Polizei, Feuerwehr und ASB proben Ernstfall mit Übung am Marktplatz. Auto demoliert

Lüneburg. Montagabend, kurz nach 19 Uhr: Der Lüneburger Marktplatz wird Schauplatz eines Großeinsatzes von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst. Ein Einsatzwagen nach dem anderen trifft ein, Polizisten beginnen den Ochsenmarkt unmittelbar vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) mit rot-weißem Flatterband abzusperren.

Nach wenigen Minuten haben sich bereits etliche Passanten versammelt, starren in Richtung Gefängnis und mutmaßen. Aus einem Fenster im zweiten Obergeschoss des Gebäudes steigt Rauch auf. Es brennt im Zellentrakt, vier Häftlinge gelten als vermisst, tönt es aus den Funkgeräten der umstehenden Polizisten. Einsatzleiter Volker Gätjens fordert Verstärkung an, auch bei der Polizeiinspektion. Eilig rüsten sich die Einsatzkräfte auf dem Marktplatz für ihren Großeinsatz, errichten eine Atemschutz-Sammelstelle und Flutscheinwerfer.

Doch einige aufmerksame Beobachter ahnen bereits: Das alles könnte auch eiliger geschehen - zum Beispiel dann, wenn es ein echter Einsatz wäre. Denn bei diesem handelt es sich um eine Übung, gemeinsam organisiert von Feuerwehr, Polizei, Arbeiter-Samariter-Bund, und JVA.

Davon ahnten die meisten Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten im Vorfeld allerdings nichts. Lediglich die jeweiligen Übungsleiter wussten von Beginn an, was dort oben im Gefängnis vor sich geht: Dass der Rauch, der aus dem Fenster quillt, aus einer Nebelmaschine kommt. Und dass die vier Häftlinge, die noch am selben Tag in der JVA "eingeliefert" wurden, Feuerwehrkollegen sind. Dafür mussten sie die komplette Prozedur einer Inhaftierung inklusive Aus- und Ankleiden über sich ergehen lassen, damit keiner der Bediensteten Verdacht schöpft.

Ebenfalls eingeweiht und mit vor Ort: Gabriele Bröcher von der JVA Uelzen, zu der das Lüneburger Gefängnis gehört. "Alle paar Jahre ist so eine Großübung in solchen Einrichtungen gesetzlich vorgeschrieben", erklärt die Sprecherin. Und auch sie gibt zu, dass es teilweise nicht wirklich nach "echtem" Einsatz aussieht: "Ich denke, wenn hier wirklich ein Großbrand drohen würde, wären die nicht alle so relaxt hier."

Weniger relaxt dürfte ein Autofahrer gewesen sein, der erst nach der Übung zurück zu seinem vor der JVA geparkten Skoda Kombi kam - denn er fand seinen Wagen denkbar demoliert vor. Ein Drehleiterwagen der Feuerwehr nahm das Auto mit seinem Heck beim Rangieren unsanft mit. Pech für den Halter: Seinen Wagen hatte er gerade so geparkt, dass er mit der vorderen Achse im Halteverbot stand - direkt vor dem Schild mit dem Hinweis "Feuerwehrzufahrt". Der Schaden wird zwar wohl vom kommunalen Schadensausgleich getragen werden. Eine Teilschuld könnte aber beim Halter bleiben.

"Das ist natürlich eine Kollision mit ruhendem Verkehr gewesen", erklärt Hans-Jürgen Nischk, der die Übung seitens der Polizei leitete. Der Kriminalhauptkommissar hält das Parkverhalten des Autofahrers aber "zumindest verwarnungswürdig." Auch Markus-Björn Peisker, Sprecher der Lüneburger Feuerwehr, beklagt die Situation, mit der die Retter am Einsatzort konfrontiert waren: Mehrere Fahrzeuge waren am Marktplatz und im Bereich der Feuerwehrzufahrt im absoluten Halteverbot abgestellt, so dass die Feuerwehr ihren Teleskopmast erst deutlich später einsetzen konnte als geplant. Peisker: "Im Ernstfall kann so ein Verhalten Menschenleben kosten."

Von diesem Malheur abgesehen seien die Übungsziele aber "in großem Umfang erreicht worden", so Hans-Jürgen Nischk. "Auf jeden Fall lief diese Übung in der JVA wesentlich besser als die vorige im Jahr 2006." Insgesamt waren 115 Feuerwehrleute, Sanitäter, Polizisten und JVA-Beamte mit mehr als 20 Einsatzfahrzeugen an der Übung beteiligt. Um 20.09 Uhr schließlich konnte die Feuerwehr schließlich "Feuer aus!" melden - und wieder abrücken.