In der Endrunde des Wettbewerbs “Fahrradfreundliche Kommune“ tritt Lüneburg gegen Oldenburg und Emden an

Lüneburg. Nach 2002 und 2006 hat sich Lüneburg in diesem Jahr zum dritten Mal um den Landespreis "Fahrradfreundliche Kommune" beworben und es in die Endrunde geschafft. Gestern hat die Jury aus Verkehrsexperten, Vertreter von Kommunalverbänden, des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und einigen Landtagsabgeordneten die alte Salzstadt besucht. Der ADFC Lüneburg sieht die Stadt allerdings noch nicht als durch und durch fahrradfreundliche Stadt.

Sechs Kommunen haben sich für den Landespreis beworben, vier davon haben es in die Endrunde geschafft. Lüneburg, mit 99 Kilometern Radweg und - laut Stadt - 25 Prozent Fahrradverkehr im Gesamtverkehrsaufkommen muss sich gegen Emden, Oldenburg und Hannover durchsetzen. Die Siegerstadt erhält 25 000 Euro Preisgeld.

Nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen hat die Jury nun auf einer einstündigen Radtour Lüneburgs Fahrradfreundlichkeit genau unter die Lupe genommen. "Wir schauen uns an, ob es ein Radverkehrskonzept, eine Infrastruktur mit ausreichend Abstellmöglichkeiten und Service rund ums Rad gibt", sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete Enno Hagenah. Wichtige Punkte seien auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Polizei oder Verbänden.

Noch im Jahr 2004, bei der Durchführung des Projektes Bicycle Policy Audit (Bypad) der EU wurde Lüneburgs Radverkehrsförderung mit 1,7 von 4 möglichen Punkten bewertet. Besonders bemängelt wurde damals das fehlende Radverkehrskonzept. Das habe die Stadt inzwischen nachgeholt, sagt Lüneburgs Rad-Beauftragter Michael Thöring: "Die Jury konnte sehen, dass wir unsere Mängelliste Punkt für Punkt abgearbeitet haben."

Besonders positiv seien die Bemühungen für neue Fahrradabstellmöglichkeiten mit dem geplanten Fahrradparkhaus am Bahnhof aufgefallen. Dort sollen 1200 neue Fahrradstellplätze entstehen. "Auch der Radstadtplan, der 2007 zusammen mit der Universität entwickelt wurde, und die Entschärfung des Kreisels am Krankenhaus durch Ummarkierung sind aufgefallen", sagt Thöring. Im Jahr 2002 war die Jury schon einmal in Lüneburg gewesen, damals hatte es allerdings nur für den zweiten Platz gereicht.

Ein Kritikpunkt sei allerdings die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen gewesen. "Die Jury hat uns geraten, einen runden Tisch mit Verbänden und der Polizei einzurichten", sagt Thöring. Das abschließende Urteil der Preisrichter jedoch war positiv, es habe sich viel getan in den letzten Jahren.

Trotzdem sagt Ulrich Mott, Vorstandsmitglied des Lüneburger ADFC: "Viele Stellen in Lüneburg sind ein anhaltendes Ärgernis für Radfahrer." So gebe es keine Möglichkeit, die Schießgrabenstraße in Richtung Norden zu befahren, Pläne für eine Rampe, um den Weg am Lösegraben für Radfahrer befahrbar zu machen, seien diskutiert aber nicht weiterverfolgt worden. "In einer fahrradfreundlichen Stadt müssen auch Alltagswege schnell und einfach befahrbar sein", sagt Mott.

An einigen Stellen seien Radwege linksseitig benutzungspflichtig, blaue Schilder würden das Fahren auf der Straße verbieten. Die Radfahrer seien dadurch gefährdet, denn Autofahrer schauten beim Fahren auf die Straße nur nach links, Fahrradfahrer, die von rechts kämen, würden übersehen.

Auch Michael Thöring weiß, dass es noch Schwachstellen gibt: "Insgesamt haben wir noch 15 Kilometer Radweg zu sanieren. Ohne Zuschüsse vom Gemeindefinanzierungsgesetz ist das mit jedoch nicht zu stemmen."

Das Kopfsteinpflaster ist der Jury nicht negativ aufgefallen. "Man muss bedenken, dass das Kopfsteinpflaster historisch ist, außerdem sind nicht sehr große Flächen davon betroffen", sagt Jurymitglied Enno Hagenah. Ulrich Mott vom AFDC sieht das anders: "Bei Pflasterarbeiten, wie vor einigen Jahren am Sande, wurden die Radfahrer nicht berücksichtigt. Auch das neue Pflaster unter der Reichenbachbrücke ist nicht fahrradfreundlich." Generell sei ein Hauptkritikpunkt des AFDC, der sich seit der Bypad-Untersuchung nicht geändert habe, dass die Belange der Radfahrer bei der Verkehrsplanung nicht integriert würden.

150 000 Euro stehen in diesem Jahr für den Radverkehr zur Verfügung. "Als Idealsumme haben sich fünf Euro pro Einwohner im Jahr in anderen Kommunen erwiesen", sagt Thöring, das wären 350 000 Euro. Zeitweise stand diese Summe auch zur Verfügung, im Jahr 2007 waren es sogar 615 000 Euro.

Wenn Lüneburg gewinnt weiß der Rad-Beauftragte Michael Thöring schon, was er mit 25 000 Euro anfinge: "Ein kleines Fahrradleihsystem in Lüneburg einrichten, das vielleicht zunächst die Universität abdeckt."