Jedes vierte Grundschulkind kann nicht richtig schwimmen. Die Stadt Lüneburg unterstützt kostengünstige Ferienkurse

Lüneburg. Plantschen ja, Schwimmen nein: Immer mehr Menschen in Deutschland zählen zu den Nichtschwimmern, das heißt, sie können sich nicht fünf Minuten sicher über Wasser halten. Und die Tendenz ist steigend. Zum diesem Schluss kommt eine Umfrage der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft.

Während Ende der 80er-Jahre noch weit mehr als 90 Prozent der Grundschüler schwimmen konnten, sind heute 45 Prozent der Mädchen und Jungen dazu nicht in der Lage, sagt Klaus Wilkens, Präsident der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Er macht für diese Entwicklung mehrere Gründe verantwortlich. "Einerseits bieten die Schulen heute nicht mehr den Standard wie früher, viele Lehrer, die Schwimmunterricht anbieten sind fachfremd. Außerdem sinkt die Zahl der Bäder bundesweit. Die Nähe zwischen Schule und Bad ist häufig nicht gegeben."

Steigt die Zahl der Menschen, die nicht oder nicht ausreichend schwimmen könne, steigt die Gefahr für Unfälle. In Deutschland sind im vergangenen Jahr 474 Menschen ertrunken, 63 davon in Niedersachen. Damit gehört das Bundesland zu denjenigen, in denen besonders viele Badeunfälle tödlich enden, wenngleich Rettungsschwimmer 132 Männern und Frauen das Leben retten konnten.

Die alarmierenden Zahlen sorgten auch im niedersächsischen Kultusministerium für erhöhte Aufmerksamkeit. 2008 versprach die damalige Ressortchefin Elisabeth Heister-Neumann (CDU), dass jedes Grundschulkind schwimmen lernen solle. Neben den im Lehrplan vorgesehenen 40 Stunden Schwimmunterricht, sollen ergänzende Schwimmlernangebote Abhilfe schaffen. Für die Kinder, denen es in der vorgeschriebenen Zeit nicht gelingt, die Seepferdchenprüfung erfolgreich zu absolvieren, können die 1800 Grundschulen des Landes mit ein Zuschuss in Höhe von 200 Euro unterstützt werden, die sie bei der Landesschulbehörde beantragen können.

Bislang wurden 350 Lehrgänge unterstützt, sagt Corinna Fischer, Sprecherin des Kultusministeriums. Zudem sind die Schulen verpflichtet, im Rahmen der Niedersächsischen Schulinspektion Angaben zur Schwimmfähigkeit ihrer Schülerinnen und Schüler zu machen.

In Lüneburg wurde das Problem schon vor einigen Jahren erkannt. 2006 hat die Stadt in Kooperation mit dem DLRG reagiert. Seitdem können Schüler der dritten bis fünften Klassen in den Ferien unter Anleitung von zwei Fachkräften einen einwöchigen Schwimmkursus für 20 Euro besuchen. Am Ende steht die Seepferdchenprüfung, die 2010 bislang immerhin 70 Prozent der Kinder bestanden haben.

Neu in diesem Jahr ist die Kooperation mit der Samtgemeinde Ostheide, die zwölf der 36 Teilnehmer für den Sommerferienkursus stellte. "Das Engagement in Lüneburg ist begrüßenswert. Denn mit solchen Ansätzen wird versucht, die Problematik der Schulen auszugleichen", sagt Klaus Wilkens.

Ähnlich bewertet Kerstin Steckmann das Projekt der Stadt. Sie arbeitet in der Salztherme Lüneburg und hat beobachtet, dass die Teilnehmerzahl an den Ferienkursen in den vergangenen Jahren gestiegen ist: "Vielleicht wird in den Familien nicht mehr so viel Wert auf die sinnvolle Freizeitgestaltung gelegt, sodass fürs Schwimmen lernen nur in der Schule Zeit bleibt."

Niedersachsenweit gibt es positive Signale. Der Landesschwimmverband hat 2007 erstmals zum Wettbewerb "Niedersachsen schwimmt" aufgerufen. In diesem Jahr haben sich insgesamt 454 Grundschulklassen und Gruppen aus Kindertageseinrichtungen beteiligt.