Im Rundschau-Interview ziehen die Kammerchefs Michael Zeinert und Eberhard Manzke eine unerwartet positive Bilanz des Jahres 2010.

Lüneburg. Die IHK schließt das Jahr 2010 mit 2,9 Millionen Euro plus ab anstatt mit 600 000 Euro wie erwartet. 99 Prozent der Gerichtsverfahren sind beendet. Die geplante Änderung der Beitragsstruktur wurde aber noch nicht umgesetzt. Warum, erklären die Kammerchefs Michael Zeinert und Eberhard Manzke im Gespräch mit der Rundschau.

Lüneburger Rundschau:

Herr Manzke, Herr Zeinert, vor einem Jahr haben Sie angekündigt, die Beitragsstruktur der IHK grundlegend ändern zu wollen. Wie weit sind Sie gekommen?

Eberhard Manzke:

Wir wollten den Anteil der Grundbeiträge am Beitragsaufkommen erhöhen von 60 Prozent auf 70 oder 80 Prozent und im Gegenzug die gewinnabhängige Variable senken, um weniger abhängig von der Konjunktur zu sein. Die Verwaltung hat eine hervorragende Vorlage erstellt. Im Präsidium waren wir dann jedoch übereinstimmend der Meinung: Aufgrund der Finanzkrise stellen wir das Projekt zurück und holen es Ende 2011 noch einmal aus der Schublade.

Michael Zeinert:

Es war uns zu riskant, in dieser schwierigen Situation unsere Hauptsäule zu reformieren. Denn durch Krise und Gewerbesteuerreform konnten wir nicht seriös prognostizieren, wie sich die Erträge entwickeln werden. Auf keinen Fall sollte es zu einer Mehrbelastung für unsere Mitglieder kommen.

Sie hatten ebenfalls angekündigt, die Ausgaben für hoheitliche Aufgaben wie Berufsausbildung und freiwillige Leistungen wie Weiterbildung buchhalterisch zu trennen, um Gegnern der Pflichtmitgliedschaft entgegenzukommen.

Zeinert:

Wir haben den berechtigten Wunsch aus dem Ehrenamt umgesetzt um zu zeigen, wohin das Geld fließt. Ziel ist, mit den Pflichtbeiträgen die Pflichtaufgaben zu bezahlen und mit den Gebühren die Serviceaufgaben. Wir befinden uns relativ nah an der Zielsetzung: 2009 lagen unsere Beiträge mit 7,94 Millionen Euro nur 140 000 Euro über den Ausgaben für Pflichtaufgaben.

Das Sorgenkind betriebliche Altersversorgung haben Sie im August neu geregelt, rückwirkend zum 1. Januar 2008. Wie steht es um die damit verbundenen Prozesse vor dem Arbeitsgericht? Sie wollten auch einzelne überhöhte Zahlungen an Pensionäre überprüfen.

Manzke:

99 Prozent der Prozesse sind beendet. Die meisten haben wir gewonnen oder uns gut verglichen. Bei der Überprüfung der betreffenden Zahlungen stehen wir ganz kurz vor dem Ende.

Welche neuen Veranstaltungen und Angebote haben Sie im vergangenen Jahr eingeführt, um Ihre Mitglieder zufriedener zu machen?

Zeinert:

Einen Tag des Ehrenamts für die Würdigung des Engagements der Ausgezeichneten.

Manzke:

Ohne das Ehrenamt könnten wir die Berufsausbildung nicht leisten.

Zeinert:

Außerdem haben wir eine halbjährliche Willkommensveranstaltung für neue Mitglieder eingeführt und ein jährliches Treffen zwischen Bürgermeistern und Unternehmern. Alle Veranstaltungen sind sehr gut angenommen worden.

Was planen Sie für 2011?

Zeinert:

Beim bundesweiten IHK-Zeitschriftenranking hat ,Unsere Wirtschaft' den insgesamt dritten Platz belegt und den ersten in Bezug auf die Regionalität der Berichterstattung. Das wollen wir noch weiter ausbauen. Deshalb planen wir eine neue Kundenbefragung, wo wir besser werden können und müssen. Außerdem wollen wir die nächste Stufe des Siegels Servicequalität Deutschland erreichen. Wir wollen Deutschlands servicefreundlichste Kammer werden.

Manzke:

Zurzeit sind wir das schon (lacht). Denn wir sind die einzige IHK bundesweit, die sich überhaupt um das Siegel beworben hat. Andere Kammern zögern noch, aber wir sehen uns genauso als Dienstleister wie unsere Mitglieder, Hotels oder Geschäfte.

Bei der Vorstellung der Bilanz 2009 im Vorjahr rechneten Sie mit tiefroten Zahlen für 2010 und 2011. Bleibt es dabei?

Zeinert:

Nein. 2010 ist wesentlich positiver ausgefallen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit wird bei 2,9 Millionen Euro plus statt der erwarteten 580 000 Euro minus liegen.

Wie kam es zu der unerwarteten Wende?

Zeinert:

Durch eine Reihe ungeplanter Effekte. Durch die Neuordnung unserer betrieblichen Altersversorgung konnten wir einmalig 750 000 Euro Rückstellungen auflösen. Auch Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten und Prozessrisiken konnten wir auflösen: 450 000 Euro. Wir haben durch nachträglich geänderte Steuerbescheide bei Mitgliedsunternehmen zwei Millionen Euro an Beiträgen und Umlagen für vergangene Jahre erhalten, mit denen wir nicht rechnen konnten.

Manzke:

Wir hatten außerdem damit gerechnet, dass viele Betriebe von der möglichen Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlung Gebrauch machen. Das haben aber nur wenige getan. So waren die Einnahmen weit höher.

Zeinert:

Insgesamt hat sich unsere pessimistische Erwartung nicht realisiert, weil die Wirtschaftskrise sich nicht so stark ausgewirkt hat wie erwartet.

Wie wirken sich die neuen, positiven Zahlen für 2010 auf die Planung für 2011 aus? Voriges Jahr hatten Sie mit 1,5 Millionen Euro Verlust für 2011 gerechnet.

Zeinert:

Wir können zuversichtlich nach vorn blicken. Bei den Beiträgen werden wir wegen der Sondereffekte nicht dieselbe Spitze von 9,6 Millionen Euro erreichen, rechnen aber mit 8,8 Millionen Euro. Unterm Strich gehen wir von 400 000 Euro Gewinn aus.

Manzke:

Wir stehen sensationell besser da als erwartet und können wieder ruhig schlafen.