes Problem aufgetaucht: "In Neetze warten wir auf den Digitalfunk", sagt Beuke.

In Brandenburg gibt es das System seit 2006, dort nutzt man statt eines Funknetzes Telefonleitungen. "Die sind allerdings sehr störanfällig und wenig leistungsfähig", sagt Beuke, darum habe man sich in Niedersachsen für den Digitalfunk entschieden. Bis August soll der Polizeifunk digitalisiert werden, dann soll das Netz in Niedersachsen flächendeckend vorhanden sein. "Das wird nicht zu leisten sein", sagt Beuke, "denn hier treffen viele Verzögerungsfaktoren zusammen." Bis dahin werde eine Richtfunkverbindung zu einem Digitalfunkturm erstellt, der die Daten in die Zentrale nach Lüneburg übermittele. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, alle Kameras funktionsfähig zu machen", sagt Beuke.

"Die Waldbrandgefahr steigt weiter", sagt Kreisbrandmeister Torsten Hensel. Zurzeit seien im Landkreis Lüneburg die höchsten Alarmstufen vier und fünf ausgerufen. Auch nach Gewitterschauen, wie sie am Wochenende zu erwarten sind und bei Bewölkung trockneten die Wälder weiter aus. "Die warmen Winde holen die Feuchtigkeit wieder aus dem Wald", sagt Hensel. Besonders gefährdet seien harzhaltige Nadelgehölze wie Kiefern. "Wir sind allerdings in der Forstwirtschaft viel weiter als beim Feuer 1975", sagt der Kreisbrandmeister. Monokulturen seien beispielsweise durch Traubenkirschen aufgelockert, trotzdem seien die Möglichkeiten eingeschränkt: "Das Problem ist der Sandboden in er Heide. Hier wachsen Nadelgehölze am besten."

In den wenigsten Fällen seien die Feuer durch einen glimmenden Zigarettenrest oder ein Auto mit heißem Katalysator ausgelöst. "Die meisten Feuer sind mitten im Wald, die werden bewusst gelegt", sagt Hensel. An Stellen ohne Löschteiche oder andere Wasserquellen, wurden Löschwasserbehälter mit bis zu 3000 Liter Fassungsvermögen vergraben. Auf diese Weise und durch 150 Prozent Personal bei den freiwilligen Feuerwehren, soll ein Feuer wie in den 70er Jahren verhindert werden. "Wenn das Kamerasystem läuft, haben wir zusammen mit dem Feuerwehrflugzeug ein optimales System", sagt Hensel.

Allein der Aufbau des Kamerasystems hat 2,3 Millionen Euro gekostet, 80 Prozent hat die Europäische Union gestemmt, den Rest die Forstämter bezahlt. "Je nach Sommer kostet das System 120 000 bis 180 000 Euro im Jahr", sagt Helmut Beuke. Die laufenden Kosten sollen die großen Waldeigentümer, der Bund, das Land Niedersachsen, aber auch große Privateigentümer bezahlen. "Die Kameras sind ein großer Schritt in die richtige Richtung, darum arbeiten wir mit den Forstämtern zusammen", sagt Ralf Abbas, Förster bei einem der größten privaten Waldbesitzer, Graf Andreas von Bernstorff, in Gartow. Beim Feuer 1975 wurden 600 der 6000 Hektar Wald vernichtet. Constantin von Waldthausen, Forstdirektor beim Klosterforstamt Soltau, sagt: "Prävention kostet immer Geld. Aber besser jetzt zahlen als später irreparable Schäden zu haben."

Bis alle Kameras ihre Bilder nach Lüneburg senden, sieht die Prävention aber noch aus wie vor 30 Jahren: "Die Förster sind in den gefährdeten Wäldern zu Fuß unterwegs, der Feuerwachturm in Munster ist besetzt, ebenso der bei Ehlbeck.