Der Landkreis Lüneburg hat das Potential energieautark zu werden - wenn er Strom und Wärme aus regionalen regenerativen Energieträgern bezieht.

Lüneburg. Das Ziel ist ehrgeizig. Innerhalb der kommenden 20 Jahre soll der Landkreis Lüneburg energieautark werden. In der Region soll dann für die Region Strom und Wärme aus Wind, Wasser, Sonne, Biomasse und Biogas produziert werden. "Das ist möglich. Wir reden über technisch Machbares. Doch zunächst geht der Geist der Sache voraus", sagt Wolfgang Ruck, Professor an der Leuphana Universität, Fakultät Nachhaltigkeit, in Lüneburg. Triebfedern für das Vorhaben sind der Klimawandel und knapper werdende fossile Brennstoffe wie Öl und Gas.

Ruck schlägt zusammen mit seinen Studenten eine Leitstudie für einen energieautarken Landkreis vor. "Die Wissenschaft arbeitet der Politik zu, damit sie intelligente Entscheidungen treffen kann", so Ruck. Doch zunächst befindet die Politik darüber, ob sie die Leitstudie "100 Prozent Erneuerbare-Energie-Region Landkreis und Hansestadt Lüneburg" haben will.

Beim Umweltausschuss des Kreistages stand die Finanzierung auf der Tagesordnung, ein Zuschuss von 35 000 Euro soll aus dem Strukturentwicklungsplan für Klimaschutz fließen. Kreisrätin Monika Scherf glaubt, dass die Studie kommt. "Die Kreistagspolitiker haben sich schon dreimal in Fachausschüssen und in ihren Fraktionen mit der Leitstudie befasst und sie immer mitgetragen. Deshalb gehe ich davon aus, dass ihr zugestimmt wird." Bei der bisherigen Diskussion ist ihren Worten zufolge klar geworden, dass die Leitstudie ein Rahmenplan dafür ist, die vorhandenen Potenziale der erneuerbaren Energie im Landkreis zu nutzen. Scherf: "Sie hilft, die Kapazitäten zu erkennen und zu verwerten."

Dass der Kreis über die nötigen Potenziale verfügt, sagt auch Wissenschaftler Ruck. Als gute Voraussetzungen für eine energieautarke Region zählt er auf: "Der Landkreis ist dünn besiedelt und es gibt viele landwirtschaftliche Flächen für den Anbau von Energiepflanzen. Auch die schon betriebenen Windräder, Biogas- und Fotovoltaikanlagen spielen eine wichtige Rolle", so Ruck. Unter einer energieautarken Region verstehe er die regionale Wertschöpfung. "Damit wir künftig nicht mehr den Ölscheichs in Saudi Arabien unser Geld zukommen lassen müssen."

Eine zukunftsfähige Energieversorgung wird sich auf drei Säulen stützen müssen, heißt es in dem Projektvorschlag für die Studie: Erstens auf die erneuerbaren Energien, zweitens auf eine effiziente Nutzung der verfügbaren Ressourcen und drittens auf eine bewusste Entscheidung über Grenzen des Konsums. Insgesamt gehe es darum, künftig den bisherigen Energiebedarf durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren, und den durchmehr Effizienz, optimierte Infrastruktur und Verhaltensweisen reduzierten Verbrauch nachhaltig durch erneuerbare Energien aus der Region zu decken, heißt es in den Überlegungen weiter. Bei allen Planungen sieht Ruck aber auch einen Stolperstein: die Akzeptanz für einen energieautarken Landkreis bei den Bürgern. "Die soziale Akzeptanz ist eine wichtige Voraussetzung beim Ausbau der regenerativen Energie." Daher sei eine flankierende Öffentlichkeitsarbeit unausweichlich, wenn etwa über die Kapazitätserhöhung von Windkraft- und Biogasanlagen, mehr Solardächer in den Dörfern, energetische Gebäudesanierungen oder den Anbau von Zuckerrüben für die Biospriterzeugung diskutiert wird. Das Bewusstsein der Bürger für Politik sei geschärft, politische Projekte und Zielsetzung würden verstärkt beobachtet.

"Der Schlüssel liegt in der Einbindung der Betroffenen und Beteiligten. Nur so werden Bürgern Identifikationselemente gegeben und auch eine Motivation zur aktiven Gestaltung von zukunftsweisenden Projekten geschaffen", heißt es in dem Projektvorschlag von Ruck. Nicht zuletzt werde eine erneuerbare Energieversorgung zu einem großen Teil von dezentralen Anlagen und damit mit finanziellem Engagement vieler kleiner Unternehmen und Privatpersonen realisiert, ebenso wie Einsparmaßnahmen und Umbauten am Gebäudebestand und die Änderung des Mobilitätsverhaltens.

Kreisrätin Scherf ist schon jetzt von der Idee eines energieautarken Kreises überzeugt. "Wir machen uns früh auf den Weg, schaffen Sicherheiten für einen auch später noch lebenswerten Landkreis, weil die Energieversorgung ein Problem in der Zukunft werden wird und jeden trifft", sagt sie.