Bleckedes Bürgermeister Jens Böther unterstützt den dramatischen Appell der niedersächsischen Gemeinden zur Finanzkrise der Kommunen.

Lüneburg/Bleckede. Dass sie kein Geld mehr haben, nur noch Schulden anhäufen und in den roten Zahlen zu versinken drohen, haben Niedersachsens Städte und Gemeinden gerade in den vergangenen Monaten immer wieder betont. Doch jetzt skizziert ein neuer Appell des Niedersächsischen Städtetages (NST) nachgerade dramatische Ausmaße: "Die Finanzkrise der Kommunen bedroht nicht nur die kommunale Selbstverwaltung, sondern legt die Axt an den Föderalismus", heißt es in einer Erklärung des NST aus der vergangenen Woche.

Was damit gemeint ist, erklärt Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge(SPD), Präsident des NST. "Die Kommunen bekommen von Bund und Land per Gesetz immer neue Aufgaben, allerdings ohne einen echten finanziellen Ausgleich. Sie können sich dagegen aber nicht wehren, weil es im Grundgesetz und den Landesverfassungen keine Schutzregeln für Kommunen gibt." Immer mehr Kosten fallen vor allem im Sozialbereich an. "Die Kommunen müssen dem überforderten Sozialstaat immer mehr unter die Arme greifen", sagt Mädge.

Den Städten und Gemeinden bleibt immer weniger Gestaltungsraum, Sparzwänge lähmen das Tagesgeschäft der Kommunen. Die Entscheidungsfähigkeit der Kommunalparlamente tendieren gegen Null, denn Geld für neue Aufgaben ist nicht da - erst müssen Kredite bedient, Schulden getilgt werden. Auch wichtige Infrastruktur für den Bürger wird - notgedrungen - kaputt gespart. Also, kein Geld für Schulen und Büchereien oder für die Straßenerhaltung.

Die Kommunen, die finanziell zu kämpfen haben, finden sich vor allem im Osten des Landkreises. Hohe Soziallasten stehen niedrigen Steuereinnahmen gegenüber.

"Seit fast zwanzig Jahren verschärft sich unsere Situation. Wenn es einen Wirtschaftsaufschwung gibt, kommt in unseren Kassen nicht mehr an", sagt Jens Böther (Parteilos), Bürgermeister der Stadt Bleckede. "Vieles, was angepackt werden müsste, bleibt liegen, weil es nicht bezahlbar ist - wir sparen beispielsweise fortlaufend an der Unterhaltung gemeindeeigener Bauten. Die Akzeptanz des Bürgers für unsere Arbeit leidet darunter, wenn Straßen und Schulen nicht saniert werden können."

Und auch die Frustration der gewählten Bürgervertreter in den Gemeinderäten steigt, wenn kein Gestaltungsspielraum mehr da ist. "In den ersten Jahren der defizitären Haushalte war noch der absolute Wille da, die schwarze Null schnell wieder zu erreichen. Aber mittlerweile sind kaum noch Einsparmaßnahmen vorstellbar - es sei denn, man legt Hand an das absolut Notwendige", sagt Böther.

Er fordert deshalb Strukturreformen. "Das gilt natürlich auch intern und für uns, für die Gemeinden. Doch beim Thema Gemeindegebietsreform ziehen viele Bürger emotional noch nicht mit. Der Zwang zur Veränderung ist in den Köpfen noch nicht angekommen", sagt Bleckedes Bürgermeister. Er ist sicher, dass dennoch dringend etwas passieren muss. "Die Arbeit der Gemeindefinanzkommission in Berlin betrachte ich bisher allerdings als gescheitert", sagt Böther.

Im Februar vergangenen Jahres hat die Koalitionsregierung aus CDU und FDP in Berlin die Einsetzung einer Kommission beschlossen, die für die Gemeindefinanzierung neue Vorschläge erarbeiten soll: Sozialausgaben, Gewerbe- und Grundsteuern, alles sollte auf den Prüfstand.

Bisher jedoch haben die Experten sich nicht zu grundlegenden Vorschlägen durchringen können. "Die Reform der Grundsteuer beispielsweise würde einen enormen Verwaltungsaufwand produzieren. Sämtliche Bodenrichtwerte für Grundstücke müssten angepasst werden. Das kostet Unsummen, das will in Berlin niemand", so Böther.

Appelle an Berlin und Hannover werden an der Situation nichts ändern. Denn auch Bund und Länder sind tief verschuldet - und könnten ihre Situation nur durch neue Steuererhebungen verbessern.

"Unsere Finanzlage ist ausgesprochen schlecht", sagt Jürgen Krumböhmer, erster Kreisrat des Landkreises Lüneburg. Hohe Soziallasten, geringe Steuereinnahmen schlagen auch in der Kasse des Landkreises zu Buche.

"Aber Bund und Länder stehen nicht besser da. Ich halte es für zu kurz gesprungen, einfach von dort mehr Geld zu verlangen. Wir werden intensiv darüber nachdenken müssen, welche Aufgaben der Staat in Zukunft überhaupt noch erfüllen soll - und wie diese Aufgaben bezahlt werden können", meint Krumböhmer.