Ungewöhnliche Weiterbildung: Leitende Helfer aus Amelinghausen wollen professioneller werden. Ihr Führungsstil soll sich an vier Typen orientieren

Amelinghausen. Nein, noch gehen den Feuerwehren im Landkreis Lüneburg die Helfer für den freiwilligen Dienst nicht aus. Allerdings lässt sich feststellen: Das Engagement nimmt bei allen Ehrenämtern stark ab. Auch bei den Feuerwehren. Damit in Zukunft nicht ausschließlich alte Männer an den Schläuchen stehen, hat sich Gemeindebrandmeister Heinrich Rörup etwas einfallen lassen.

"Wir lassen uns coachen, weil wir professioneller werden wollen. Der Führungsstil von vor 25 Jahren ist heutzutage nicht mehr angesagt", sagt er. 27 der rund 40 Führungskräfte aus den Ortswehren der Samtgemeinde Amelinghausen nehmen freiwillig an der ungewöhnlichen Weiterbildung teil.

Die Idee hatten Heinrich Rörup und sein Stellvertreter Uwe Meyer; schon im Sommer hatten sie Dirk Abels kontaktiert. Der in Amelinghausen lebende Unternehmensberater und Trainer wäre selbst gern Mitglied der Feuerwehr geworden, doch sein beruflich bedingtes Nomadentum machte ihm einen Strich durch seine Pläne. Als Fan der Feuerwehr sagte er ein unentgeltliches Training vor Ort zu.

Von zwei angesetzten Wochenenden haben die Feuerwehrleute eines bereits hinter sich - "ein Erfolg" laut Abels, der hauptberuflich kleine und mittlere Unternehmen coacht. Bei einer freiwilligen Feuerwehr herrsche eine völlig andere Kultur. Doch überall, wo Menschen geführt werden, gebe es Schwierigkeiten und Erfolge, sagt der Coach. "Und Veränderungen, ob bei der Feuerwehr oder im Unternehmen, lassen nur umsetzen, wenn die oberste Führung es will - egal, ob die Idee aus dem Team oder von oben kommt."

"Unser System bei der Feuerwehr beruht immer noch auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Doch wer ist heute noch gehorsam?", fragt sich Rörup. "Also ist es wichtig, ein verändertes Führungsverhalten anzuwenden." Obwohl die Teilnehmer vorab nicht wussten, was auf sie zukommen würde, ließen sie sich auf das Training ein, um die Personalführung in der Feuerwehr zu verbessern.

Hierbei gehe es um den Zusammenhalt der Kameraden untereinander, Ideen für Neuerungen und die Erkenntnis, Teil der Gemeinschaft zu sein und auch Leistungen anderer anzuerkennen, sagt der 58 Jahre alte Gemeindebrandmeister, der diese Position seit 25 Jahren inne hat.

"Als nächstes werden alle Kameraden mit Hilfe der Persönlichkeitsmodule eingeordnet. Zudem erstellen wir Teamprofile, um den Menschen gerechter zu werden", sagt Abels. Seit 1995 berät er Unternehmenslenker als Personal Coach bei der Planung und Durchführung von Veränderungen. Sein Motto lautet: "Wir können uns das Wetter nicht aussuchen, aber den Kurs bestimmen und die Segel richtig setzen."

Mit Coach Abels hat die Führungsmannschaft der Feuerwehr ein personalbezogenes Verhaltenssystem, das sogenannte DISG-Persönlichkeitsprofil, geübt. Es skizziert grob vier Verhaltenstypen: Dominant, Innovativ, Stetig und Gewissenhaft. Im Grunde gehe es um die Gesprächsführung, sagt Abels. Stoßen zwei grundverschiedene Typen aufeinander, kann es zu heftigen Irritationen kommen. Hinterlasse doch der D-Typ (Dominant) auf sein Gegenüber vom S-Typ (Stetig) einen anstrengenden, stressigen, autoritären und manchmal sogar arroganten Eindruck.

Typisch für dominante Persönlichkeiten sei eine schnelle Gangart; Zeitverschwendung sei ihnen ein Gräuel. Schnell wollten sie zur Sache kommen. Auf diesen Typ wirke ein S-Typ unterwürfig, obwohl er sich loyal verhalte. Er gelte als menschenorientierter Teamplayer. Wisse nun eine Feuerwehrmann von seinem brennenden Temperament, so sollten bei ihm die Alarmlampen leuchten, wenn ein Gespräch mit einem Kameraden des S-Typs ansteht.

"Dann gilt es, ein Gespräch persönlich und weniger geschäftlich zu führen. Es ist auf eine warme Gesprächsatmosphäre zu achten und dem Gegenüber mit Achtung zu begegnen, anstatt ihn ständig zu verbessern", rät Trainer Dirk Abels, der zuvor noch nie eine Feuerwehr und schon gar nicht eine freiwillige trainiert hatte.

Was sollen die Führungskräfte nach dem Training besser können als davor? "Für einen erfolgreichen Umgang mit den Kameraden sind Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, Wahrnehmungsgenauigkeit, Anpassungsfähigkeit und Flexibilität notwendig", sagt Abels.

Rörup und seine Kameraden sind hoffnungsvoll, dass sie das richtige Segel im Sinne ihres Trainers gesetzt haben. Eines seiner Ziele ist, die neun Wehren mit ihren 370 aktiven Mitgliedern sowie die sieben Jugendwehren in der Gemeinde mit 125 Mitgliedern für weitere Freiwillige zu öffnen.

"Normalerweise kocht jede Wehr ihr eigenes Süppchen. Doch um junge Leute bei der Feuerwehr zu halten, ist es wichtig, ihnen alle Wehren offenzuhalten, damit sie jederzeit dort auflaufen können. Unsere Ortswehren sollen mehr im Blick haben als den Kirchturm im Dorf", sagt Heinrich Rörup. Die Erkenntnisse aus dem Training könnten dies möglich machen. Für eine mögliche Fortsetzung des Training hat Unternehmensberater Abels bereits einen Vorschlag parat: "Wie können wir neue Leute für die Feuerwehr gewinnen?"