26 Bürger ziehen wegen Erhöhung der Grundsteuer als Ersatz für Straßenausbaubeiträge vor Gericht. Anwalt wirft Ratsmitgliedern Vorteilsnahme vor

Lüneburg/Barum. Schwere Vorwürfe erheben Barumer gegen ihre Gemeinde. Sie kreiden dem Rat an, die Kosten für die inzwischen sanierte Straße Zur Horburg von den Anliegern auf das gesamte Dorf umgelegt zu haben, indem er die Straßenausbaubeitragssatzung gekippt und stattdessen die Grundsteuer erhöht hatte. Davon, so die Kritik der Bürger, hätten auch drei Ratsmitglieder als Anlieger der Straße profitiert, weil sie im Rat dafür gestimmt hatten.

Die Grundsteuererhöhung trifft finanziell jeden Eigentümer im Ort, die Satzung zum Straßenausbau nur diejenigen, deren Grundstücke an einer Straße liegen, die saniert wird.

Gestern trafen sich Gemeinde und 26 Barumer vor dem Verwaltungsgericht in Lüneburg. Die Bürger klagten gegen die Samtgemeinde Bardowick als Rechtsvertreterin der Gemeinde Barum. Die Kläger wollen erreichen, dass die Steuerbescheide für 2009 und 2010 vom Gericht aufgehoben werden. Die zweite Kammer mit dem Vorsitzenden Richter Dr. Hans-Christoffer Beyer kündigte ein Urteil für heute an.

Der Gemeinderat fasste 2009 den Beschluss, die Grundsteuer von 275 auf 350 Prozent, und im Folgejahr auf 425 Prozent anzuheben. Gleichzeitig schaffte der Rat die Straßenausbaubeitragssatzung ab. Aus den Protokollen der entsprechenden Sitzungen geht hervor, dass Bürgermeister Werner Meyn (CDU) damals argumentiert hatte, die rund 1,6 Millionen Euro teure Sanierung der Straße Zur Horburg sei für die Anlieger sozial ungerecht, weil sie Beiträge von 10 000 bis 70 000 Euro je nach Grundstücksgröße hätten zahlen müssen. Das hielten er und die Ratsmehrheit für unangemessen, sodass sie die Entscheidung trafen, die für die Klagewelle in Barum sorgte.

Richter Beyer machte klar, dass eine Gemeinde nach der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) nicht verpflichtet sei, eine eigene Satzung für den Straßenausbau zu erheben. Dennoch kritisierte Dorothea Porwol als Anwältin mehrerer Kläger, die Grundsteuer habe nichts mit dem Straßenbau in einer Gemeinde zu tun. "Das passt gesetzlich nicht zusammen", so Porwol. Denn ein von der Kommune erhobener Beitrag sei ein Ausgleich für eine Gegenleistung, die Grundsteuer hingegen ein ganz anderes System.

Anwalt Walter Wellinghausen, der auch mehrere Barumer vertritt, sah sogar einen Rechtsmissbrauch. "Die drei Ratsmitglieder, die an der Straße wohnen, hätten gar nicht mit abstimmen dürfen." Aus den Ratsprotokollen gehe hervor, dass es nur um die Sanierung der Straße Zur Horburg gegangen sei, behauptete er, "und damit ausschließlich um die Vorteile der Anlieger."

Kläger Klaus Hölscher sagte, wenn die Gemeinde kein Geld für eine Straßensanierung hat, dann müsse sie sich welches leihen: "Aber dem Nachbarn in die Tasche zu greifen, das ist unanständig." Bürgermeister Meyn widersprach, dass es nur um die Sanierung der Straße Zur Horburg gegangen sei: "Die Steuererhöhung war auch nötig, weil der Kindergarten ausgebaut werden soll und zudem viele andere Gemeindestraßen in die Jahre gekommen sind, und saniert werden müssen." Er wies auch den Vorwurf zurück, selber profitiert zu haben, weil er Anlieger sei. "Das bin ich nicht", so Meyn

Josef Brand, Kämmerer der Samtgemeinde Bardowick, gab zu Protokoll, dass der alte Hebesatz für die Grundsteuer in Barum seit 1997 gültig war. "Alles ist korrekt gelaufen. Schließlich hat der Landkreis Lüneburg die neue Satzung ohne Beanstandung genehmigt", erklärte Brand.

Sebastian Jäkel, Anwalt der Samtgemeinde, sagte, der Vorwurf, die drei kritisierten Ratsmitglieder hätten nicht abstimmen dürfen, sei haltlos. "Weil ansonsten ein Gemeinderat nie über die Erhöhung der Hebesätze entscheiden könnte. Denn jedes Ratsmitglied ist als Einwohner davon betroffen", so Jäkel. Zumal, so Bürgermeister Meyn, auch ohne die Ja-Stimmen des Trios eine Mehrheit zustande gekommen wäre.