Götz Werner diskutiert mit Studenten über das Grundeinkommen

Lüneburg. Unter dem Motto "Wissen trägt Verantwortung" haben sich die 1300 Erstsemester der Leuphana Universität Lüneburg mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Zum Abschluss hat die Universität gestern unter anderem den Gründer der Drogeriekette "dm", Götz Werner, zum Gespräch über das Grundeinkommen eingeladen.

Seit mehreren Jahren setzt sich der 67-Jährige für die Einführung des Grundeinkommens ein. Jedem Deutschen sollen 1000 Euro im Monat zur Verfügung gestellt werden, um sich selbst zu verwirklichen. "Auch Sozialität muss nachhaltig sein", sagt er, "das oberste Ziel jeder Gesellschaft ist es, die nachfolgende Generation zu integrieren." Am besten ginge das durch Selbstverwirklichung. "Jeder Mensch sucht seinen Lebenssinn. Um über sich hinauszuwachsen braucht man aber die Hilfe der Mitmenschen", so Werner.

In dieser Sinnfindungs-Phase sieht Götz Werner auch die Studenten des ersten Semesters: "Sie befinden sich gerade im Umschwung von der Fremd- zur Selbsterziehung." Bis vor kurzem seien sie von Lehrern und Eltern erzogen worden, jetzt könnten sie sich die Lerninhalte selbst aussuchen. "Wo könnte man also besser über Nachhaltigkeit sprechen als an einer Universität?", fragt Werner. Zumal in Deutschland zurzeit das Gegenteil von Nachhaltigkeit praktiziert werde. "Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen, wenn Unternehmen zuerst Ausbildungsplätze streichen oder an der Kultur gespart wird", sagt er.

Die 1000 Euro Grundeinkommen sollen nicht zum Einkommen dazugerechnet werden, betont Werner, stattdessen könnte das "normale" Einkommen nach unten angeglichen werden. Damit bei all der Selbstverwirklichung auch schmutzige oder schlecht angesehene Jobs erledigt würden, müssten sie attraktiver gemacht werden, zum Beispiel durch bessere Bezahlung.

Um diese Idee umzusetzen bedarf es laut Götz Werner allerdings einer "Revolution im Kopf": "Wir müssen es endlich überwinden, Arbeit immer mit Einkommen zu verbinden." Der Spruch des Apostel Paulus - "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" - sei heute nicht mehr zeitgemäß. "Das Einkommen ist eine arbeitsteilige Gesellschaftsleistung. Denn nur von seinen eigenen Erzeugnissen kann heute fast niemand mehr leben", sagt Werner. In seinen Augen müssen die Menschen begreifen, dass sie nicht von Geld, sondern von Waren und Dienstleistungen leben.

Götz Werner selbst würde das Grundeinkommen wohl kaum benötigen: 2005 wurde sein Vermögen auf über eine Milliarde Euro geschätzt. Das sich das "dm"-Aufsichtsratmitglied trotzdem dafür einsetzt, hat einen überraschenden Grund: "Wenn ich für andere Menschen eine Leistung generiere, müssen sie sich die Leistung auch leisten können."