Lüneburger FDP und Piraten befürworten Live-Übertragungen der politischen Sitzungen. Doch die Kritiker sind in der Mehrheit.

Lüneburg. Sollten Ratssitzungen live im Internet zu sehen sein? Über diese Frage entbrennt in immer mehr Städten und Kommunen eine Debatte. Braunschweig ist seit kurzem online, in der Stadt Celle dagegen hat man das Projekt auf Eis gelegt. Auch in Lüneburg hat der Stadtrat bereits über die Frage diskutiert - und sich vorerst dagegen entschieden. Im Lüneburger Kreistag hingegen waren Direktübertragungen der politischen Debatten in Wort oder Bild - in sogenannten Livestreams - bislang kein Thema.

"Wir befürworten Live-Übertragungen der Ratssitzungen im Internet", sagt Tobias Ginschel, Lüneburger Ratsherr der Piratenpartei. Als der Antrag der FDP-Fraktion im vergangenen Herbst im Stadtrat zur Sprache kam, war seine Fraktion noch nicht in dem Gremium vertreten. Doch einer Neuauflage der Diskussion stehen die Piraten aufgeschlossen gegenüber. "Mit einem Livestream könnte man die Generation Internet erreichen", sagt Grischel. Ihm sei allerdings auch bewusst, dass so manche Debatte in den Räten eher langatmig wirke.

"Sicher gibt es Spannenderes. Aber es wäre schon ein Erfolg, wenn vielleicht der eine oder andere nebenbei reinhört. Auch Ratsherren und Ratsfrauen, die verhindert sind, könnten sich auf die Weise einen Überblick verschaffen", meint Grischel.

In Gang gesetzt hatte die Diskussion gegen Ende der vergangenen Amtsperiode des Stadtrates die FDP. Ratsfrau Birte Schellmann (FDP) findet die Idee noch immer gut. "Es kamen aber Bedenken vor allem hinsichtlich der Kosten", sagt sie. Und auch die allgemeinen Persönlichkeitsrechte seien für die Ablehnung angeführt worden. "Dabei hätte die Übertragung sicher eine disziplinierende Wirkung. Jeder würde genau überlegen, was er sagt und wie er es sagt", meint Schellmann.

Beiträge, die unter die Gürtellinie zielten, würden eingedämmt. "Und ein Stück mehr Bürgernähe und Transparenz hätten wir auch hergestellt." Birte Schellmann kann sich einen neuen Anlauf in der Sache durchaus vorstellen, auch wenn der historische Huldigungssaal des Rathauses in Lüneburg, in dem der Rat tagt, nicht eben über eine gute Akustik verfügt.

In der benachbarten Heidestadt Celle ist eine Probephase, die eigentlich in diesem Frühjahr beginnen sollte, gerade kurzfristig ausgesetzt worden. "Wir haben das Projekt auf Eis gelegt", sagt Stadtsprecherin Myriam Meißner. Kostengründe seien dafür ausschlaggebend gewesen. "Die ursprünglich veranschlagte Summe von 9500 Euro für ein Jahr hätte vermutlich nicht ausgereicht. Der besonders kostengünstige Anbieter hier vor Ort schien bei näherer Betrachtung fachlich nicht ausreichend qualifiziert. Man muss die zu erwartenden Kosten auch zu den voraussichtlichen Zuschauerzahlen ins Verhältnis setzen", sagt Meißner.

+++ Offenheit kann nur helfen +++

Den hohen Kostenaufwand führt auch Katrin Peters, Sprecherin des Landkreises Lüneburg, als Argument gegen eine Direktübertragung aus dem Kreistag an. "Es wäre ein hoher fünfstelliger Betrag nötig, um Kreistagssitzungen live im Internet auszustrahlen", sagt sie. Theoretisch wären Bild oder Tonübertragungen jedoch machbar.

"Allerdings nur mit einem entsprechend hohen Aufwand an Technik und Personal", sagt Peters. Als Beispiel führt sie die Videoübertragung an. "Mindestens zwei Leute müssten für die Bedienung der Kameras eingesetzt werden, wenn wir nicht nur eine Totale vom Kreistag zeigen wollen, sondern auch die einzelnen Redner während ihrer Wortbeiträge."

Überdies müsste der Sitzungssaal - meistens ist es die Ritterakademie in Lüneburg - vernünftig ausgeleuchtet werden, damit die Betrachter die Diskussionen im Internet mit einem vernünftigen Bild verfolgen könnten.

Es stelle sich ohnehin die Frage, ob das Interesse der Bürger den Aufwand einer Übertragung rechtfertigen würde, sagt Peters. "Es ist nur schwer vorstellbar, dass Bürger wie etwa in Braunschweig die Daten einer vierstündigen Sitzung herunterladen, um sich die Diskussionen anzuhören. Möglicherweise von Politikern, die sie nicht einmal kennen."

Live-Übertragungen vom Kreistag sind der Kreissprecherin zufolge in den Fraktionen bislang kein Thema gewesen. "Sollte jedoch ein entsprechender Antrag gestellt werden, wäre eine politische Entscheidung des Kreistages nötig." Peters geht davon aus, dass dann alle Kreistagsabgeordneten gefragt werden müssten, weil Persönlichkeitsrechte berührt würden.

Obgleich Kreistagssitzungen live im Internet zurzeit nicht geplant sind, müssen politisch interessierte Bürger nicht auf Informationen aus dem Kreistag und seinen Fachausschüssen verzichten. Peters: "Auf unserer Internetseite www.lueneburg.de werden im Ratsinformationssystem zeitnah Beschlüsse und Protokolle zum Nachlesen für die Bürger veröffentlicht."