Minister Hans-Heinrich Sander nimmt an Sitzung teil, bei der es um das drohende Aus für den Schutzwall im Bleckeder Ortsteil Alt Garge geht

Bleckede. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) ist gerne und oft Gast in Bleckede. Zumeist sind die Anlässe seiner Besuche erfreulich, weil es in der Stadt etwas zu feiern oder einzuweihen gibt. Der nächste Aufenthalt verspricht allerdings keine Partylaune. Vielmehr muss der Minister dem Stadtrat Rede und Antwort stehen: Am Mittwoch, 27. Oktober, geht es um 18 Uhr im Bleckeder Haus um den Deichbau in Alt Garge - oder besser, wie dieser noch zu retten ist. Denn die Finanzierung des 5,7 Millionen Euro Vorhabens in dem Bleckeder Ortsteil droht unerwartet zu scheitern, obwohl der Baubeginn bereits im kommenden Jahr sein sollte.

Grund dafür, dass das eigentlich schon in trockene Tücher gewähnte Projekt jetzt plötzlich auf der Kippe steht, ist ein Loch im Ziel-1-Fördertopf der EU. Eigentlich sollten 95 Prozent der Baukosten für den Deich in Alt Garge aus diesem Förderprogramm plus Mitteln von Bund und Land bestritten werden. Doch nun sind die Ziel-1-Gelder bereits ausgeschöpft. Es ist nicht mehr genug Geld da.

Das hat katastrophale Folgen für die Stadt Bleckede, die die bittere Pille schlucken und einen Eigenanteil von 30 Prozent satt der bisher geplanten fünf aufbringen muss. Das sind 1,7 Millionen Euro, die die finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettete Stadt nicht hat. Bürgermeister Jens Böther (CDU) sagt: "Wenn die Lücke von 1,7 Millionen Euro nicht gestopft wird, kommt der Deich für Alt Garge nicht."

Dass ein Eigenanteil von 30 Prozent für die Stadt nicht zu schultern ist, weiß auch Minister Sander. Daher kommt er zur Ratssitzung am kommenden Mittwoch. Er wird aber weder einen Koffer voll Geld mitbringen, noch eine endgültige Finanzierung. Jutta Kremer-Heye, Sprecherin der Umweltministerium in Hannover, sagt: "Im Rat soll über das Problem noch einmal gesprochen werden, um zu sehen, wie es weitergehen kann." Grundsätzlich gelte, dass das Land die Mittel für den Hochwasserschutz bereits nach einer Prioritätenliste für das kommende Jahr verteilt habe, so Kremer-Heye. Und Alt Garge sei nicht dabei.

Sie verweist darauf, dass Niedersachsen für den Hochwasserschutz im Binnenland die für dieses Jahr geplanten Mittel von 41,7 Millionen Euro um weitere sieben Millionen aufgestockt habe. Nach ihren Worten werden die Mittel streng nach Priorität und vorheriger Abwägung verteilt. Sie räumt ein, dass es im Land vom Hochwasser gefährdetet Gebiete gibt, in denen ein Deich mehr als die rund 50 Häuser in Alt Garge schützen würde.

Aus dem aufgestockten Topf für den Hochwasserschutz fließt Geld für die Reparatur des Elbdeiches bei Hohnstorf-Sassendorf. Dort wird auf einer Länge von 1,2 Kilometer die Deichsicherheit wieder hergestellt, die durch die Eishochwässer der vergangenen Jahre stark in Mitleidenschaft gezogen worden ist. "Es handelt sich hierbei um eine dringliche Maßnahme in der Höhe von rund einer Million Euro", so das Umweltministerium.

Wie es mit dem Projekt in Alt Garge weitergeht, ist hingegen offen. Kremer-Heye: "Erst einmal muss das Gespräch des Ministers mit dem Stadtrat abgewartet werden." Bleckedes Bürgermeister glaubt, dass dieses ein gutes Ende nehmen wird. "Der Minister hat bereits angedeutet, dass es eine Lösung geben wird. Er wird einen Vorschlag machen", sagt Jens Böther.

Zumal er das Land an seine Verantwortung für Alt Garge erinnert: "Als letzter ungeschützter Ort an der Elbe in Niedersachsen muss Alt Garge einen Deich bekommen, nachdem es in den Jahren 2002, 2003 und 2006 bei den schweren Hochwässern immer unter Wasser gestanden hatte." Böther lässt keinen Zweifel daran, dass der Lückenschluss nötig ist: "Es kann nicht plötzlich damit aufgehört werden, den Hochwasserschutz an der Elbe zu vervollständigen, womit 2002 begonnen wurde. Alt Garge darf nicht anders behandelt werden als andere Orte." Daher könne er sich kein anderes Projekt im Land vorstellen, das wichtiger ist.

Bei der Einweihung des neuen Deiches in Alt Wendischthun vor genau einem Jahr hatte Umweltminister Sander zudem gesagt, dieser müsse als Einheit mit den beiden anderen Neubauten in den Ortsteilen Walmsburg und Alt Garge gesehen werden. Er versprach damals, bei der EU nicht locker zu lassen, um Mittel für den Hochwasserschutz loszueisen: "Es ist eine gesamteuropäische Aufgabe, unsere Kulturlandschaft zu erhalten." Das dürfe nicht nur den Menschen, die dort wohnen, aufgebürdet werden.