Der Verkehrsfunk warnt vor Sandstürmen zwischen Barum und Brietlingen. Ursachen: Trockenheit und intensive Landwirtschaft

Barum. "Sandstürme zwischen Barum und Brietlingen sowie rund um Bardowick. Bitte fahren Sie vorsichtig." Damit warnte am Dienstag Radio Hamburg die Autofahrer. Wenige Tage vorher war es auf der Autobahn 19 bei Rostock zu einer Massenkarambolage gekommen, die acht Menschen das Leben kostete.

Solche Unfälle schließen die Fachleute für den Landkreis Lüneburg aus, doch Sturmböen um die 100 Stundenkilometer fegen auch hier staubtrockenen, sandhaltigen Ackerboden über die Landstraßen. Von einem Augenblick zum nächsten ist die Sicht vernebelt und höchst Vorsicht geboten. Einen nicht unerheblichen Anteil an der Situation trägt das Wetter.

"Lüneburg erlebte den sonnigsten März seit 1953. 65 bis 70 Prozent länger als gewöhnlich strahlte die Sonne in Stadt und Land, während die Niederschläge im Kreisgebiet bei extrem mageren zwölf (Amelinghausen) bis 14 Litern (Elbniederung), beziehungsweise 20 bis 30 Prozent des Monatssolls hängen blieben", sagt Reinhard Zakrzewski aus Deutsch Evern. Der Meteorologe sieht die globale Erwärmung als Ursache für vermehrt gefährliche Ausnahme-Wetterlagen: "Hitze- und Kältewellen wie auch außergewöhnliche Trockenheit werden häufiger." Ein kräftiger Landregen könnte die Situation entspannen, doch der ist nicht in Sicht.

Gegen die Abnormitäten des Klimawandels ist nicht jeder Acker gewappnet. Zurzeit pflanzen die Landwirte Kartoffeln und drillen Zuckerrüben. Noch hat kein grüner Trieb die Oberfläche durchbrochen. "Die oftmals für den Landkreis typisch sandigen Böden sind nackt und stark ausgetrocknet", sagt Agrar-Ingenieur Hinrich Hüwing von der Bezirksstelle Uelzen der Landwirtschaftskammer Hannover. Fegt dann ein starker Wind über das Feld, wirbelt er die feine Bodenstruktur auf und treibt sie vor sich her.

Auch das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft widmet sich der Problematik: Auf seiner Interseite heißt es: "Potenziell winderosionsgefährdet sind in Niedersachsen vor allem die leichten und trockenen Sandböden der Geestlandschaften und die ackerbaulich genutzten Moorböden. Etwa 46 Prozent der niedersächsischen Ackerfläche sind aufgrund der Bodenart und des Humusgehaltes hoch bis sehr hoch gefährdet."

Als regionaler Schwerpunkt dafür sind deutlich Gebiete im Westen Niedersachsens zu erkennen. Vor allem dort, wo in Regionen mit intensiver Viehhaltung viel Mais auf Sandböden angebaut wird. Ebenso betroffen sind die leichten Sandböden unter Kartoffelanbau in Ost-Niedersachsen.

Gegen die Erosion lässt sich etwas tun. Die seit Anfang dieses Jahres geltende Erosionsschutzverordnung sieht Auflagen für leichte Böden vor, wie sie im Landkreis vorzufinden sind. Sie sind in Winderosionsgefährdungsklassen eingeteilt. Je nach Grad der Gefährdung dürfen die Äcker nur zu bestimmen Zeiten gepflügt werden. Außerdem müssen Windhindernisse wie Hecken oder Bäume als Windbrecher gepflanzt werde. "Fakt ist, dass die Landwirte seit etwa 20 Jahren darauf achten und vermehrt Hecken und Baumreihen anlegen", so Hüwing.

Eckehard Niemann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. im Landesverband Niedersachsen, beobachtet seit Jahren dagegen eine zunehmende Ausräumung der Landschaft: "Hecken und Feldgehölze verschwinden." Darüber hinaus habe der Zustand der Böden durch die intensive Landwirtschaft gelitten. Vom Idealzustand eines Bodens, der krümelig, gut durchlüftet, aber auch ausreichend feucht, nährstoffreich und leicht durchwurzelbar sein sollte, seien viele Äcker weit entfernt.

Eine falsche Behandlung durch unsachgemäße Düngung oder eine einseitige Fruchtfolge verändert die Ackerböden. Die gewünschte feste Krümelung geht verloren. Der Boden wird durchlässig und bindet weniger Wasser. "Das Hauptmerkmal eines guten Bodens liegt nicht in den reichlichen Düngerzugaben in Form von Kunstdüngern, sondern in einer guten biologischen Aktivität", sagt der Agrar-Ingenieur.

"Leider ist es durch die intensive Nutzung unserer Böden fast unmöglich geworden, ein intaktes Bodenleben aufrecht zu erhalten."