Die Gemeinde lässt einen 1,7 Kilometer langen Damm aus Bodenaushub aufschichten, der vom Bau des dritten Gleises stammt

Bardowick. Es gibt wohl kaum einen Wohnort im Landkreis Lüneburg, an dem es lauter ist als im Bardowicker Bruch. Gleich drei Verkehrsadern verlaufen unweit der acht Häuser in der Splittersiedlung zwischen Bardowick und Radbruch - und sorgen für dauernden Lärm von allen Seiten: die Autobahn 250 (A 39), die Eisenbahnstrecke Hamburg-Hannover und die Rampe der Bundesstraße 404 als Zufahrt zur Autobahn an der Anschlussstelle Handorf. Lärmschutz für die Anwohner gab es bislang nicht.

Dabei soll es sogar noch lauter werden: "Weil das dritte Gleis kommt", sagt Günter Dubber, Gemeindedirektor von Bardowick. Doch jetzt schreitet die Kommune ein. Sie baut auf eigene Kosten einen 1,7 Kilometer langen Lärmschutzwall im Bruch. Dubber: "Der muss so lang sein, weil die Häuser sehr weit auseinander liegen." Als Material für den Damm dient der Bodenaushub, der beim Bau des dritten Gleises anfällt.

"Ganz klar, die extreme Lärmbelastung im Bruch überschreitet jedes Maß", sagt Dubber. Draußen in ihren Gärten könnten die Anwohner im Sommer nicht sitzen, weil es viel zu laut sei wegen des stetigen Verkehrs auf der Autobahn. Fast noch schlimmer sei der Krach, den vorbeirumpelnde Güterzüge verursachten. "Es ist nur drinnen mit geschlossenen Fenstern auszuhalten", berichtet der Verwaltungschef. Und wie inzwischen jeder wüsste, mache Lärm krank: "Deshalb bauen wir den Wall für rund 250 000 Euro." Bis 2014 soll er stehen.

Dubber weiß, dass die Gemeinde viel Geld für wenig Leute investiert. "Aber es besteht jetzt durch den Bau des dritten Gleises die einmalige Chance, dass die rund 20 Anwohner endlich einen Schutz vor dem Lärm erhalten, weil wir den Bodenaushub verbauen können. Daher ist das Vorhaben für Politik und Verwaltung vertretbar." Obwohl beziehungsweise gerade weil die Menschen im Bruch keinen Anspruch hätten. Das Eisenbahngesetz spreche ihnen diesen nämlich ab: "Weil die Siedlung im Außenbereich liegt, von einem Lärmschutz zu wenige profitieren und er damit nicht wirtschaftlich wäre."

Das hätte die Gemeindevertreter in den vergangenen drei Jahren, seitdem aus der Idee für den Lärmschutzwall ein konkretes Vorhaben geworden ist, immer wieder zu spüren bekommen - mehr als ihnen lieb war. "Es ist unfassbar, was wir mitmachen mussten", sagt Dubber. Immer wieder sei die Kommune bei den Gesprächen und Verhandlungen mit der Bahn und dem Eisenbahnbundesamt auf bürokratische Hürden gestoßen.

Dubber: "Offensichtlich haben beide Schwierigkeiten damit, dass Menschen einen Lärmschutzwall bekommen sollen, der ihnen nach dem Gesetz eigentlich nicht zusteht. Sie haben offenbar Angst vor einem Präzedenzfall." Und dann erdreiste sich auch noch eine Gemeinde, den Lärmschutz an einer Hauptstrecke der Bahn selber in die Hand zu nehmen, sagt er mit sarkastischem Unterton.

Dabei leiste die Gemeinde einen Beitrag zum Umweltschutz. "Der Bodenaushub müsste normalerweise auf einer Deponie entsorgt werden, mit Lkw über viele Kilometer quer durch die Republik transportiert werden. Das alles entfällt, weil wir ihn für den Wall behalten", erklärt Dubber. Letztlich sehe das die Bahn nun auch so - und beteilige sich sogar an den Baukosten: "Weil wir für sie entsorgen."

Doch bis der Knoten geplatzt war, mussten die Bardowicker erst einmal für eine Welle in Berlin sorgen. "Wir haben dem Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols von der CDU gebeten, in unserem Interesse beim Bundesverkehrsministerium zu intervenieren", so der Gemeindedirektor. Pols habe es tatsächlich geschafft, dass Bardowick seine Idee vom Lärmschutzwall in die Tat umsetzen kann. ,,Staatssekretär Enak Ferlemann hat ein Machtwort zu unseren Gunsten gesprochen."

Der weitere Zeitplan sieht vor, dass die Finanzierung des Lärmschutzes in den nächsten Haushalt des Fleckens aufgenommen wird und Verträge mit den Anwohnern geschlossen werden, weil auf deren Grund und Boden der Lärmschutzwall gebaut wird. "Wir haben zwar nun grünes Licht und können in die Detailplanung einsteigen. Doch unser Vorhaben muss mit dem Bau des dritten Gleises koordiniert werden." Dubber geht davon aus, dass der Wall als eine grüne Wand aus Sträuchern und Büschen den Lärm der Eisenbahn gut schluckt. Er hofft, dass die Menschen im Bruch dann von ähnlich erfreulichen Werten profitieren, wie die Anwohner am Lärmschutzwall im Wohngebiet Vögelser Kamp nahe des Bahnhofs.