Diesmal will der 66-Jähriger über Wismar, Magdeburg, Halle, Quedlinburg und Salzwedel anreisen - 850 Kilometer liegen vor ihm

Lüneburg. 24 Mal war er bisher schon dabei, in Lüneburg feiert er ein Jubiläum: Den Lübecker Hans Potratz hält es nicht zu Hause, wenn irgendwo in Europa ein Hansetag gefeiert wird. Mit dem Fahrrad macht er sich auf den Weg. Seit 1987 ist er dabei, wenn der Hansebund seine Zusammenkünfte feiert. "Den ersten Hansetag habe ich in Kalmar in Schweden erlebt. Damals sind wir noch zu dritt auf Fahrradtour in Richtung Norden gegangen", erinnert sich Hans Potratz.

Eine etwas längere Strecke sollte es damals für die drei Freunde schon sein - ganz urig, mit Zelt und Gaskocher. "Kommt doch zum Hansetag", schlug Lübecks damaliger Bürgermeister Robert Knüppel den drei Radlern seinerzeit vor - und die zogen mit. Der Startschuss war gefallen.

Spaß gemacht hat Hans Potratz das Spektakel von Anfang an - und so radelt er seitdem, was das Zeug hält, immer auf den Spuren der Hanse, auch wenn er inzwischen der einzige aus der ehemaligen Dreiergruppe ist, der sich noch auf den Weg macht. Dem ehemaligen Lokomotivführer, der seine berufliche Laufbahn als Zugführer bei der Hamburger Hochbahn begann, liegt das Reisen einfach im Blut. "Das Wiedersehen bei den Hansetagen, das ist für mich fast so etwas wie ein Familienfest", sagt er. Kein Wunder. Nach Turku in Finnland ist er 1300 Kilometer geradelt, um dabei zu sein. Im estländischen Pärnu war er und im litauischen Kaunas auch. "Dort habe ich Lüneburgs Bürgermeister Eduard Kolle kennengelernt", erinnert er sich.

Eduard Kolle war es denn auch, der Potratz Anfang März in Empfang nahm, als Potratz schon mal eine Stippvisite in Lüneburg absolvierte. Auch die Ratsfrauen Renate Rudolph und Petra Güntner waren dabei, überreichten Potratz erste Souvenirs aus der Stadt. Auf die Tasche mit dem Signet zum Lüneburger Hansetag ist Potratz besonders stolz, die wird er bestimmt dabei haben, wenn er sich im Juni mit dem Fahrrad auf den Weg nach Lüneburg macht. "Ich nehme jedes Mal ein paar kleine Präsente mit - Marzipan oder Rotspon aus Lübeck zum Beispiel. Damit mache ich unterwegs auf den Hansetag aufmerksam. Viele Menschen kennen das Fest noch gar nicht."

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Diesmal will der pensionierte Lokomotivführer über Wismar, Magdeburg, Halle, Quedlinburg und Salzwedel anreisen - immerhin 850 Kilometer liegen vor ihm, aber für den sportlichen 66-Jährigen ist das kein Problem. Er ist einfach gern mit dem Zelt in der freien Natur unterwegs. "Natürlich bleibe ich auch mal über Nacht in Pensionen oder kleinen Hotels", sagt er - wenn das Wetter so gar nicht mitspielt, muss auch ein hartgesottener Radler seine Ausrüstung mal trockenen lassen.

Lüneburg kennt Potratz bereits aus seiner Zeit bei der Deutschen Bahn. "Wunderbare Fassaden", schwärmt er. Überhaupt, in Sachen Hanse hat er inzwischen einiges an Spezialwissen erworben. "Ich sammle Zeitungsausschnitte zum Thema, habe auch jede Menge Bücher dazu", sagt er. Das Ambiente vieler Hansestädte lockt ihn immer wieder. "Die Backsteingotik, das ist schon faszinierend."

Und natürlich die Begegnung mit den Menschen. Die ist es auch, die ihn immer wieder aufs Fahrrad steigen lässt. "Es entstehen jedes Mal neue Verbindungen", meint Potratz. Den Empfang seiner Wahlheimatstadt Lübeck besucht er auf jedem Hansetag, der so genannte Lübeck-Abend ist immer fest im Programm verankert. "Ich gehe auf die Menschen zu. Der Hansetag, das ist einfach ein Fest für die Völkerverständigung. Es stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl in Europa", meint der ehemalige Zugführer.

70 000 Besucher, damit rechnet die Stadt Lüneburg mindestens für den Hansetag, der vom 28. Juni bis zum 1. Juli innerhalb der Stadtmauern gefeiert wird. "Das werden mehr. In Salzwedel waren zuletzt doch schon mehr Leute", meint Potratz sich zu erinnern - und er weiß auch gleich, wer auf jeden Fall aus Lübeck dabei sein wird. "Das Lübecker Hansevolk kommt im Planwagen." Das Hansevolk in Lübeck ist eine mittelalterlich gewandete Gruppe Gleichgesinnter, die es seit acht Jahren gibt.

175 Mitglieder, alles ehemalige Hansestädte, hat der Bund der Hanse inzwischen. Und von dort sei so einiges an Besuchern zu erwarten, meint Potratz. Er selbst wird sich drei Wochen vor Beginn der Fete auf den Sattel schwingen. "Den einen oder anderen Ruhetag plane ich mit ein", sagt er. Aber dass er kommt - mit der Lübeck-Flagge am Rad, versteht sich - das steht fest: denn Hansetag ohne den radelnden Hans, das geht eben gar nicht.