Hitzige Debatte im Rat: Fraktionschef Eckhard Pols wirft Ulrich Mädge unter anderem vor, Anfragen nicht ordentlich zu beantworten.

Lüneburg. Die hitzigste Debatte im Lüneburger Rat hat bei der jüngsten Sitzung kein Sachthema betroffen. Sondern den Umgang der Ratsmitglieder untereinander. Der seit dem Platzen der Sparkassenfusion mit Harburg-Buxtehude im Frühjahr 2009 immer deutlicher werdende Streit zwischen dem Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols (CDU) und Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) ist öffentlich eskaliert.

Letzterer habe während der nicht öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses am Dienstag Anträge der CDU "diffamiert" und Christdemokraten "persönlich beleidigt", sagte Pols. "Ich möchte den OB bitten, Ton und Lautstärke zu mäßigen", holte der CDU-Fraktionschef weiter aus. Beides sei "unverhältnismäßig". Zudem forderte er eine Entschuldigung bei den betroffenen Personen.

Wie berichtet, hatte die CDU unter anderem einen umfangreichen Fragenkatalog bezüglich der Hansetage an die Verwaltung gestellt, zum Beispiel zu Finanzierung und Sponsoring sowie Eigenmitteln der Stadt -sie liegen bei 600 000 Euro. Mädge hatte bereits früher über die Anfrage gesagt, die CDU wolle wissen, "wie viele Schnittchen geschmiert" würden. Ob seine Aussagen im Verwaltungsausschuss in eine ähnliche Richtung gegangen sind, blieb während des öffentlichen Teils der Ratssitzung offen.

Mädge entschuldigte sich dafür, wenn er jemanden beleidigt habe. Dass er als Verwaltungschef allerdings überfordert sein könnte, wie von Pols ins Spiel gebracht, wies Mädge scharf zurück. "Ich bin nicht überfordert." Gleichzeitig gab er zu, dass die Verwaltung insgesamt sehr belastet ist mit der Vorbereitung der Mega-Veranstaltung Ende Juni. Zudem seien im vergangenen Jahr 40 Prozent mehr Bauanträge als zuvor in der Verwaltung eingegangen. Und führende Mitarbeiter seien jeweils über längere Zeiträume krank gewesen oder zur Kur. "Wir arbeiten sogar sonnabends und sonntags", sagte Mädge. Anfragen aus der Politik könnten derzeit nicht so zügig wie gewohnt beantwortet werden. "Die Verwaltung ist bereit, ihre Leistung zu erbringen", so Mädge, "aber im Rahmen des Möglichen. Meine Mitarbeiter haben eine Grenze, und ich habe eine Fürsorgepflicht."

Das wiederum, so konterte Pols' Fraktionskollege Gerhard Scharf, sei "nur ein Teil der Wahrheit". Die meisten Fragen wären seiner Einschätzung nach innerhalb weniger Minuten zu beantworten gewesen. Was den ehemaligen Gruppenpartner Mädge zu der Erwiderung hinriss: Seit Scharf nicht mehr Bürgermeister sei, hätten sich seine Aussagen erheblich verändert. Mädge: "Alles ist dargelegt worden, und trotzdem stellen Sie die Anfrage."

Andere Städte würden externe Eventbüros für die Planung derartiger Veranstaltungen beauftragen, und der Kostenrahmen sei eng. "Sie müssen wissen, wie Sie mit dieser Verwaltung umgehen wollen", sagte der Oberbürgermeister in Richtung des ehemaligen Gruppenpartners. "Sie sind nicht Opposition, sondern Teil der Stadt."

Die Wogen glätten wollte schließlich Heiko Dörbaum (SPD), einstiger Gruppensprecher von SPD-CDU und jetziger Gruppensprecher von SPD-Grünen: Sein Appell an die Kollegen lautete, den Rat als Selbstverwaltungsorgan zu sehen, "es gibt keine Opposition und keine Regierung". Dörbaum: "Lassen Sie uns zurückkehren zur Sachlichkeit, zu dem, was uns ausmacht: gute, qualifizierte Arbeit." Das habe in den vergangenen fünf Jahren in der alten Gruppe und mit der einstigen Fraktionschefin der CDU - Regina Baumgarten - schließlich auch funktioniert.

Die einstige stellvertretende Gruppensprecherin und neue Bürgermeisterin selbst war denn auch wesentlich weniger aggressiv im Ton als ihre männlichen Fraktionskollegen. So kritisierte sie zwar, dass der Antrag von SPD und Grünen für den Ehrenring der Stadt für den scheidenden ärztlichen Direktor des Klinikums, Prof. Anton Schafmayer, nicht, wie zuvor üblich, mit allen Fraktionen abgesprochen worden war. Trotzdem schloss sie versöhnlich in Richtung ihres Vertrauten Dörbaum: "Vielleicht können wir in der Zukunft ein Miteinander forcieren und wieder gemeinsam etwas für die Stadt tun."

Für gelöste Gesichter sorgte aber nicht Baumgartens Schlichtungsversuch, sondern - eine Stunde nach dem hitzigen Beginn der Sitzung - ein Kleinkind, das sich lauthals freute, als es seinen Vater im Saal entdeckte. Und dann ging es schließlich auch noch um Sachthemen: Einstimmig beschloss der Rat den Ehrenring für Prof. Schafmayer, gegen die Stimmen der CDU und bei Enthaltung der Linken entschied der Rat, dass Jürgen Enkelmann seine halbe Stelle bei der Süderelbe AG aufgeben und künftig zu 100 Prozent für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Lüneburg arbeiten soll. Gegen die Stimmen von CDU und Piraten wurde entschieden, dass Lüneburg dem Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt" beitritt.

Und gegen die Stimmen von CDU und FDP wird ein sogenannter Zukunftsrat eingerichtet, der die Zusammenarbeit von Stadt und Universität verstärken soll. Studenten und Lehrende sollen sich nach der Idee des Initiators Sebastian Heilmann (Grüne) mit den Problemen der Region auseinandersetzen. Fachexperten beider Seiten sollen zusammengebracht werden.