Hannover bietet eine Million Euro zusätzlich an. Landkreis hat mehr erwartet. Erster Kreisrat wirft Landesregierung Desinteresse vor

Lüneburg. Ernüchterung bei Lüneburgs Erstem Kreisrat Jürgen Krumböhmer. Grund ist ein Schreiben aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium. Darin wird dem Landkreis Lüneburg für den Bau der Elbbrücke von Neu Darchau nach Darchau zwar eine Million Euro zusätzlich angeboten. Allerdings nur, "wenn wir im Gegenzug ein für allemal darauf verzichten, vom Land weitere Kosten einzufordern", sagt Krumböhmer. Das bedeute, Hannover wolle sich zu keinem Zeitpunkt an den Unterhaltungskosten für die Elbquerung beteiligen und das schwer zu kalkulierende Risiko bei den Baukosten trage allein der Kreis.

Nach jetzigem Stand liegen die Projektkosten bei 45 Millionen Euro. Der Landkreis beteiligt sich mit acht Millionen Euro, der Nachbarkreis Lüchow-Dannenberg mit 700 000 Euro. Der Rest entfällt auf EU, Bund und Land.

"Ob die Baukosten nicht eines Tages doch steigen werden, kann niemand seriös vorhersagen", so der Erste Kreisrat. Denn große Unbekannte seien der immer wieder schwankende Weltmarktpreis für Stahl und unvorhersehbare Probleme beim Brückenbau selbst: "Wenn sich etwa während der Bauphase herausstellen sollte, dass mehr Material benötigt wird als angenommen, weil der Untergrund die Brücke nicht trägt."

Dass Krumböhmers Sorge nicht von der Hand zu weisen ist, hat schon der Deichbau im Bleckeder Ortsteil Alt Wendischthun gezeigt. Der Untergrund an der Elbe war dermaßen weich, dass er aufwendig stabilisiert werden musste. Das hatte zur Folge, dass der Deich statt der geplanten 2,4 Millionen Euro am Ende sechs Millionen Euro kostete.

Die dürftige Finanzhilfe aus Hannover hinterlässt im Lüneburger Kreishaus einen faden Beigeschmack. "Wir hatten mehr erwartet", gibt der Erste Kreisrat zu. Denn bei der Finanzierung des Brückenbaus klafft noch ohne den Beitrag des Landes ein Loch von zwei Millionen Euro. ,,Die Nachricht aus dem Wirtschaftsministerium ist daher wenig hilfreich", so Krumböhmer.

Zumal er Ministerpräsident David McAllister (CDU) bei dessen Besuch in Darchau im vergangenen September anders verstanden habe, als dieser versprach, das Land werde dem Kreis bei dem Vorhaben helfen (Rundschau berichtete). McAllister sagte damals bei einer Diskussionsrunde im Café von Rautenkranz in Darchau: "Das Land steht zu seiner Zusage, dass die Brücke gebaut wird und ich möchte sie noch in meiner Amtszeit einweihen." Er hatte zudem an den Landkreis appelliert, den Bau voranzutreiben. Zumal das Land bereits unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) 1,3 Millionen Euro zugesagt hatte.

"Die öffentlichen Auftritte des Ministerpräsidenten sind fulminanter als die Finanzzusagen. Versprechen und Angebot passen nicht zusammen", kritisiert Krumböhmer die Landesregierung und deren Chef. Das Land wolle sich aus der Verantwortung stehlen und sich freikaufen: "Es besteht kein echtes Interesse an dem Projekt. Wir sollen deshalb abgewimmelt werden."

Wie das Angebot aus Hannover zu bewerten ist und welche Folgen es für den Brückenbau und den Landkreis haben wird, darüber beraten zurzeit die Kreistagsfraktionen: "Die Gespräche und die Ergebnisse daraus müssen wir abwarten. Erst dann wissen wir, wie wir die Situation bewerten müssen."

Vorangekommen sind derweil die Gutachter. Die Nutzwertanalyse des Verkehrsgutachters besagt, dass der geplante Trassenverlauf zwischen Katemin und Neu Darchau aus verkehrstechnischer Sicht der Beste ist. Noch nicht fertig sind hingegen die Gutachten über die Auswirkungen der Brücke auf die regionale Wirtschaft und den Städtebau in Neu Darchau. Bei letzterem schwebt dem Ersten Kreisrat vor, die Bürger und Kommunalpolitiker in kleinen Gesprächsrunden zu beteiligen, Ideen, Anregungen und Wünsche zu sammeln: "Weil die Planungshoheit im Städtebau beim Gemeinderat liegt."

Kommen die beiden ausstehenden Gutachten zu positiven Ergebnissen, stehe der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens nichts mehr im Weg. Das sagte Krumböhmer kürzlich gegenüber dem Förderkreis Elbbrücke Darchau/Neu Darchau bei einer Sitzung in Göddingen. Noch dieses Jahr sollen die fehlenden Untersuchungen vorliegen.

Die Gutachten zur regional wirtschaftlichen Bedeutung der Brücke wird der Förderkreis mit eigenen Beiträgen bereichern, kündigt die Initiative an. Besonderes Augenmerk solle darauf gelegt werden, Politiker immer wieder an ihre Zusagen zu erinnern und die Bedeutung der Brücke für die Zukunft der Region hervorzuheben, so der Förderkreis, der vor zwei Jahren 10 000 Unterschriften für die Elbquerung gesammelt hatte.