Die Stadt zieht Konsequenzen aus den Anwohnerbeschwerden über Lärm und verhängt strenge Auflagen. Veranstalter verlegte Konzert.

Lüneburg. Ärger am Kreideberg: Anwohner beschweren sich über den Lärm bei Großveranstaltungen in der Sporthalle des Vereins MTV Treubund. Für das geplante Konzert am Freitag, 23. März, von Gunter Gabriel hat die Stadt dem Veranstalter daher verschärfte Auflagen gemacht. Der hat die Show daraufhin verlegt - dem Sportverein gehen nun Einnahmen verloren.

Mit einem Konzert der Band "The BossHoss" im Dezember 2010 hatten MTV und Campus Management ihre Zusammenarbeit begonnen. Die Idee: Campus bewirtschaftet ohnehin die Gaststätte im Sportpark und kann in seiner Veranstaltungshalle Vamos auf dem Universitätsgelände nur rund 700 Zuschauer unterbringen. Der Sportpark war eine willkommene Alternative: Dort können bis zu 14000 Besucher unterkommen.

Im vorigen Jahr folgten dann unter anderem zwei Abibälle, aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs und hohen Abgangszahlen gab es auch für die jungen Leute wenig Alternativen in Lüneburg, mit 1000 Gästen einen Ball zu feiern. Doch die Partys wurden zu laut - Anwohner beschwerten sich bei der Stadt. Die hat daraufhin ein Lärmgutachten erstellen lassen und es Donnerstagabend im Sportpark vorgestellt.

"2011 hat es zwei Abifeiern gegeben, bei denen maßgebliche Werte vermutlich überschritten wurden", sagte Stadtrat Markus Moßmann. Es sei nicht Ziel der Stadt, etwas zu dulden, das nicht zulässig ist. Sie unterstütze aber das Interesse des Sportvereins, seine Halle aus finanziellen Gründen für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen.

Ein Anwohner stellte infrage, ob Musikveranstaltungen in der Sporthalle per Bauordnung überhaupt genehmigt seien. Schließlich habe es bereits Beschwerden von Kleingärtnern gegeben, als sie nach dem Bau der Tennisplätze beim Frühstück im Garten vom "ewigen Plop-Plop" genervt worden seien. "Das passt hier nicht rein und darf hier nicht rein."

+++ Ein bisschen Lärm muss erlaubt sein +++

Letzteres allerdings stimmt nicht, wie Vertreter der Stadtverwaltung aufklärten. Seit 2006 sind drei bis fünf sportferne Großveranstaltungen pro Jahr erlaubt, der MTV muss dafür jeweils einen Antrag stellen. Insgesamt darf es 18 sogenannte seltene Ereignisse jährlich geben, bei denen es lauter werden darf als üblich - inklusive Sportveranstaltungen wie etwa große Turniere mit vielen Zuschauern.

Je nachdem, ob es sich um eine Sport- oder eine andere Veranstaltung handelt, gelten bestimmte Richtwerte für den Lärm, der von ihnen ausgeht. Bei einem "seltenen Ereignis" zum Beispiel sind bis in den späten Abend 70 Dezibel erlaubt, nachts 55 Dezibel. Zum Vergleich: Ein normales Gespräch am Tisch misst etwa 60 Dezibel, zehn Dezibel mehr werden als Verdoppelung der Lautstärke wahrgenommen.

Laut Gutachter Cay-Peter Meyer vom TÜV Nord werden die Tagesrichtwerte bei "seltenen Ereignissen" im Sportpark eingehalten, solange drinnen eine Lautstärke von maximal 92 Dezibel herrscht - und Fenster, Türen und Dachluken geschlossen sind. Liegt die Lautstärke drinnen darüber, ist es draußen vor allem nachts zu laut.

Die Vereinsanlage ist seit 2008 mechanisch auf 84 Dezibel begrenzt - Probleme können nur entstehen, wenn Künstler eigene Anlagen mitbringen. In diesen Fällen ist Campus fortan gehalten, die Einhaltung eines Maximalpegels sicherzustellen und zu belegen.

MTV-Präsident Hartmut Deja brach eine Lanze für die jungen Leute, die bei ihren Abibällen über die Stränge geschlagen hatten. "So einen Ball feiern sie nur einmal in ihrem Leben." Er wehrte sich gegen den "Eindruck, als wäre hier jeden Tag Lärm". Große Konzerte gebe es ohnehin meist im Winter, könnten die Kleingärtner also im Prinzip gar nicht belasten.

Doch die beschwerten sich nicht nur über Musik, sondern auch laute Jingles, eingespielte "Tor"-Rufe und zu kräftiges Anfeuern bei großen Sportveranstaltungen wie etwa dem dreitägigen internationalen Handballturnier "Heide-Cup" im August 2010. Für den Sportverein war die Veranstaltung ein Highlight, für die Anwohner "nicht auszuhalten" und "Folter".

Die Lösung für den Ärger am Kreideberg soll nun ein zweites Gutachten bringen, das die Stadt in Auftrag gibt und das Empfehlungen für Lärmschutzmaßnahmen geben soll. Liegen die Ergebnisse vor, wird es erneut eine Bürgerversammlung geben.

Das Gunter-Gabriel-Konzert findet derweil nicht wie geplant am Kreideberg statt. Die neuen Auflagen der Stadt seien "so kurzfristig nicht umsetzbar", sagte Campus-Geschäftsführer Klaus Hoppe dem Abendblatt. Man habe es daher ins Vamos verlegt, die Show des Kabarettisten Rüdiger Hoffmann im November bleibe allerdings wie geplant am Kreideberg. Hoppe ist guten Mutes: Setze der MTV bauliche Maßnahmen um, sei er sicher, "dass wir für die Zukunft eine Lösung finden".

Ansonsten müsste Lüneburg auf bestimmte Künstler verzichten - weil solche Auftritte im kleineren Vamos nicht rentabel sind. Das Gabriel-Konzert ist durch die Verlegung ins Vamos übrigens bereits ausverkauft.