Die Region Lüneburg belegt bei den Existenzgründungen Spitzenplatz - doch es mangelt an innovativen Betrieben

Lüneburg. Die Zahl der Existenzgründungen im Kammerbezirk der IHK Lüneburg ist in den letzten Monaten deutlich gestiegen: Mit einer Steigerungsrate von 15,2 Prozent nimmt der Landkreis Lüneburg sogar eine Spitzenposition bei Neugründungen ein. Doch die Leistungen, die Existenzgründer ihrer Kundschaft anbieten wollen, sind häufig nicht kreativ genug.

"Das Gründungsgeschehen hat sich belebt, das kann ich für die Region bestätigen", sagt Sönke Feldhusen, Leiter des Geschäftsbereichs Starthilfe und Unternehmensförderung bei der IHK Lüneburg. Allerdings beanstandet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), ein bundesweiter Arbeitskreis der IHKen, bei den Neugründungen das Fehlen von innovativen Ideen vor allem im High-Tech-Bereich.

Rund 70 Prozent aller Selbstständigen wollen im Dienstleistungssektor starten: Sie bieten reinen Service wie Werbeleistungen, Gebäudebetreuungen, Leistungen im Gastgewerbe oder künstlerische Tätigkeiten an. Die meisten wollen sich wegen drohender Erwerbslosigkeit selbstständig machen und bringen wenig Kapital mit.

Nur rund sechs Prozent der Existenzgründer trauen sich den Aufbau eines High-Tech-Betriebes beispielsweise im Bereich Medizintechnik zu - obwohl gerade in diesem Sektor hohe Wachstums- und Beschäftigungsimpulse erwartet werden.

"In der Region Lüneburg liegt die Zahl der Neugründungen im Dienstleistungsbereich bei etwas mehr als 50 Prozent. Jede zweite Gründung findet dort statt", sagt Sönke Feldhusen. Völlig aussichtslos muss das seiner Ansicht nach nicht sein. "Zuwachsraten bei qualifizierten Dienstleistern sind in Teilbereichen noch möglich", meint er. Insgesamt vermisst Feldhusen aber den Mut zu zukunftsweisenden Projekten aus dem High-Tech-Segment.

Für den Mangel dürfte es mehrere Gründe geben. In der Region gibt es bisher nur wenig Betriebe, die mit zukunftsweisenden Technologien arbeiten. "Viele Arbeitnehmer bleiben mit ihrer Gründung in dem Berufsfeld, in dem sie bisher tätig waren. Dort haben sie Erfahrungen. Ingenieure und IT-Fachleute hingegen, die als Existenzgründer für High-Tech-Betriebe in Frage kommen, werden in Zeiten des Fachkräftemangels auch händeringend von den Unternehmen gesucht", sagt Feldhusen. Wer eine gut dotierte Arbeitsstelle hat, stellt sich dem Abenteuer Selbstständigkeit selten.

Eine vermehrte Nachfrage nach Beratungen im Bereich der Existenzgründungen verzeichnet auch die Wirtschaftsförderung Lüneburg (W.LG). "Die Resonanz ist groß, das zeigt die Teilnehmerzahl an den Gründungswerkstätten. Dort werden Arbeitnehmer in der Arbeitslosigkeit beraten, die sich selbstständig machen wollen", sagt Geschäftsführer Jürgen Enkelmann.

Auch den Hang zu Gründungen auf dem Dienstleistungssektor kann er bestätigen. "Bei den Gründungsideen ist vieles aus dem Bereich Dienstleitung und Einzelhandel dabei. Aber die Konzepte bringen die Existenzgründer selbst mit, das ist nicht so leicht steuerbar", sagt er. Noch findet er den Trend zu mehr Dienstleistungen nicht besorgniserregend. "In der Region hatten wir in Teilbereichen noch Nachholbedarf. Ich würde allerdings bei Serviceleistungen zu einer unternehmensnahen Gründung raten", sagt Enkelmann. Der Ingenieur, der seine Konstruktionsleistungen zukünftig mit einer eigenen Firma am Markt anbiete, und nicht mehr nur für ein Unternehmen arbeite, könne damit durchaus Erfolg haben.

"Insgesamt ist zum Thema Existenzgründung viel Beratung nötig, vor allem auch an den Hochschulen. Die Förderprogramme, die dort bisher gestartet wurden, brachten nicht den erhofften Effekt", sagt Enkelmann.

Es fehle die Aufbruchstimmung an Schulen und Hochschulen, meint auch Sönke Feldhusen. "Wir brauchen eine neue Gründerkultur. Der Mut zur Unternehmensgründung ist in anderen Ländern größer", sagt er. Eine stärkere Ausrichtung des Schulunterrichts auf die Thematik fordert die DIHK: In Schulbüchern spiele die der Beruf Unternehmer kaum eine Rolle.

Das Angebot an öffentlichen Fördermitteln zur Existenzgründung dagegen ist gut, meint Feldhusen: "Hier gibt es mittlerweile eine breite Palette." Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dagegen ist das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen zu gering. Ein Zustand, der sich angesichts der Finanznot der Kommunen, die zuständig sind, nur langsam ändern wird.