Im Verfahren wegen Kindesmissbrauchs rechnet Gericht mit Geständnis des 70 Jahre alten Rentners

Lüneburg. Im Verfahren gegen den 70 Jahre alten Rentner aus Neetze deutet alles auf ein umfassendes Geständnis des Angeklagten hin. Demnach wird der Mann voraussichtlich nächste Woche zugeben, mehrfach mit seiner Adoptivtochter Geschlechtsverkehr gehabt und weitere sieben Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Das von der Kammer des Landgerichts angedeutete Strafmaß liegt weiterhin bei sechseinhalb Jahren Haft. Zudem hat die Anwältin eines der Opfer die Zahlung eines Schmerzensgeldes beantragt.

Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeschuldigten in der Anklageschrift insgesamt 151 Taten vor. Um den Opfern eine Aussage vor Gericht zu ersparen, hatte die Kammer vorige Woche ein Verfahren ohne streitige Beweisaufnahme angeregt und eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren in Aussicht gestellt, sollte der 70-Jährige ein umfassendes Geständnis ablegen. Dazu haben Verteidiger, Staatsanwalt und Nebenklagevertreter, also die Opferanwälte, gestern Stellung bezogen. Die Anklageschrift sei nicht in allen Punkten zutreffend, sagte der Anwalt des Angeschuldigten.

Nach einem weiteren nichtöffentlichen Gespräch zwischen Gericht und Anwälten ging der Vorsitzende Richter Axel Knaack mit einem neuen, konkreten Angebot für den Ausgang des Verfahrens in den Saal: Einzelne Vorwürfe sollen aus der Anklage herausgenommen werden, unter anderem die Vergewaltigung seiner Adoptivtochter.

Der Ziehvater werde indes einräumen, mit ihr in einer Vielzahl von Fällen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die angeklagte Vergewaltigung wird in diesem Verfahren jedoch keine Rolle mehr spielen. Sie könnte - im Hinblick auf das dann abgeschlossene Verfahren und die Rechtskraft des Urteils - vom Staatsanwalt ohne eine weitere Strafverfolgung, etwa gegen die Zahlung eines Schmerzensgeldes, eingestellt werden.

Das Höchststrafmaß von sechseinhalb Jahren kommt für die Richter allerdings nur in Betracht, wenn der Angeklagte ein glaubhaftes, wahrheitsgemäßes und umfassendes Geständnis ablegt, sagte Knaack. Er muss die wesentlichen Tatvorwürfe einräumen. "Als Ausdruck seiner Reue", so der Vorsitzende Richter.

Wie berichtet, kommen die Unterbringung in einer Psychiatrie oder Sicherungsverwahrung nicht in Betracht. Knaack gab die Einschätzung des Sachverständigen wieder: Der Angeklagte "gehört nicht zu denjenigen, die von ihrem Trieb geleitet worden sind". Damit beinhalten die Taten des 70-Jährigen, die sich über Jahrzehnte hingezogen haben sollen, laut Knaack ein "Element der Planung". Das Strafmaß von maximal 78 Monaten berücksichtige das Alter und den Gesundheitszustand des Angeklagten sowie den Fakt, dass er nicht vorbestraft ist.

Das Geständnis des 70-Jährigen wird erwartet für nächsten Mittwoch, 9. März, um 9.30 Uhr in Saal 121 des Landgerichts.