Großes Jubiläum: Der Lüneburger Benno Fabricius gründete vor 25 Jahren einen SPD-Ortsverein - auf dem Volksfest Hamburger Dom.

Lüneburg/Hamburg. Der Saisonauftakt war nicht grandios, findet Benno Fabricius, Betreiber der "Bauernschänke" auf dem Hamburger Dom und Chef des Lüneburger Schaustellerverbandes. "Es ist einfach noch zu kalt für den Jahrmarkt", sagt er. Doch das ist nicht die einzige Sorge, die den Schaustellern auf dem größten norddeutschen Volksfest zu schaffen macht. "Natürlich sind auch die ständig steigenden Kosten für Energie ein Thema", sagt Fabricius.

Weil es hinter den glänzenden Fassaden des Jahrmarktes auch immer wieder Probleme gibt, hat Benno Fabricius sich vor 25 Jahren entschlossen, politisch aktiv zu werden: Er wurde Mitglied der SPD und gründete einen ungewöhnlichen Ortsverein - auf dem Hamburger Heiligengeistfeld.

"Einige Kollegen unter den Schaustellern wollten Fachthemen besprechen und politisch aktiv werden. Mit Politikern muss man den direkten Kontakt suchen, wenn man etwas bewegen will", meint Fabricius. Mitstreiter für sein Vorhaben fand er schnell. 100 Mitglieder hatte sein Ortsverein gleich bei der Gründung - der bekam allerdings von der Partei die Bezeichnung "Distrikt", weil der Dom kein Stadtteil ist, in dem die Ortsvereine sonst beheimatet sind. Inzwischen hat der Distrikt 150 Mitglieder. Zu Parteitagen auf Landes- und Bundesebene werden Delegierte entsandt.

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Unter den ersten, die vor 25 Jahren zu Benno Fabricius stießen, war sein Freund Egon Greger. Fabricius ist Lüneburger, seine Familie bereist in 5. Generation norddeutsche Märkte. Mit einem hölzernen Riesenrad fing es an, dann kam eine Schießbude dazu, heute ist es die "Bauernschänke". Gregers Vater ging in Lüneburg zur Schule, fuhr später mit einer Schiffsschaukel durchs Land, sein Sohn wuchs auf dem Rummelplatz auf. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis Benno Fabricius und Egon Greger einander auf einem Jahrmarkt im Norden begegneten. Heute betreibt Greger eine rollende Pizzeria.

Wenn es um Politik geht, dann wissen die Sozis vom Heiligengeistfeld ganz genau, warum sie sich bei der SPD wohl fühlen. Die SPD ist traditionell die Heimat hart arbeitender Menschen - und hart arbeiten muss ein Schausteller. "Tage mit 16 Stunden Arbeitszeit sind keine Seltenheit. In anderen Branchen wird das Geld leichter verdient", sagt Benno Fabricius.

Für Egon Greger gibt es noch einen anderen Grund, in der SPD aktiv zu sein: Er schwärmt für Helmut Schmidt. "Als Schmidt in Hamburg Innensenator war, war das eine große Zeit. Der Mann hat noch ein klares Bekenntnis abgelegt - zu den Schaustellern. Er ist zu uns gekommen, hat sich fotografieren lassen mit dem Teddybären in der Achterbahn. Das waren Zeiten", erinnert sich Greger. Die seien inzwischen härter geworden, alle Schausteller spürten das. Die Besucherzahlen auf den Rummelplätzen im Norden sinken nicht, aber die Leute halten sich zurück. "Sie geben bei ihren Besuchen weniger Geld aus. Wir haben eine Kostenexplosion hinter uns. Unsere Gewinnspannen sind kleiner geworden", sagt Benno Fabricius.

Steigende Energiekosten machen auch Theo Rosenzweig, Inhaber eines Riesenrades mit Heimatstandort in Bad Oeynhausen, Sorgen. "Mit meinem Riesenrad kann ich derzeit nicht bundesweit unterwegs sein", sagt Rosenzweig, ebenfalls SPD-Genosse. Im Moment bereist Rosenzweig aus Kostengründen nur norddeutsche Volksfeste. Oldenburg, Bremen, Hamburg - in dem Dreieck bewegt sich sein Fahrgeschäft in diesem Jahr. "Auf diese Weise machen wir uns stärker gegenseitig Konkurrenz", sagt er. Zwei Riesenräder auf einem Platz, das geht nicht, zumal kleinere Volksfeste wie Schützenfeste oft nicht mehr funktionieren.

Hilfe der Bundesregierung bei der Bewältigung steigender Kosten durch eine Mehrwertsteuerentlastung, das ist ein Wunsch der Schausteller. Auch die Höhe der Standgebühren und Standplatzzuweisungen auf Volksfesten sind überall im Norden ein Them.

Weil sie ihre Sorgen nicht für sich behalten, sondern sich darüber austauschen wollen, sind die Sozialdemokraten aktiv. Immer wieder laden sie Politiker zu sich ins Festzelt ein, nicht nur Genossen, sondern auch Mitglieder anderer Parteien. Derzeit liegt ihnen die Werbung um Nachwuchs besonders am Herzen. Sascha Kirchhecker aus Bardowick im Landkreis Lüneburg, Betreiber einer Crêperie, gehört zu den jüngsten Neuzugängen unter 40 Jahren, die jetzt im fahrenden SPD-Distrikt politisch zu Hause sind. "Gerade hatten wir elf Neuaufnahmen, die Hälfte davon junge Leute. Das ist ein gutes Ergebnis", findet Benno Fabricius.