Eine Ausstellung zum Hansetag zeigt die wichtige Rolle der Möllering-Villa in Lüneburg bei der Kapitulation vor britischen Truppen.

Lüneburg. Nur 90 Sekunden Filmmaterial flimmern über eine Leinwand im großen Saal der Lüneburger Handwerkskammer. Eineinhalb Minuten historisches Material, das eine lange Geschichte von der Kapitulation Hamburgs gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erzählt. Eine Geschichte, die für die meisten nicht auf den ersten Blick sichtbar ist. Für Dr. Rainer Sabellek dagegen, der Organisator der Ausstellung "Der Zerstörung entronnen. Die Rettung der Hansestadt Hamburg am 3. Mai 1945 in Häcklingen Lüneburg" und Gründer des Vereins "Lüneburg Capitulation May 4th 1945" stellt der Filmausschnitt ein wichtiges Zeitzeugnis dar. Für ihn belegt er die zentrale Bedeutung des Waldhauses Häcklingen - der Möllering-Villa - auf dem Weg zur Kapitulation der größten Hansestadt Norddeutschlands.

In der bis zum siebten Juli anlässlich des internationalen Hansetags stattfindenden Ausstellung soll die große Bedeutung dieses historischen Tages vor gut 67 Jahren weiter in das Bewusstsein der Lüneburger Öffentlichkeit rücken.

Wie sehr die Geschehnisse um den dritten Mai 1945 zu Sabelleks Lebensaufgabe gewachsen sind, wird schon wenige Sekunden nach Ausstellungseröffnung klar. Was die Sichtung eines 90-sekündigen Filmausschnittes sein sollte, mausert sich zu einem einstündigen Vortrag, in dem der Historiker sich fast überschlägt. Stolze 660 Euro musste sein Verein für die einjährigen Rechte an dem Filmmaterial bezahlen. "Ich hätte gerne noch mehr gezeigt, das konnten wir uns aber nicht leisten", bedauert Sabellek.

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Für ihn steht in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Waldhauses in Häcklingen außer Frage, stellt dieses doch den wichtigsten und bis heute noch erhaltenen Hauptschauplatz in der Endkriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit in Lüneburg dar. Der kurze Filmausschnitt liefert ihm den Beweis. "Der Film stellt alle Beteiligten des historischen Tages vor", sagt Sabellek und - engagiert in seinem Element - stoppt den ohnehin kurzen Film alle paar Sekunden, um den Besuchern jedes noch so unwichtig erscheinende Detail bis ins Genauste zu erklären.

Er kann gar nicht aufhören, seine Geschichten zu erzählen, er ist mit Herzblut dabei, scherzt und kann sich auch die eine oder andere Anekdote nicht verkneifen. Wie von Feldmarschall Montgomery, der zwei Hunde besaß, die die Namen seiner Feinde trugen. Oder von dem berühmten britischen Pflaumenkuchen, über den ein Mitglied der deutschen Delegation gesagt haben soll, dass es sich schon wegen des Kuchens lohne, zu kapitulieren. Aus seinem Mund klingt es zuweilen, als sei er selbst dabei gewesen.

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In der Ausstellung erwarten die Besucher dann bisher unveröffentlichte Bilder und Dokumente, die sich alle um das Kriegsende in Norddeutschland und insbesondere um das Geschehen in der Möllering-Villa drehen, die Sabellek unbedingt vor des Abriss bewahren möchte. Zeitgenössische in- und ausländische Zeitungen und Fotografien der Beteiligten machen den Hauptteil der Ausstellung aus. Über ein altes Radio laufen Rundfunkaufnahmen des Reichssenders Hamburg und des Senders Radio Hamburg, um einen authentischen Eindruck der damaligen Situation in der Hansestadt zu vermitteln. Sein Ziel: Aufklärung über die Geschichte, auch im schulischen Bereich. "Ich möchte weg von den Mythen und Vorstellungen, der Krieg wäre erst am 8. Mai zu Ende gewesen", so Sabellek.

Etwas bedauerlich ist, dass zu der Zusammenstellung der Exponate nur wenige Hintergrundinformationen geliefert werden. Für geschichtlich weniger versierte Besucher fehlt ein historischer Abriss, der durch die Ausstellung leitet und das nötige Verständnis vermittelt, um die einzelnen Ausstellungsobjekte einzuordnen.

Für Sabellek ist diese Ausstellung nur der erste Schritt, um die Ergebnisse seiner akribischen Recherche zu präsentieren. "Die Möllering-Villa ist die erste Station zur friedlichen Kapitulation", sagt Sabellek. "Bis 2015 möchte ich alle weiteren Stationen - den Timeloberg, die Hall of Commerce in der Lüneburger Handwerkskammer und die Geschehnisse am Ochsenmarkt zusammenhaben." Das klingt beinahe wie ein Versprechen - das man dem engagierten Lüneburger sofort abnimmt.