Ein Einzigartiges Projekt der Gesamtschule Schneverdingen vermittelt mehr Neuntklässler als erwartet in eine Ausbildung.

Schneverdingen. Es gibt genügend junge Menschen, die nicht länger als nötig die Schulbank drücken wollen und am liebsten nach Abschluss der neunten Hauptschulkasse eine Ausbildung beginnen möchten. So auch in der Kooperativen Gesamtschule Schneverdingen (KGS). "Von den insgesamt 54 Schülern im neunten Hauptschuljahrgang wollen 25 die Schule verlassen, falls sie einen Ausbildungsplatz bekommen", sagt Mani Taghi-Khani, Hauptschulzweigleiter an der KGS Schneverdingen.

Das allerdings gelingt in der Regel kaum, denn generell eilt dem Hauptschulabschluss ein schlechter Ruf voraus. Jeder zweite Hauptschulabgänger in Deutschland hat ein Jahr nach Verlassen der Schule noch keinen Ausbildungsplatz. Um das zu ändern gibt es an der Gesamtschule Schneverdingen seit dem vergangenen Sommer das Projekt "Jobwärts" (wir berichteten): Daran beteiligt sind neben der Schule unter anderem auch die Agentur für Arbeit in Uelzen, die Deutsche Angestellten Gesellschaft (DAA) am Standort Soltau sowie die Soltauer Außenstelle der Technischen Ausbildungsstätte Uelzen (TAS).

+++ Schüler trainieren für eine Ausbildung +++

Ungewöhnlich, gar großartig sind die Erfolge zu nennen, die das deutschlandweit einmalige Schulprojekt schon jetzt einfährt: Zehn der Schüler haben bereits jetzt schon einen sicheren Ausbildungsplatz. Sechs weitere wissen um ihre guten Chancen, wenn ein für die Osterferien anstehendes Praktikum gut verläuft. Es bleiben letztlich sechs Hauptschüler mit einem Praktikumstermin, deren Option hinsichtlich einer Lehrstelle noch unbestimmt ist.

"Wir rechnen realistisch mit 14 bis 16 Ausbildungsplätzen für unsere Hauptschüler. Das ist eine Sensation, wenn man bedankt, dass im Normalfall höchstens zwei Neuntklässer einen Ausbildungsvertrag bekommen", sagt der Erfinder der Jobwärts-Idee Taghi-Khani.

Einen Erfolgsschub brachte den Neuntklässern ein viertägiges Kompaktseminar im Februar auf dem Jugendhof in Idingen. Unter anderem fand ein intensives Bewerbungstraining unter realen Bedungenen mit Vertretern aus der Schneverdinger Wirtschaft statt. "Beide Seiten trafen aufeinander. Arbeitssuchende und Stellenanbieter", so der Leiter des Hauptschulzweigs an der Gesamtschule Schneverdingen.

Gleich drei Jobwärts-Schüler stellten sich im Rahmen des Kompaktseminars bei Birgid Suarez vor. Sie leitet zwei Autohäuser, eines in Schneverdingen, ein anderes in Soltau. "Ich bin begeistert von den Jugendlichen. Sie hatten sich ordentlich auf das Gespräch vorbereitet. Sowohl ihr Auftreten als auch ihr Erscheinungsbild hat mich überzeugt." Suarez sucht für beide Betriebe Mechatroniker.

"Die meisten Firmen nehmen bei diesem Ausbildungsberuf nur Realschüler oder Abiturienten", so die Geschäftsfrau. Für sie stellen Hauptschüler in diesem Beruf jedoch kein Problem dar. "Wer sich engagiert, lernt in einem kleinen Unternehmen wie dem unsrigen viel und das bereit früh.". Wenn die Schüler das Praktikum in den Osterferien erfolgreich absolvieren, will Birgid Suarez alle drei einstellen.

+++ Schüler trainieren für eine Ausbildung +++

Ähnlich bei der Otto Schröder Tiefbaugesellschaft in Schneverdingen. Dort hatte sich Jobwärts-Schüler Dennis Schröder vorgestellt und aufgrund seiner im Gewerke Metall erworbene Kenntnisse einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Auf dem Feedback-Bogen des Betriebs wurde vermerkt, dass "Herr Schröder vermutlich zum 1. August 2012 eine Ausbildung in dem Betrieb beginnen wird." "Unser Problem ist der Fachkräftemangel", sagt Geschäftsführerin Annegret Schröder.

Das Unternehmen ist auf den Rohrleitungsbau spezialisiert. Es bildet seinen Nachwuchs im Straßen- und Rohrleitungsbau selbst aus. "Wir habe einen Riesenbedarf und machen viel Werbung in der Stadt, um Nachwuchs zu finden", so Schröder. Zum namensgleichen Bewerbe sagt sie: "Mit 16 Jahren sind die Schulabgänger meist noch unreif. Allerdings hat Dennis bei uns einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Das Bewerbungsgespräch mit ihm war gut und seine Zeugnisnoten haben uns überzeugt. Wenn er ein ordentliches Praktikum absolviert, dann ist ihm der Ausbildungsplatz sicher." Selbst die Stadt Schneverdingen kommt in den Nutzen des Projekts. "Wir freuen uns, dass wir endlich einen Auszubildenden für unseren Bauhof gefunden haben. Es ist ein Neuntklässer aus der örtlichen Gesamtschule. Ab September wird er den Beruf des Gärtners erlernen", sagt Peter Plümer, Fachbereichsleiter für Innere- und Bürger-Dienste.

Die Stadt Schneverdingen unterstützt darüber hinaus das Projekt mit einer nicht unerheblichen vierstelligen Summe. Die Projektkosten für das laufende Jahr betragen 46000 Euro (etwa die Hälfte übernimmt die Arbeitsagentur Uelzen, die andere Hälfte tragen weitsichtige lokale Sponsoren).

Ebenfalls begeistert zeigt sich Landrat Manfred Ostermann. Der Landkreis Heidekreis finanziert die wöchentliche Beförderung der Jobwärts-Schüler von Schneverdingen zur Ausbildungsstätte der TAS nach Soltau und zurück. "Das werden wir auch weiterhin tun, denn Hauptschüler haben es schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden", so Ostermann.