Die Auflösung einer Demonstration durch die Polizei im April 2009 war rechtswidrig

Lüneburg. "Die Auflösungsverfügung der rechtsextremen Demonstration am 11. April 2009 in Lüneburg war nicht rechtens." Das erklärte Richter Wolfgang Siebert gegenüber der Rundschau. Geklagt hatte der Lüneburger Christian Sternberg, nachdem Gegendemonstranten den Aufzug von rund 250 Rechtsextremisten mittels eines Sitzstreiks auf der Stintmarktbrücke gestoppt hatten.

Gerade einmal 50 Meter marschierten die Rechten vom Bahnhof aus, als vor eineinhalb Jahren die Polizei den Demonstrationszug aufhielt, um ein Aufeinadertreffen beider Blöcke zu verhindern. Erfolglos war zwischen der Polizei und den Neonazis über eine alternative Streckenführung verhandelt worden, bis schließlich die Polizei die Demonstration für aufgelöst erklärt.

Dazu sagte der Vizepräsident des Lüneburger Verwaltungsgerichts: "Wir mussten der Klage stattgeben, weil dem Kläger Sternberg durch die Polizei keine alternative Demonstrationsroute angeboten worden ist." Vor diesem Hintergrund hatte Siebert Vertreter beider Parteien - darunter Polizeidirektor Hans-Jürgen Felgentreu als Vertreter der beklagten Polizeidirektion Lüneburg - angehört und befragt.

Christian Sternberg war nach eigenen Aussagen wichtig gewesen, den Demonstrationszug an zwei innerstädtischen Geschäften vorbeizuführen. Einem Bekleidungsgeschäft sowie einem Tattoostudio, auf die Anschläge verübt worden waren und vor denen Mahnwachen postiert waren. Als Gegendemonstranten die Route versperrten, schlug Sternberg der Polizei einen alternativen Weg der Bleckeder Landstraße folgend vor. Da die am Bahnhof postierten drei Hundertschaften der Polizei diesen Weg nicht hätten schützen können, lehnte Einsatzleiter Felgentreu aus der Zentrale heraus den Vorschlag ab.

Stattdessen, so Richter Siebert, hätte man Sternberg einen anderen Vorschlag unterbreiten müssen. Beispielsweise den Weg entlang der Schießgrabenstraße, "wo die Demonstranten zumindest ein Geschäft hätten anlaufen können", so der Richter. Sternberg hätte annehmen oder ablehnen können.

"Eine Versammlung kann zwar aufgehoben werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört ist. Zuvor jedoch muss über eine alternative Streckenführung nachgedacht werden", erklärt Siebert. Denn es war die Polizei, die den Überblick gehabt und hätte entscheiden müssen.

Nach Auflösung der Demonstration forderte die Polizei die Rechten auf, umgehend die Stadt mit dem Zug zu verlassen. Der von Sternberg außerdem beklagte Platzverweis wurde vom Gericht abgewiesen, da es sich nur um einen kurzfristigen Verweis, "ein bloßes Zurückdrängen", gehandelt habe. Die Gegendemonstranten wurden einzeln von der Polizei weggetragen.