Andrea Funcke will in Selbstversorger-Seminaren das erworbene Wissen an interessierte Teilnehmer weitergeben, auch anhand ihrer Tiere.

Andrea Funcke hat gerade viel zu tun. Vor kurzem hat eines ihrer 80 Schafe Lämmer bekommen: Vierlinge, ein Mädchen und drei Jungen. Die stehen einen Tag nach der Geburt schon auf staksigen Beinen, den prallgefüllten Euter des Mutterschafs immer fest im Blick. Bei der Geburt war die stolze Besitzerin dabei. "Ich wusste, dass es mehrere würden. Der Bauch war so dick und auch das Schaf verhält sich anders, wenn es mehr als ein Lamm erwartet", sagt Andrea Funcke. Ihre Schafe hält sie nicht zum Spaß. Seit mehr als 20 Jahren ist Andrea Funcke Selbstversorgerin.

"Ich wollte das schon als Kind machen", sagt die 44-Jährige. Nach dem Studium der Landschaftsplanung zog sie von Hof zu Hof. "Ich habe auf den Bauernhöfen Altenpflege gemacht und das Wissen der Alten eingesammelt." Die letzte Generation, die wisse, wie man sich selbst versorge, sterbe langsam aus. Einiges an Wissen habe sie sich außerdem bei der Arbeit in Museumsdörfern angeeignet. Ihr Wissensschatz reicht inzwischen von der Pergamentherstellung über die Gartenplanung bis zur richtigen Haltung von Nutztieren. Seit fünf Jahren ist sie mit ihren Schafen in Walmsburg an der Elbe sesshaft.

In Selbstversorgerseminaren will Andrea Funcke das erworbene Wissen jetzt weitergeben. "Viele denken, dass man einen Hof braucht, um sich selbst zu versorgen. Doch ein Kleingarten reicht aus." Den Teilnehmern bringt sie das zur Jahreszeit passende Wissen bei, auch anhand ihrer Tiere.

Mit 80 Schafen, zwei Hunden, zwei Eseln, einem Maultier und unzähligen Hühnern, Enten und Gänsen lebt sie auf zwölf Hektar Land, das bewirtschaftet werden will. Im Mai wird beispielsweise mit den Seminarteilnehmern Heu gemacht - wenn es nicht regnet. Andrea Funcke will in ihrem Seminar nicht alle Teilnehmer zu Selbstversorgern umerziehen. Sondern sie will eine Alternative zur Konsumgesellschaft aufzeigen.

"Die Menschen gehen sicherer hier raus, weil sie wissen, dass sie sich selbst versorgen könnten", sagt Andrea Funcke. Sie will jedoch auch die Werteverschiebung aufzeigen. "Früher konnten Menschen von einer Kuh gut leben. Und die hat nur einen Bruchteil der Milchmenge der Hochleistungskühe gegeben", sagt sie. Inzwischen könne man von der Landwirtschaft nur noch leben, wenn man Massen liefern könne.

Am wichtigsten ist es Andrea Funcke, dass ihre Seminarteilnehmer lernen, dass sie nicht immer nur ernten können. "Man muss schon einen Kreislauf einhalten, sonst ist der Boden nach drei Jahren ausgelaugt." Es sei wichtig, auch die Tiere im Boden zu ernähren. Das tut sie beispielsweise mit dem Mist der Schafe. Die dürfen auch die Flächen anderer Landwirte im Dorf düngen.

"Inzwischen könnte ich autark leben, das ist jedoch in unserer Gesellschaft nicht möglich", sagt sie. Darum geht es der Selbstversorgerin aber auch nicht. "Es geht darum, zu erkennen, was man im Leben braucht und den kürzesten Weg dorthin zu finden."

Diesen Weg zurück zur Natur versuchen auch die Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft Hof Tangsehl einzuschlagen. Mit solidarischer Landwirtschaft. "Die Mitglieder zahlen einen festen Betrag und dürfen sich dafür alle am Hof erzeugten Produkte nehmen", sagt die Vorsitzende des Vereins Tangsehl Jutta Ebel. Eine Betreibergemeinschaft bestellt die Felder und kümmert sich um die Tiere.

"Unsere Mitglieder sind häufig Familien, die sich regional und saisonal ernähren wollen. Gerade nach den Lebensmittelskandalen wollen sie wissen, was sie essen und woher es kommt", sagt Jutta Ebel. Manche Mitglieder würden sich nach schlimmen Krankheiten für die solidarische Landwirtschaft entscheiden, wieder andere wollten in eine sinnvolle Sache investieren.

Das beobachtet auch Ulrich Hellfritz vom Eine-Welt-Laden in Lüneburg. "Es gibt immer wieder diese furchtbaren Geschichten über Lebensmittel aus dem konventionellen Bereich. Das macht den Leuten große Angst", sagt er.

Im Eine-Welt-Laden liegt der Fokus nicht auf den Dingen des täglichen Bedarfs. Stattdessen hat Ulrich Hellfritz beispielsweise 100 Bio-Weine im Angebot. "Die Menschen denken darüber nach, was sie konsumieren. Auch bei Wein." Seine Käufer seien zwischen 16 und 80 Jahre alt.

Auf den Hof von Selbstversorgerin Andrea Funcke kommen viele Familien. "Die Erwachsenen kommen wegen der Kinder", meint sie. Eltern wollten ihren Kindern zeigen, wie die Menschen vor der Industrialisierung gelebt hätten und seien irgendwann selbst von der Idee begeistert. "Sich selbst zu versorgen, führt zu einem anderen Blickwinkel. Es geht nicht darum, sich zu spezialisieren und Geld zu verdienen", sagt Andrea Funcke. Sie allerdings muss genau das schaffen.

Die Pacht für den Hof, Futter für die Tiere, Strom und Wasser müssen bezahlt werden. Geld verdient sie mit den Seminaren und ihren Aktionen für Kindergärten. Kindern bringt sie beispielsweise alles rund ums Schaf bei. Außerdem kann sie Fleisch, Fell, Milch und Eier ihrer Tiere verkaufen.

Auch wenn sie theoretisch alles kann, eines macht Andrea Funcke nie: Sie schlachtet nicht selbst. "Das könnte ich wegen der Hygienebestimmungen nicht. Außerdem gibt es Leute, die das besser können. Meine Tiere sollen nicht leiden, wenn sie sterben." Das nächste Selbstversorgerseminar bietet Andrea Funcke vom 13. bis 14. April an.

www.funckenhof.de