Das Gebäude am Bardowicker Dom hat eine wechselvolle Geschichte und wird nun von der Klosterkammer übernommen und saniert.

Bardowick. Die Klosterkammer Hannover will ein Stück Bardowicker Geschichte kaufen. Der Übernahmevertrag für das leerstehende Gebäude Hinterm Dom 2, das direkt an das mächtige Gotteshaus grenzt, und in dem zuletzt die Kämmerei der Samtgemeinde Bardowick untergebracht war, ist aufgesetzt. Dieter Schulz, Leiter des Klosterrentamtes Lüneburg, der Immobilien- und Grundstücksverwaltung der Kammer, bestätigt die Kaufabsicht für das geschichtsträchtige und jahrhundertealte Gemäuer, das früher unter anderem vom Domkantor bewohnt wurde. "Ich hoffe, dass der Vertrag bald zum Abschluss kommt", sagt er.

Besitzer ist der Flecken Bardowick. Zur Kaufsumme sagt Schmidt nichts. Nach Rundschau-Informationen liegt sie bei 700 000 Euro. Pläne, wie das Haus später einmal genutzt werden soll, gibt es laut Schmidt bisher noch nicht. "Es ist zwar ungewöhnlich, dass erst ein Gebäude gekauft wird, bevor es Pläne dafür gibt. Doch uns gehört der Dom und deshalb wollen wir das Gebäude-Ensemble um ihn herum für die Zukunft sichern. Das Haus steht an einer exponierten Stelle und hat einen wunderschönen Garten", sagt er.

Der Sanierungsbedarf sei groß, räumt der Leiter des Klosterrentamtes ein. "Die Umbaupläne reifen noch in diesem Jahr heran", so Schmidt. Die Architektur des Gebäudes und das äußere Erscheinungsbild seien jedoch gut erhalten. "Das wollen wir bewahren."

Eine mögliche Option für eine künftige Nutzung sei, dass die Bardowicker Kirchengemeinde den schlichten Ziegelbau für sich nutzt. "Das muss aber noch im einzelnen geklärt werden." Ein andere sei, es zu vermieten. "Das Gebäude ist als Wohnung geeignet, aber auch eine Arztpraxis, eine Rechtsanwaltskanzlei oder ein Architektenbüro sind wäre vorstellbar."

Die Kirche erwirbt einen Teil ihrer eigenen Geschichte zurück. Denn das Haus hat eine bewegte, untrennbar mit dem Dom verknüpfte Vergangenheit. Ursula Schwanitz-Roth, Archivarin der Samtgemeinde Bardowick, sagt, das Haus gehörte unabhängig vom Eigentümer seit jeher zum Dom. "Der ältere Teil des Gebäudes wurde vermutlich bereits im 17. Jahrhundert gebaut", sagt sie. Ein Anbau für eine Schule stamme wohl aus dem 19. Jahrhundert. "Es ist schwierig, die Geschichte des Hauses zu datieren, weil es kaum Quellen gibt."

So ist nicht zu klären, wann der Flecken Besitzer wurde. "1964 war er es bereits. Das geht aus einer Akte hervor, die Auskunft über einen Vermögensstreit zwischen Kirche und politischer Gemeinde gibt, der schon seit 1923 schwelte." Zudem lagen Kirche und Gemeinde beim Unterhalt des Gebäudes lange über Kreuz.

In jedem Fall steht fest, dass das Gebäude ein Stück ursprünglicher Geschichte Bardowicks ist. "Noch im 17. und 18. Jahrhundert gab es eine Domimmunität. Das Domumfeld war durch eine Schranke vom restlichen Ort abgeriegelt. Und zu diesem Bereich gehörte damals auch das Kantorenhaus." Der Dom war seinerzeit ein Stift, und die Kirchenmitarbeiter waren nicht dem Ortsrecht unterworfen. "Es galt für sie nur das Kirchenrecht. Der Dom war somit ein Ort im Ort", sagt Ursula Schwanitz-Roth. Es gab sogenannte Domherrenhäuser, in denen die Stiftsangehörigen wohnten, und die zum Dom-Ensemble gehörten wie auch das Kantorenhaus und die Domherrenscheune, in der heute Mädchen und Jungen einer Kinderkrippe betreut werden.

Von den einst zahlreichen Domherrenhäusern, die auch fernab des Gotteshauses in Bardowick zu finden waren, steht nur noch eines direkt am Dom. Es drohte nach langem Leerstand völlig zu verfallen, war ein Schandfleck, bevor es 2004 zu einem Schmuckstück umgebaut wurde.

Das Kantorenhaus hat eine wechselvolle Vergangenheit hinter sich. "Weil die Kirche früher auch für den Unterricht im Ort zuständig war, war der Kantor gleichzeitig auch Lehrer und Organist", so die Archivarin. Deshalb wurde das Gebäude um Klassenräume erweitert, während in der Wohnung Generationen von Lehrern lebten. Damit war Schluss, als die politische Gemeinde neue Schulen baute. Trotzdem verwaiste das Kantorenhaus nicht. Es beherbergte unter anderem in den 60er-Jahren die katholische Kirchengemeinde Bardowicks, war Bücherei und zuletzt Kämmerei. Doch die zog in das Rathaus, sodass das alte nun Gebäude seit geraumer Zeit leer steht.