Neue Schleusen kosten 25 Millionen Euro. Doch die Fischer habe eine Alternative

Bardowick. Die alten Nadelwehre an den Ilmenauschleusen in Bardowick, Wittorf und Fahrenholz stehen auf keinem sicheren Fundament mehr. Die Gründungen der Bauwerke aus Beton sind marode. "Sie sind mit rund 100 Jahren am Rande ihrer Lebensdauer angelangt", sagt Erich Wiese vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) in Lauenburg, der für die Wasserstraßenunterhaltung zuständig ist.

Die drei Ilmenau-Staustufen wurden in den Jahren 1892 bis 1893 (Wittorf und Fahrenholz) sowie 1932 (Bardowick) gebaut. Wiese schätzt den Investitionsbedarf alleine für die Reparatur der drei Wehre auf mehr als zehn Millionen Euro. Dazu komme noch einmal die gleiche Summe für die Sanierung der Schleusen in Wittorf und Fahrenholz, sodass unterm Strich 25 Millionen Euro zu Buche schlagen würden. "Auch diese beiden Schleusen sind in einem schlechten Zustand." Die bauliche Verfassung der Bardowicker Kammerschleuse hingegen sei noch akzeptabel.

Die Situation bei den Nadelwehren habe die Schifffahrtsbehörde im Griff. Sie funktionierten noch und seien nicht einsturzgefährdet. Aber: "In den kommenden fünf Jahren muss dringend etwas passieren." Deshalb habe das WSA gemeinsam mit dem Land Niedersachsen jetzt den Landesbetrieb für Küsten- und Naturschutz mit einer Studie beauftragt. Sie soll klären, ob die Nadelwehre entbehrlich sind für die Ilmenau. Die Überlegung ist plausibel. "Die Wehre wurden einst für die Schifffahrt errichtet - unter anderem dafür, dass die Bardowicker Bauern ihr Gemüse über die Ilmenau nach Hamburg transportieren konnten." Doch inzwischen spiele die Schifffahrt auf dem Fluss kaum noch eine Rolle. "Der Verkehr ist weggebrochen. Es fahren nur noch sehr wenige Sportboote nach Lüneburg", so Wiese. Daher wäre es unsinnig, Bauwerke zu erhalten, die nicht mehr benötigt werden, sagt er.

Für die Regulierung des Wasserstandes seien die Wehre zurzeit jedoch nach wie vor noch unverzichtbar. "Das ist ein komplexes Thema", sagt der Fachmann. Die Wehre werden einerseits benötigt, um Hochwasser abzuführen. Andererseits werde mit ihrer Hilfe auch dafür gesorgt, dass die Ilmenau nicht trocken fällt. "Weil das Grundwasser bei Niedrigwasser absinkt. Und von ihm ist unter anderem die Landwirtschaft entlang des Flusses abhängig." Auch das werde in der Studie unter die Lupe genommen, einschließlich der Suche nach einer Lösung des Problems. Sie soll verschiedene Varianten der Umgestaltung der Ilmenau und deren Auswirkungen auf die Umwelt und Mensch prüfen. "Wir erwarten die Ergebnisse in rund einem Jahr", sagt Wiese. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung strebe die Umgestaltung oder den Rückbau der Anlagen unter Berücksichtigung öffentlicher und privater Belange an.

Unterdessen bringen Angler und Sportfischer eine andere Variante als Ersatz für die Nadelwehre ins Spiel. Sie schlagen sogenannte Sohlgleiten vor. Das sind Fischwege, die, aus Steinen im Wasser geformt, dem Wasserlauf und der Strömung auf einer Länge von 40 bis 50 Metern angepasst werden.

Otto Hammermeister, Bezirksleiter Ilmenau im Landesfischereiverband Niedersachsen, sieht kein Problem mit einer solchen Konstruktion. Er sagt: "Der Wasserstand für die Schifffahrt wird gehalten. Bei Hochwasser schwappt das Wasser über die Barriere hinweg, sodass es keine Überflutungen gibt." Zudem sei der Bau von Sohlgleiten um ein Vielfaches günstiger als die Sanierung einer Staustufe. "Ein Wehr benötigt ein Fundament. Für eine Sohlgleite müssen nur Steine ins Wasser gelegt werden. Auch fallen kaum noch Kosten für Betrieb und Wartung an."

Der Vorschlag der Angler und Fischer rechne sich nicht nur aus finanzieller Sicht, sagt er. Hammermeister sieht klar Vorteile vor allem für die Wasserwelt. "Im Gegensatz zu einem Wehr können sich kleine Lebewesen wie Stichlinge, Bachflohkrebse oder Libellenlarven, die zur Nahrungskette im Fluss gehören, zwischen den Steinen ausruhen." Außerdem sei es Wanderfischen wie etwa Jungaalen und -lachsen, Bach- und Meerforellen möglich, bequem weiter zu ihren Laichplätzen zu schwimmen ohne dass sie sich wie sonst an Stauwehren tödlich verletzten.

Hammermeister: "Ein Sohlgleite trägt dazu bei, dass sich gefährdete Arten in der Ilmenau auf natürliche Weise regenerieren."