Grüne und Christdemokraten laufen sich warm für ihre neuen Rollen im Rat der Stadt Lüneburg. Ehemaliger Partner greift die SPD an.

Lüneburg. Die neuen Fronten sind endgültig geklärt: CDU und Grüne sind in den Rollen von Opposition und Regierung angekommen. Und wer seit November vergangenen Jahres die Seiten gewechselt hat, der tat das jetzt auch mit markigen Worten kund - beim Schlagabtausch über den Haushalt für das laufende Jahr im Konkreten und die neuen Meinungen einzelner Ratsmitglieder im Allgemeinen.

Dabei kann sich das Zahlenwerk im Großen und Ganzen gar nicht wesentlich von den vorherigen unterscheiden: Mehr als 90 Prozent der Summen sind feststehende, verpflichtende Ausgaben und Einnahmen, und die wesentlichen Investitionsprojekte wie Museum, Bahnhof und Bildungszentrum Saline stehen bereits seit der abgelaufenen Legislaturperiode (SPD-CDU) fest.

Dennoch, Unterschiede gibt es, und die machten es möglich, dass in diesem Jahr - anders als in den Vorjahren - die Grünen mit der SPD für die Planung stimmten und die CDU anstatt dafür dagegen.

Heiko Dörbaum, Fraktionsvorsitzender der SPD, befand denn auch, die SPD hätte mit den Grünen "sehr schnell viele Gemeinsamkeiten ausarbeiten können". Man habe bei der Beratung kooperativ zusammengearbeitet, sagte Dörbaum über den einstigen politischen Gegner: "Der erste Ansatz für eine fünfjährige gemeinsame Arbeit wurde richtig gestellt."

Andreas Meihsies (Grüne) konnte an dem Zahlenwerk logischerweise nichts kritisieren: Nach 14 Jahren halte er zum ersten Mal "keine Hackebeilrede", sondern habe "die Samthandschuhe" angezogen, denn, wie hatte es schon Franz Müntefering gesagt: "Opposition ist schön, regieren ist besser."

Der Erwartung der Öffentlichkeit, es müssten mit der neu gebildeten Gruppe zügig neue Akzente gesetzt werden, trat der neue Bürgermeister entgegen: "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." Man sei im Hintergrund aktiv und bereite Projekte und Themen vor, die demnächst öffentlich vorgestellt würden.

In Richtung neuer Opposition sparte Meihsies nicht an kritisch-ironischem (Eigen-) Kommentar: Die CDU wolle zusätzliches Geld ausgeben und präsentiere dafür keinen Deckungsvorschlag. "Gut" sei das, denn es zeige, dass die Christdemokraten von den Grünen gelernt hätten. "Wir haben das damals auch nicht gemacht", sagte Meihsies lachend - und der Saal lachte mit.

Eckhard Pols (CDU) zog daraufhin "die Samthandschuhe aus" und griff die neue Gruppe für ihre ersten politischen Entscheidungen und ihr "blumiges Schwadronieren" an: "Sie erkennen zwar die Notwendigkeit sparsamer Haushaltsführung, setzen sie aber nicht um. Das Einzige, was Ihnen einfällt, sind Steuererhöhungen." Die SPD mache sich unglaubwürdig, polterte Pols: Vor einem Jahr habe sie sowohl Bettensteuer als auch Kurpark-Radweg noch abgelehnt - beides Ziele im neuen Gruppenprogramm.

Fraktionskollege Gerhard Scharf erinnerte sich zudem an Zeiten, nicht allzu lange her, dass Oberbürgermeister, SPD und CDU Steuererhöhungen "einheitlich" abgelehnt hätten. Eugen Srugis (SPD) wiederum konterte, die Erhöhungen seien gemeinsam mit der CDU beschlossen worden, nur für einen späteren Zeitpunkt, und Ulrich Blanck (Grüne) meinte, die Ausführungen der CDU seien "von keiner Sach- und Fachkenntnis getrübt". Wer sich als Christdemokrat nicht erinnere, dass er einer Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer nicht zugestimmt habe, "weiß entweder nicht, was er tut oder sagt die Unwahrheit". Regina Baumgarten (CDU) dazu: "Das ist falsch. Ich habe das Konsolidierungspaket beschlossen, aber ausdrücklich gesagt, dass eine Erhöhung der Steuer damit nicht gemeint ist."

Michèl Pauly, neuer Fraktionschef bei den Linken, sah derweil positive Trends in der neuen rot-grünen anstatt rot-schwarzen Gruppe: "Es bewegt sich etwas im Haushalt, und gar nicht einmal in die falsche Richtung." Anders als CDU, FDP und Rentner stimmten die Linken letztlich sogar zur allgemeinen Überraschung der Anwesenden am Ende dafür.

Erinnert hat Pauly noch einmal daran, dass die Linke bereits vor Jahren die Gewerbe- und Vergnügungssteuer erhöhen wollte - das habe die SPD eine Frechheit genannt, und jetzt ist die Entscheidung bekanntlich getroffen. Grund-, Gewerbe- und Vergnügungssteuer steigen. Trotz einiger Kritik an Universitätsvertrag, E.on-Aktien und Zeitpunkt des Museumsneubaus wertete Pauly die Pläne zusammenfassend selbstbewusst: "Unsere Vorschläge aus den letzten Jahren sind umgesetzte Ideen in diesem."