13 706 Besucher machten 2011 eine Stadtführung in Lüneburg, so viele wie noch nie zuvor. Marketing setzt weiter auf Konsum statt Kultur.

Lüneburg. Die Stadt Lüneburg boomt bei Besuchern. So viele Menschen wie nie zuvor haben im vergangenen Jahr an Führungen teilgenommen, insgesamt mehr als 5000 Mal waren die Gästeführer im Einsatz - Rekord. Um dem Ansturm gerecht zu werden, baut die Lüneburg Marketing GmbH derzeit ihre Tourist-Information um.

Nach dem ersten halben Jahr in Lüneburg dürfte der neue Geschäftsführer Stefan Pruschwitz seine Entscheidung für die Hansestadt nicht bereut haben.

"Das Jahr 2011 ist eine Erfolgsstory", sagte Pruschwitz gestern bei einer Pressekonferenz. "Wir brennen. Wir brennen so sehr, dass wir tageweise ,Land unter' melden müssen und bei der Beantwortung von Anrufen und E-Mails nicht mehr hinterherkommen." Das sei zwar ein "Luxusproblem", aber ärgerlich, denn jede nicht beantwortete Anfrage bedeute einen verlorenen Gast. Pruschwitz will daher kurzfristig einen neuen Vertriebsmitarbeiter einstellen.

Mehr als 5000 Einsätze stehen in der Bilanz der Stadtführer, 13 706 Menschen haben sich den täglichen Führungen angeschlossen - ein Anstieg um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Das hat uns vollkommen überrascht", sagte Pruschwitz. Besonders der September sei "fantastisch" gewesen.

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Die Übernachtungszahlen liegen für das vergangene Jahr noch nicht komplett vor, für das erste Halbjahr jedoch gilt ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zu 2010. Oft war die Stadt schlicht und einfach ausgebucht, kein Zimmer mehr zu bekommen in der kleinen Hansestadt. Auch die Pauschalangebote kommen gut bei den Besuchern an: plus 50 Prozent.

Magnet für all die vielen Besucher ist mehr und mehr die Fernsehserie "Rote Rosen", die der Lüneburg Marketing in die Kasse spielt. "Sie entlastet unser Werbebudget dramatisch", sagte Pruschwitz.

Hohe Investitionen stehen derweil für die Advents-Aktion "Giebel im Licht" - nach Angaben von Pruschwitz ein bundesweit einzigartiges Beleuchtungskonzept - in diesem und im kommenden Jahr an: es soll von Glühbirnen auf LED- oder andere Leuchtmittel umgestellt werden. "Wir werden die Hausbesitzer ansprechen und dafür werben", kündigte der Geschäftsführer an. Wie berichtet, lässt die Lüneburg Marketing eine Datenbank über die 500 bis 600 Häuser in der Innenstadt erstellen. Denn einen Rechtsanspruch auf Herausgabe der Eigentümer-Angaben hat die Gesellschaft laut Pruschwitz nicht. Daher müsse sie viele Klinken putzen. "Wir werden an jeder Haustür klingeln."

Im Bereich Veranstaltungen ist der Geschäftsführer froh, ein Jahr Stadtfest-Pause zu haben. "2013 wird es wieder ein Stadtfest geben, und es wird sich von dem 2011 unterscheiden, so viel steht fest. Wir wissen, dass wir nachjustieren müssen, und wir sind froh, dass wir die Zeit dafür haben."

Auch an der "Nacht der Romantik" werde gearbeitet, vergangenes Jahr hatte sie aufgrund des Herbstwetters am Veranstaltungstag für rote Zahlen gesorgt. Noch mehr Beleuchtung soll die Besucher länger im Park halten.

Neben der echten Baustelle Tourist-Information, die Ende April abgearbeitet sein soll, gibt es in diesem und im kommenden Jahr sinnbildliche Baustellen: die Überarbeitung des Fußgängerleitsystems sowie ein Lichtkonzept für die Innenstadt. Außer einer Spargel- und einer Grünkohlwoche will die Lüneburg Marketing in diesem Jahr erstmals einen Antik- und Trödelmarkt veranstalten, zu dem am Sonnabend, 28. April, Händler aus ganz Deutschland ins Wasserviertel kommen werden.

+++ "Heller, freundlicher und leistungsfähiger" +++

Auch von den Weihnachtsbuden sollen laut Pruschwitz im kommenden Advent noch mehr in der Stadt stehen. "Der Stintmarkt als ein weiterer Ort der Weihnachtsstadt ist das Ziel." Dass es im vergangenen Jahr kontroverse Diskussionen über den Weihnachtsmarkt gegeben habe, wertet er eher als befruchtend denn als negativ.

Das bisher stärkste Tourismus-Jahr Lüneburgs war derweil verbunden mit den bisher stärksten personellen Veränderungen in der Gesellschaft. Aufsichtsratsvorsitzender Dirk Michael Harbor war im Frühjahr daher mit der Maßgabe angetreten, "Ruhe in die Arbeit der Marketing GmbH zu bringen und sie nach vorn auszurichten", wie er sagte. Gelungen sei das mit einem engagierten Team, das "mit Herz und Eifer bei der Sache" sei.

Nachholbedarf, gab Pruschwitz auf Nachfrage des Abendblatts zu, bestehe bei der Bewerbung der Stadt Lüneburg - derzeit ausschließlich als "Einkaufsstadt" angepriesen - im Bereich Kulturmarketing. "Das kostet erst einmal Geld und wäre für uns ein Risiko. Dafür bräuchten wir mehr freie Budgets." Denn nur bei einem Drittel der 1,5 Millionen Euro Umsatz handele es sich um feststehende Zahlen.