Neuer Trend in der Energieerzeugung: Zuckerrübe wird als Alternative zu Mais in Biogasanlagen verarbeitet. Die Äcker werden wieder bunter

Lüneburg. Die Biogasproduktion gerät zunehmend in die Kritik. Bürger wehren sich gegen den Bau weiterer Anlagen - wie zuletzt in Mechtersen und Wittorf. Umweltverbände beklagen die Vermaisung der Landschaft und den dadurch drohenden Verlust der Artenvielfalt auf den Äckern, was zu Problemen beim Bodenschutz und der Grundwassergüte führe. Auch Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hat die Biogasproduktion ins Visier genommen. Er droht, den seiner Meinung nach ausufernden Bau von Anlagen zu stoppen. Die massive finanzielle Förderung solle der Bundesrat auf Initiative Niedersachsens drastisch kappen, so Sander.

Nun steuert die Biogasbranche gegen: Zuckerrüben sollen eine Alternative zum Mais werden. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen empfiehlt bereits, die Palette der Energiepflanzen durch die nicht hoch wachsende Zuckerrübe zu erweitern. "Die Akzeptanz des Energiepflanzenanbaus in der Bevölkerung lässt sich dadurch erhöhen", glaubt die Kammer.

Lüneburgs Kreislandwirt Jens Wischmann aus Dehnsen bei Amelinghausen betreibt mit Partnern Biogasanlagen und setzt in diesem Jahr zum ersten Mal Zuckerrüben ein. "Die öffentliche Kritik, das schlechte Image des Mais und der geringere Flächenbedarf hat uns dazu bewegt", sagt er. Zurzeit liege das Verhältnis Zuckerrübe zu Mais bei der Energiegewinnung in seinem Betrieb noch bei eins zu zehn. "Wir bauen die Rüben zunächst als Test auf 35 Hektar an. Aber wir überlegen, auf ein Drittel aufzustocken."

Die Zuckerrübe sei nicht nur ein Mega-Trend bei der Biogasproduktion, Wischmann bescheinigt ihr auch eine Zukunft als Energiepflanze: "In der Produktion kann alles eingesetzt werden, was viel Sonnenlicht gesammelt hat. Pflanzen, die am längsten wachsen, sind am besten." Und die Zuckerrübe wächst lange. "Sie überwintert auf dem Acker, bildet früh Blätter und wird erst ab Anfang November geerntet." Pro Hektar liefere sie sogar zehn Prozent mehr Energie als Mais.

Doch die süße Rübe bringt auch Nachteile mit sich. Wischmann: "Mais lässt sich mit weniger technischem Aufwand ernten. Für die Ernte der Zuckerrübe müssen Roder eingesetzt werden." Zudem müsse die Frucht von Erde und Steinen gereinigt werden. "Das alles haut gewaltig auf die Kosten. Die Produktion einer Kilowattstunde Methangas aus Zuckerrüben ist zehn Prozent teurer im Vergleich zum Mais." Allerdings, so räumt er ein, beanspruche die Stromerzeugung mit Rüben die Anlagen weniger.

Der Anbau von Zuckerrüben für die Biogasproduktion mache die Äcker wieder bunter, sagt der Landwirt. Jedoch sei er nicht sicher, ob das überall möglich ist. In der Geest sieht er weniger Probleme als in der Marsch: "Dort ist sie noch schwerer zu ernten, weil die Böden im November sehr nass sind."

Die Landwirtschaftskammer sieht in ihr aber eine echte Alternative zum Mais. Zwar zähle Mais zu den bedeutendsten Energiepflanzen für Biogas, da er sich gut für den Gärprozess in der Biogasanlage eigne, so die Kammer. Doch als Folge sei die Anbaufläche in Niedersachsen von 2003 bis 2010 um mehr als 200 000 Hektar angestiegen.

"Der starke Anstieg ist aus zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen birgt der hohe Maisanteil in der Fruchtfolge die Gefahr einer schnellen Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen in der Kultur. Zum anderen verändern die hohen Maispflanzen das Landschaftsbild deutlich." Das werde von der Bevölkerung sehr kritisch wahrgenommen. Daher stelle sich die Frage, welche Alternativen es gibt: "Und in dieser Diskussion spielt die Zuckerrübe eine entscheidende Rolle."