Die Weggefährten Professor Anton Schafmayers sagen Danke für 20 Jahre am Klinikum. 300 Gäste kamen zum Empfang ins Hotel Seminaris.

Lüneburg. Anton Schafmayer geht es gut. Das ist nicht zu übersehen. Er weiß das selbst, sagt das selbst - und lacht von Herzen drüber. Der Professor, bis Mittwoch Ärztlicher Direktor des Städtischen Klinikums gewesen, hat das Haus geprägt wie kein zweiter. Ein Mann, kräftig in Statur und Stimme, der stets nach seiner Überzeugung gehandelt hat. Und Konflikte dafür in Kauf nimmt.

Anton Schafmayer hat sich verabschiedet. Von seinen Mitarbeitern, seinen Kollegen, seinen Wegbegleitern. Er wird fehlen im Haus. Nicht nur als Koryphäe seines Fachs, sondern auch als - Verzeihung - Mädchen für alles.

Denn Anton Schafmayer war ein Ärztlicher Direktor, der sich beileibe nicht nur um den medizinischen Bereich des Krankenhauses gekümmert hat oder "seinen OP". "Anton Schafmayer hat sich um alles gekümmert", sagt Dr. Michael Moormann, seit zweieinhalb Jahren als Geschäftsführer mit an der Spitze. "Wirklich um alles."

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Der Professor war sich nicht zu schade, das Problem falsch geparkter Fahrräder auf dem Gelände in den Griff zu bekommen. Oder Anweisungen zum Entfernen herumliegender Zigarettenstummel zu geben. Er weiß auch bis heute von jedem Teil des Klinikums, wann er für wie viel Geld aus welchen Mitteln gebaut wurde.

Anton Schafmayer kennt sich aus in seinem Haus, kennt die Namen aller fast 1300 Mitarbeiter - und weiß, was er will. Den Bewerber um den Geschäftsführerposten - der Anekdote nach ist das der "Chef unter ihm" - hat der Ärztliche Direktor anderthalb Stunden lang einer "inquisitorischen Unterredung" unterzogen, "das war ziemlich anstrengend", sagt der Betroffene noch heute. Dann aber hat Schafmayer Moormann ebenso lange das gesamte Haus gezeigt. Den Chefarzt-Kandidaten Dr. Jörg Cramer kutschierte er nach derselben Tour sogar noch durch die ganze Stadt, zeigte hübsche Sehenswürdigkeiten und schöne Wohnviertel. Ein Bewerbungsgespräch über einen ganzen Tag. Um sicherzugehen, dass der Richtige nach Lüneburg kommt. Und er auch wirklich kommt.

Cramer sagt, nach diesem Tag war er fertig. Aber auch zuversichtlich, dass ein Umzug von Berlin nach Lüneburg das Richtige sein könnte. Und Schafmayers Taktik sollte aufgehen: Seit gestern ist Cramer sein Nachfolger. Er war der Richtige, der Tag hat gelohnt.

Schafmayers Einsatz hat sich für die gesamte Region gelohnt. Er hat das Klinikum zu einem Krankenhaus gemacht, über dessen Schließung noch nicht einmal mehr nachgedacht wird. Das entgegen dem allgemeinen Trend nicht privatisiert worden ist. In dem fast 26 000 Patienten pro Jahr behandelt werden. Die Patienten sind, keine Kunden, wie der Chirurg betont. Denen mit Fürsorge, Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit zu begegnen ist. Die nicht als Objekte am Fließband repariert werden - auch wenn die Zeit für das Wichtigste in der Arzt-Patienten-Beziehung, das persönliche Gespräch, immer weniger wird.

Ein Chirurg, sagt der Professor, seit 1975 approbierter Arzt, lebt sein Leben zwischen Erfolg und Stolz, Misserfolg und Selbstzweifel. Verläuft die Heilung nach einer Operation nicht glatt, gibt das Gehirn des Chirurgen erst Ruhe, wenn es ganz sicher ist, jeden Schritt und jeden Schnitt zu erinnern und richtig gemacht zu haben. Läuft alles glatt, verschafft der Beruf Glück und inneren Frieden. Weil er Menschenleben rettet.

16 Menschen hätten Professor Schafmayer bei seinem Abschiedsempfang mit rund 300 Gästen am Mittwochabend im Hotel Seminaris gerne persönliche Worte ins Mikrofon gesprochen. Sechs durften - der Abend wäre sonst zu lang geworden.

Chirurg, Bankier, Architekt - Anton Schafmayer sei "von allem etwas gewesen", sagte Oberbürgermeister Ulrich Mädge. "Ein Macher, der brannte für sein Klinikum. Die Zukunftsfähigkeit des Hauses wird heute nicht mehr angezweifelt."

Stürmisches Begehren, gepaart mit Aufopferung und Hingabe, ein Charakter, bestimmt von ausgeprägter Leidenschaft - so beschrieb der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Jörß den Mann, der im Aufsichtsrat zwar keine Stimme hatte, aber einen Sitz - und deswegen "über seine Stimme" Einfluss genommen habe. "Für Anton Schafmayer wäre es ein Tadel, würde ihm jemand nachsagen, er sei bequem. Aber ich kann versichern: Der Professor war nie bequem", sagte Jörß und dankte Adelheid Schafmayer dafür, ihrem Mann den Rücken gestärkt und die vier Söhne groß gezogen zu haben.

Ein Ideengeber und Treiber, ein echter Pragmatiker, das ist Anton Schafmayer, sagte Rolf Sauer, Geschäftsführer der übergeordneten Gesundheitsholding. "Ihm war immer bewusst, dass das Ganze nur in und mit einem Team erreicht werden kann."

Selten zu bremsen - "und auf seine einnehmende Art hatte man mich vorher hingewiesen, um nicht zu sagen: davor gewarnt" - ist der Professor, das hat Chefarzt Jörg Cramer in seinen Lüneburger Jahren erlebt.

Und Michael Moormann wird vermissen, dass da jemand ist, der ihn montags um 8.30 Uhr anruft und fragt, was er denn schon geschafft habe an diesem Morgen - er selbst habe bereits zwei zentrale Venenkatheter gelegt.

Der mit liebevollen Scherzen Verabschiedete dankte. Dem Rat der Stadt, den Rednern, den Mitarbeitern, der Chefarzt-Runde. Und seiner Familie. Sie alle hätten ihn "getragen und ertragen". Und sie werden das gern weiter tun, so viel war nach diesem Abschied klar. Ein kompletter war es ohnehin nicht: Denn der Nebenberufs-Baudirektor Schafmayer wird den Erweiterungsbau des Krankenhauses begleiten.